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Sagen aus Niederösterreich

Sagen aus Niederösterreich

Titel: Sagen aus Niederösterreich
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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die Avaren geschlagen und nach Osten zurückgeworfen hatte, setzte er deutsche Ansiedler in die öden, verwüsteten Gebiete zwischen der Enns und dem Wienerwald und betraute seinen Schwager Gerold mit der Herrschaft über dieses Grenzland seines Reiches, um neuerlichen Einfällen des wilden Reitervolkes vorzubeugen.
    Markgraf Gerold hatte seinen Sitz in Lorch. Die Sage aber weiß es anders zu berichten. Etwa eine Gehstunde nordöstlich von Melk erhebt sich der düstere Prackersberg als einer der letzten Ausläufer eines weiten waldigen Gebietes. Auf der flachen Kuppe des Berges, von der sich ein herrlicher Blick in die Ebene, auf die ragenden Gipfel der Voralpen und das silberne Band der Donau bietet, erbaute sich der Markgraf ein prunkvolles Schloß. Dort schlug er seinen Wohnsitz auf und herrschte, umgeben von seinen drei Töchtern, mit großem Gefolge in unbeschreiblicher Pracht.
    Bei einem Aufstand der Avaren kam Gerold ums Leben, das Schloß auf dem Berg versank, seine Töchter aber waren spurlos verschwunden. An der Stelle, wo einst das Schloß stand, liegt heute ein von Wasserpest übersponnener Weiher, im Volk »der See« genannt, im unheimlichen Dunkel des Fichtenwaldes.
    Es ist nicht recht geheuer auf dem Prackersberg; die Töchter des Markgrafen, von denen eine Salome hieß, treiben sich noch immer im Wald umher und üben an einsamen Wanderern ihren Schabernack, wie es einst drei Handwerksburschen geschah, denen sie das herrliche Schloß vorspiegelten und als liebliche Prinzessinnen verführerisch die Ehe versprachen, bis die drei Gesellen im finsteren Wald nicht aus noch ein mehr wußten. Denn leicht mag sich einer, besonders zur Nachtzeit, verirren, wenn er einem lockenden Ruf oder betörenden Singsang nachgeht. Dann sieht er sich plötzlich in dicht wuchernden Ranken verstickt oder in rauhem Dornengestrüpp und findet als geschundener Mann mit Müh und Not aus dem Wald heraus, und höhnisch lacht und kichert es hinter ihm drein – das sind Markgraf Gerolds gespenstische Töchter.
    Vom Grafen hat das nahe gelegene Dorf Gerolding seinen Namen erhalten, und eine Schlucht, die sich vom Berge gegen die uralte Siedlung Mauer hinabzieht, heißt heute noch der Salomegraben .

König Richard Löwenherz in Dürnstein
    In dem Heer der Kreuzfahrer, die mit Kaiser Friedrich Barbarossa in das Morgenland zogen, um die heiligen Stätten vom Joch der Ungläubigen zu befreien, waren unter vielen anderen Fürsten und Herren auch Richard Löwenherz, der König von England, und Herzog Leopold V. der Tugendhafte von Österreich.
    Nachdem der alte Barbarossa im Fluß Saleph ertrunken war, entstand unter diesen Fürsten ein Streit um die Führung des Kreuzheeres. Bei der Belagerung der starken Feste Akkon im Jahre 1191 hatte Känig Richard in seinem unbändigen Stolz den Herzog Leopold tief beleidigt. Die Österreicher hatten nämlich ihre Fahne auf einem eroberten Wall aufgepflanzt, um diese Stelle als ihr Eigentum zu bezeichnen. König Richard aber ließ das Feldzeichen der Österreicher herunterreißen und in den Kot zerren und auf dem Wall seine eigene Fahre aufzuziehen. Das war ein Schimpf, den ihm Herzog Leopold nicht vergeben konnte; er schwor dem König ewige Rache.
    Bald darauf verließ der Herzog mit seinen Mannen das heilige Land und kehrte in die Heimat zurück. Aber auch die übrigen Kreuzfahrer blieben nicht mehr lang im Morgenland, da eine Seuche im Heer ausgebrochen war, die viele Opfer forderte. König Richard, der zur Heimreise dem Seeweg gewählt hatte, wurde durch einen Sturm an die Küste des Adriatischen Meeres verschlagen und kam auf diese Weise in das Land seines Todfeindes Leopold von Österreich. Als Pilger verkleidet, wanderte er über Berg und Tal und langte an einem stürmischen Winterabend im Dorf Erdberg vor Wien an.
    Der Hunger nötigte ihn und seine Beleiter, in einer Herberge vorzusprechen. Um nicht erkannt zu werden, gebärdete sich König Richard wie ein einfacher Pilger, stellte sich auf Verlangen des Kochs an den Herd und drehte ein fettes Huhn am Bratspieß über dem Feuer. Aber er hatte übersehen, daß ein wertvoller Ring an seinem Finger blitzte, der den Verdacht des Kochs erweckte. Zudem war zuufällig ein alter Kriegersmann in der Herberge, der auch im Heiligen Land gewesen war¸ dieser erkannte in dem unscheinbaren Pilger den König von England und teilte seine Wahrnehmung dem Koch mit.
    Noch argwöhnte Richard nichts Böses, da trat der Koch auf ihn zu und sagte: »Erlauchter
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