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Sagen aus Oberösterreich

Sagen aus Oberösterreich

Titel: Sagen aus Oberösterreich
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Frohgemut trabte er das Donautal aufwärts. er war zwar auf einen harten Kampf mit einen starken Gegner gefaßt, aber seinem ritterlichen Wagemut konnte diese Aussicht nicht bange machen. Als er über Schutt und Geröll, durch Gestrüpp und Dickicht in das halbverfallene Gemäuer des Burghofes einritt, ergriff ihn ein seltsam wehmütiges Gefühl. Zögernd stieg er vom Pferd und entdeckte nach längerem Suchen eine mit Moos und Flechten überwachsene Tür an einer Seite der Mauer. Während er sich noch bemühte, die Pforte zu öffnen, stand plötzlich ein kleines altes Männlein mit wallendem Bart, mit grauer Kutte bekleidet, vor ihm, begrüßte ihn freundlich und sagte: »Lange habe ich auf dich gewartet, aber ich wußte, daß du einst kommen würdest. Geh nun mit mir! Ich will dir die Ruhestätte deiner Eltern zeigen und den Schatz deiner Ahnen, den ich lange Jahre hier gehütet habe.«
    Hierauf erzählte er dem staunenden Jüngling die Geschichte seiner Abstammung, zeigte ihm den Platz, wo die Leichen seiner Eltern verschüttet waren, und führte ihn bei Fackelschein zu einem reichen Schatz von Gold- und Silbermünzen, der in einem unterirdischen Gewölbe aufbewahrt lag.
    »Dieses Gold«, sagte er schließlich, »sollst Du benützen, um deinen Eltern eine würdige Ruhestätte zu errichten und die Burg deiner Ahnen in altem Glanz wiedererstehen zu lassen.«
    Als der Jüngling, wie aus einem Träume erwachend, um sich blickte, war der Alte verschwunden. Aber das Gleißen des Goldes, das im Schein der mitgeführten Fackel blinkte, bewies ihm, daß alles kein Traum war. Sinnend stieg er aus dem düsteren Gewölbe wieder in den sonnendurchglänzten Burghof hinauf, schwang sich auf sein Pferd und kehrte nach Haichenbach zurück.
    Hier erzählte er sein Erlebnis, und die Pflegeeltern bestätigten ihm, daß er ein Findling sei, den man vor Jahren aus einem Nachen am Donauufer geborgen habe. Nach einigen Tagen ging man an die Hebung des Schatzes, der nach dem Willen des Burggeistes und dem Vermächtnis seiner leiblichen Eltern verwendet wurde.
    Wenige Jahre später war Burg Rannariedl etwas oberhalb der Trümmer der alten Burg wieder aufgebaut, und der neue Schloßherr zog mit seiner Gattin, einer Tochter des Haichenbachers, der ihn so liebevoll erzogen hatte, in sein stolzes Schloß, das seitdem bis zum heutigen Tage stolz auf die Donau herabblickt, die seinen Erbauer einst vor den Feinden gerettet hatte.

Das Brot der Bergmännchen von Reichraming
    Bei Reichraming im Ennstal ragt vom Steilabfall des Gebirges ein Fels empor, in dem vor langer Zeit Bergmännchen hausten, die im Felsen nach Gold und Silber schürften. In den Klüften des Felshanges wuschen, kochten und backten sie. Sie waren den Einheimischen gut gesinnt und erwiesen ihnen manche Wohltat.
    Einmal ging ein Holzknecht in der Morgendämmerung am Felsen bei Reichraming vorüber. Er hatte sich schon vor Tagesanbruch auf den Weg gemacht, um rechtzeitig zum Holzschlag zu kommen. Wie er so gemächlichen Ganges bergan schritt, sah er aus einer Felsspalte Rauch aufsteigen und trat neugierig näher, um zu erfahren, wer da so frühzeitig schon bei der Arbeit sei. Verwundert bemerkte er mehrere kleine Männchen, die eifrig mit Brotbacken beschäftigt waren. Während einige noch emsig den Teig kneteten und die Laibe formten, trugen andere Holz herbei und schürten das Feuer im Backofen. Eine Weile schaute er ihnen zu, wie sie flink am Werk waren, dann faßte er sich ein Herz und bat sie um einen Laib Brot.
    »Gedulde dich ein wenig«, war die Antwort, »es ist noch keiner fertig.«
    Da der Mann aber wußte, daß die Arbeit im Holzschlag auf ihn warte, blieb er nicht länger stehen, sondern ging seiner Wege. Als er am Abend wieder an der Stelle vorüberkam, wo er die Zwerge gesehen hatte, trat ein Männlein aus der Felskluft, ging auf ihn zu und meinte: »Warum hast du heute früh nicht länger gewartet? Hier hast du den versprochenen Brotlaib.« Damit übergab es dem Holzknecht einen großen Laib frisch gebackenes Brotes.
    Dieser nahm das Geschenk dankbar und voller Freude entgegen, denn er wußte, daß das Brot der Bergmännchen nie zu Ende gehen könne. Und wirklich, sooft er sich auch ein Stück davon abschnitt, immer wurde das Brot wieder ganz, und es blieb auch stets von gleicher Frische.
    Einmal jedoch teilte er das Brot mit mehreren Kameraden im Holzschlag und schnitt Stück für Stück von dem Laibe herunter, bis er ganz aufgeschnitten war. Kaum war das letzte
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