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Samtpfoten im Schnee

Samtpfoten im Schnee

Titel: Samtpfoten im Schnee
Autoren: Cathleen Clare
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ganz andere war es jedoch zuzugeben, dass es ihr weitaus ähnlicher sah, einen Ballsaal zu betreten und dabei über die eigenen Füße zu stolpern.
    »Unsinn. Ich hätte einen kompletten Narren aus mir gemacht, und die Herzöge und Grafen wären vor Schreck davongelaufen. Und außerdem ... sollte ich jemals heiraten, dann nur aus Liebe.«
    Wie ein Jagdhund, der eine Fährte witterte, weigerte Arlene sich, von ihrem Thema abgelenkt zu werden. »Vielleicht wird Mr. Dalford sich in dich verlieben, und all unsere Probleme wären gelöst.«
    Grace schüttelte resigniert den Kopf. »Mutter!«
    »Na schön.« Arlene zuckte mit den Schultern. Sie hatte sich so weit vorgewagt, wie sie sich getraut hatte. »Ich werde dazu nichts mehr sagen.«
    »Das bezweifele ich sehr«, erwiderte Grace trocken und erhob sich, um ihre Mutter in den Arm zu nehmen. »Komm, es ist Zeit, nach unten zu gehen.«
    Als Günstling sowohl des Zaren als auch des Prinzregenten hatte Alexander die verschwenderischsten Kurzweiligkeiten genossen, die die Gesellschaft bieten konnte. Er hatte an extravaganten Maskenbällen teilgenommen, an Schatzsuchen, die ihn von London nach Paris und von dort nach Wien geführt hatten, es hatte Mondscheindinners auf der Themse und intime Abende mit den schönsten Kurtisanen der Welt gegeben. Aber bei all seinen weit reichenden Erfah-rungen konnte er sich nicht erinnern, einen Tag mehr genossen zu haben als den heutigen.
    Mit einem Gefühl der Zufriedenheit schaute sich Alexander im großen Salon um. Den Tag über war dieser Raum von unzähligen Kindern bevölkert gewesen, die begeistert mitge-holfen hatten, den aufgestellten Baum mit Früchten und den verschiedensten Spielzeugfiguren zu schmücken, die mit Bändern daran befestigt worden waren. Voller Begeisterung hatten sie die Berge kleiner Kuchen vertilgt und die kleinen, mit Münzen gefüllten Beutel genommen, die zu ver-teilen er geholfen hatte. Grace hatte am Klavier gesessen und festliche Musik gespielt. Ihr Gesicht schien ihm verwirrend schön, wenn sie voll offensichtlicher Freude gelächelt hatte.
    Die fröhliche Atmosphäre übertrug sich auch auf das Abendessen, zu dem sie sich die Kutja geteilt und auf die Zukunft getrunken hatten.
    Alles in allem hatte sich dieser Tag als ein sehr erfolgreicher erwiesen.
    Mit entschlossenen Schritten ging Alexander jetzt zu Grace hinüber, die am Klavier stand und ihre Noten ordnete. Beim Anblick ihres kleinen Gesichts, das von der Aufregung des Tages noch gerötet war, erfüllte ein seltsames Beben sein Herz. Er blieb neben ihr stehen und wartete, bis sie sich umwandte und ihn ansah.
    »Hat Euch der Tag gefallen?«, fragte er leise.
    »Sehr.« Sie schenkte ihm ein herzliches Lächeln. »Es war sehr festlich. Die Kinder werden Eure Großzügigkeit nicht so bald vergessen.«
    Er fuhr mit der schmalen Hand durch die Luft und winkte ab. »Es war nicht der Rede wert.«
    »Doch, das war es. Allein über Euren Baum wird man noch das ganze Jahr über im Dorf reden.«
    Alexander schaute zu der Tanne hinüber, deren Grün unter der üppigen Dekoration kaum noch zu erkennen war.
    »Vielleicht kein Ausbund an Schönheit, aber es hat großen Spaß gemacht.«

    »Ihr seid sehr verschieden von Eurem Cousin.«
    Er wandte sich um und sah Grace fragend an. »Wie meint Ihr das?«
    Sie schwieg, als müsste sie ihre Antwort sorgsam beden-ken. »Edward war sehr melancholisch, und er war sich seines Ansehens in der Nachbarschaft sehr bewusst. Er hätte sein Heim niemals so geöffnet, wie Ihr es tut. Und ganz gewiss nicht seinen Pächtern.«
    Alexander hatte seinen Cousin immerhin gut genug gekannt, um zu wissen, dass Grace nicht übertrieb. Edward war kein gefühlloser Mensch gewesen, eher humorlos, und ihm hatte alles missfallen, was in seinen Augen frivoler Zeitvertreib gewesen war. Die laute und recht chaotische heutige Gesellschaft hätte er zutiefst verabscheut.
    »Ohne Euch wäre es kein Erfolg gewesen.«
    Ihre langen Wimpern flatterten vor Verlegenheit. »Ich liebe Kinder.«
    Alexander fühlte unvermutet einen Stich in seinem Herzen. Grace war eine Frau, die ein Dutzend Kinder haben sollte. Sie würde gütig und liebevoll zu ihnen sein und viel Sinn für Spaß haben. So wie seine eigene Mutter, die es ab-gelehnt hatte, ihn von Kindermädchen erziehen zu lassen, und stattdessen darauf bestanden hatte, ihn immer bei sich zu haben.
    Eine süße Wärme erfasste seinen Körper, als er dieses Bild von Grace mit einem Kind in ihren Armen vor sich
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