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Sagen aus Oberösterreich

Sagen aus Oberösterreich

Titel: Sagen aus Oberösterreich
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Versteck stehen und beobachtete das bunte Gewimmel, das sich vor seinen Augen entfaltete. Eine Weile hatte er unbemerkt hinter seinem Busch gelauscht, als plötzlich ein kleines Männchen im Spiel mit einem zweiten auf das Gebüsch zugelaufen kam. Mit einem lauten Schrei prallte es erschrocken vor dem großen Menschen zurück, der da mit einemmal vor ihm stand. Sogleich kamen die anderen Zwerge herbei und führten den Bauern zu ihrem König, der den fremden Eindringling auszufragen begann. Der Bauer klagte dem Zwergenkönig in bewegenden Worten seine Not, und dieser schien von den offenen Worten des biederen Mannes gerührt. Er ließ alle Zwerge vor seinen Wagen treten und befahl ihnen, zu einem nahe gelegenen niederen Hügel voranzugehen und das unsichtbare Tor aufzuschließen; er selbst fuhr mit seinem glänzenden Gespann hinterdrein und lud den Bauern ein mitzukommen. Ein langen, zur schwach beleuchteter Gang führte ins Innere des Hügels zu einem zweiten eisernen Tor, dessen Flügel weit offen standen.
    Vor den Blicken des erstaunten Bauern lag in strahlendem Lichterglanz ein geräumiger Saal, in dem die Wände entlang großen Haufen von Gold, Silber und Edelsteinen, aufs schönste geordnet wie die Haufen von Körnerfrucht auf dem Schüttboden eines reichen Bauern, aneinander gereiht lagen. Während er fassungslos noch diesen unermeßlichen Reichtum betrachtete, trat einer der Zwerge an ihn heran und forderte ihn mit freundlichen Worten auf, in den Nebenraum zu kommen, denn das Essen stehe bereit. Der Bauer folgte seinem liebenswürdigen Wirt in das anstoßende Gemach, wo der König mit seinen Mannen an einer festlich gerichteten Tafel saß. Da wurden nun Speisen und Getränke aufgetragen, daß die Tische sich bogen, und ein leckeres Gericht folgte dem anderen. So gute Sachen hatte der Bauer noch nie gesehen, geschweige denn gegessen; und immer, wenn er meinte, genug zu haben und nicht mehr weiter essen zu können, ermunterten ihn die freundlichen Zwerge zuzugreifen, und der Bauer aß und aß, wie er sein Lebtag noch niemals getan hatte.
    Zwei Tage dauerte die festliche Schmauserei, die mit fröhlichen Geplauder und Gelächter gewürzt war. Am dritten Tag ließ der König seinen Gast rufen und fragte ihn, wie es ihm hier gefalle, und ob er nicht auf immer dableiben wolle. Da fielen dem Bauern mit Bangen Weib und Kinder ein, die von seinem Verbleiben nichts wußten, und alle Not, die ihn und seine Familie auf Erden erwartete, kam ihm wieder zu Bewußtsein. »Herr«, sagte er mit bebender Stimme, »in Eurem Reich ist es wunderschön, hier gibt es keine Not und keine Sorgen, und ich würde wohl gern für immer da bleiben; aber droben auf der Erde leben meine Frau und meine Kinder in Not und Entbehrung; sie wissen nicht, wo ich hingekommen bin, und warten gewiß mit Bangen auf meine Heimkehr. Ich bitte Euch, laßt mich wieder zu den Meinen nach Hause gehen!«
    Da nickte der Zwergenkönig huldvoll und sagte: »Morgen sollst du wieder zu deiner Familie heimkehren. Aber vorher darfst du dir zum Andenken aus meinen Schätzen auswählen, was du willst.«
    Die Zwerge brachten ihm nun einen großen Sack und legten im Gold und Silber und verschiedene Kleinodien in Menge zur Auswahl vor. Der Bauer aber packte in den Sack, soviel er glaubte schleppen zu können, vor allem Gold; denn das, dachte er, sei wohl am wertvollsten von allem.
    Am anderen Morgen nahm er Abschied vom Zwergenkönig, der ihm gnädig die Hand reichte, und von den freundlichen Zwergen und schritt, mit dem schweren Sack bepackt und von einigen Gnomen geleitet, durch den langen Gang zum Ausgang der Höhle. Bald sah er sich wieder auf der grünen Waldwiese, wo der die Zwerge vorgefunden hatte, und machte sich auf den Heimweg zu seiner Familie, die wegen seinen langen Ausbleibens schon die ärgsten Befürchtungen gehegt hatte; denn er war nicht zwei Tage, wie er gemeint hatte, sondern volle acht Tage fortbewegen. Nun aber hatte alle Not ein Ende, und dankbar gedachte der Bauer in seinem Wohlstand der hilfreichen Zwerge.

Dietmar der Anhanger, ein wackerer Sohn der Stadt Ried
    Im Jahre 1189 unternahm Kaiser Friedrich Barbarossa einen Kreuzzug nach dem heiligen Land, um Jerusalem und die heiligen Stätten den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Viele Ritter und Herren schloßen sich mit ihren Mannen dem Zuge an. Im Fähnlein eines Grafen Eckart machte auch ein wackerer Müllerbursche aus Ried im Innkreis namens Dietmar die Kreuzfahrt mit. Er war beherzt und
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