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Salzige Küsse

Salzige Küsse

Titel: Salzige Küsse
Autoren: Tine Bergen
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so gut organisiert war. Großzügig sprühte sie das Mittel auf den Daumen, in dem der Glassplitter gesteckt hatte. Danach suchte sie hastig ihre Klamotten zusammen.
    Als sie gerade aus dem Bad wollte, rutschte sie beinahe auf dem glatten Fußboden aus. Wütend stampfte sie gegen die alten blaugrünen Fliesen.
    Einen Moment später stand sie im Flur und hielt die Klinke der Badezimmertür in der Hand: abgebrochen.
    Schließlich bahnte sich Eve ihren Weg zwischen den Kartonstapeln im Flur hindurch bis in die Küche. Dort nahm sie Papa einen Pizzakarton ab und drückte ihm dafür die Türklinke in die Hand.
    »Woher ist die denn?«, fragte ihr Vater stirnrunzelnd.
    »Aus dem Badezimmer«, antwortete Eve mit vollem Mund. »Ich hab nichts falsch gemacht!«, verteidigte sie sich, als Papa sie immer noch ansah. »Sie ist einfach abgebrochen, was kann ich denn dafür?«
    »Eve, weißt du eigentlich, wie du da morgen hinkommst?«, unterbrach Mama das Gespräch.
    »Was meinst du?«
    »Morgen fängt dein Theaterkurs an, weißt du das nicht mehr?«
    Eve hatte es nicht vergessen, sie hatte nur ganz fest versucht nicht mehr daran zu denken. »Ich hab doch gesagt, dass ich da nicht hin will.«
    »Der Kurs soll sehr gut sein und es ist eine prima Gelegenheit für dich, hier ein paar Leute kennenzulernen, bevor die Schule anfängt. Außerdem ist er nur montags und donnerstags, den Rest der Woche hast du frei und kannst tun und lassen, was du willst.«
    »Im Keller schuften, meinst du wohl.«
    »Die Lehrerin ist eine großartige Schauspielerin, ich habe sie schon in einigen Stücken gesehen. Sie gibt den Kurs seit Jahren und er ist immer wieder ein voller Erfolg. Los, Eve, das macht dir bestimmt Spaß!«
    »Genauso viel Spaß wie umziehen, wahrscheinlich.« Eve schob die Pizza zurück in den Karton.
    »Theater ist nur was für Leute, die sich selbst besonders interessant finden«, mischte sich Max in das Gespräch.
    »Ach ja? Warum gehst DU dann nicht da hin?«, fuhr Eve ihn gereizt an.
    »Immer mit der Ruhe. Max besucht zusammen mit Frederik zweimal die Woche einen Naturkurs. Der fängt übermorgen an«, beschwichtigte Mama die beiden.
    »Natur haben wir hier ja reichlich.« Eve ließ ihre Pizza wütend im Karton hin und her rutschen.
    »Kennst du den Weg, Eve?«, wiederholte Mama ihre Frage.
    »Ich habe doch eben gesagt, dass ich nicht gehe.«
    »Der Kurs ist nicht gerade billig. Du bist angemeldet. Er fängt morgen um neun Uhr an und dann wirst du dort auf der Matte stehen, ob du nun Lust hast oder nicht.«
    Mama biss große Happen von ihrem letzten Stück Pizza ab.
    Eve starrte auf ihre Pizza mit Sardellen. »Möchte noch jemand?« Sie schob den Karton quer über den Tisch ihren Brüdern zu und verschwand nach oben.

»Mama, das ist nicht schön

    Ich starrte auf den strengen Scheitel, den meine Mutter gerade in mein Haar gezogen hatte. Die Zähne des Kamms hielten meine großen roten Locken ganz straff zurück. Mama zog so fest, dass es fast wehtat. Trotzdem sprangen mir die Locken zwei Sekunden später wieder ins Gesicht
.
    Seufzend gab sie auf. »Das muss reichen.«
    Während Mama in den Flur ging, schüttelte ich heimlich den Kopf, sodass meine Locken wieder genauso fröhlich tanzten wie sonst. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel. Heute war es endlich so weit!
    Ich hatte mein allerschönstes Kleid herausgesucht, das grüne mit den zartrosa Blüten, die auf dem Untergrund umherzuschweben schienen
.
    Als wir uns schließlich auf den Weg machten, hüpfte ich beinahe, aber ich tat es nicht wirklich. Denn dafür war ich mit meinen vierzehn Jahren zu groß, fand Papa. Doch das war mir egal. Heute war alles egal. Ich war so neugierig darauf, wie es sein würde, ein Foto machen zu lassen
.
    Wie oft schon hatte ich die Porträts von Mama und Papa betrachtet! Sie sahen so echt aus, als könnte man sie anfassen. Aber mein neugieriger Finger stieß jedes Mal wieder gegen das harte, kalte Glas. Ich tates heimlich, weil Mama nicht wollte, dass ich mit den Porträts spielte, dafür waren die Fotos viel zu teuer gewesen. Dennoch konnte ich es nicht lassen, sie immer wieder zu bewundern
.
    Als Papa mich fragte, was ich zu meinem vierzehnten Geburtstag am allerliebsten hätte, brauchte ich keine Sekunde nachzudenken. Ein Foto von mir selbst. Papa hatte gedacht, ich würde mir eine Spieluhr wünschen oder Parfüm oder schöne Kleider, weil sich das für Mädchen doch so gehörte. Und nach der Schaukel, dem Baumhaus und dem Hund
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