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Sagen aus Niederösterreich

Sagen aus Niederösterreich

Titel: Sagen aus Niederösterreich
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Herr, Ihr seid zu erhaben, um hier den Braten zu drehen. Euch ist Besseres bestimmt. Ergebt Euch, jeder Widerstand ist zwecklos!«
    Rasch gefaßt, stellte sich der Pilger, als verstünde er nicht, was der andere meine. Aber als dieser ihm vorhielt, daß Leute hier seien, die ihn als den König von England erkannt hätten, drehte sich Löwenherz um und rief stolz: »Führt mich zum Herzog! Ihm allein will ich mich ergeben.«
    Noch am gleichen Tag wurde er als Gefangener Leopolds in die Hofburg geführt. Der Herzog ließ ihn bald darauf insgeheim auf der Burg Dürnstein in der Wachau festsetzen und übergab ihn der Obhut seines getreuen Hadmar von Kuenring.
    Monatelang schmachtete der König im tiefen Burgverlies der mächtigen Feste, während man in England von seinem Verbleiben nichts wußte und vergeblich nach seinem Aufenthalt forschte. Da eine ungewisse Kunde über ein Schiffsunglück, das den König betroffen habe, das Land erreichte, begann man an seinen Tod zu glauben und huldigte seinem Bruder Johann, während sein Andenken in Vergessenheit geriet.
    Einen Mann aber gab es in England, der den Tod seines Herrn nicht wahrhaben wollte; das war des Königs getreuer Säünger Blondel. Der nahm seine Laute und machte sich auf, den Verschollenen zu suchen. Er zog den Rhein aufwährts von Stadt zu Stadt, von Burg zu Burg, wanderte donauabwärts und suchte, sang an allen Höfen, in allen Schlössern vor Rittern und Herren, forschte auch unter den Söldnern, Waffenknechten und fahrenden Leuten, ob ihm keine Kunde werde über das Schicksal seines Herrn.
    So war er bis nach Dürnstein gekommen und klomm traurig und hoffnungslos den steilen Berg hinan. Vor den ragenden Mauern der Feste stimmte er sein Lied an. Es war ein Gang, der nur seinem Herrn bekannt war. Vor seiner Fahrt in das Morgenland hatte ihm der Spielmann zuum letztenmal gesungen. Als er die erste Strophe beendet hatte und nun eine Weile still verharrte, siehe, da ertöte dumpf und leise aus der Tiefe der Burg Antwort. Gespannt lauschte der treue Mann, es war keine Täuschung: die Stimme seines Herrn sang die zweite Strophe des Liedes.
    Nun wußte der Sänger, daß der König noch lebte, und wo er gefangen war. In fliegender Hast jagte er in die Heimat zurück, tat das Schicksal des Königs kund und ruhte nicht eher, bis seine Freilassung gegen hohes Lösegeld erwirkt war.
    Im Frühjahr 1193 wurde Richard Löwenherz dem Kaiser ausgeliefert, der ihn nach kurzer Zeit in seine Heimat entließ.

Schreckenwalds Rosengärtlein auf Aggstein
    Nachdem ruhmlosen Ende der Kuenringer und der Zerstörung Aggsteins durch Friedrich den Streitbaren blieb diese Feste fast zweihundert Jahre Ruine. Im Jahre 1429 gab Herzog Albrecht V. »das öde Haus«, wie Aggstein genannt wurde, »das einst von Untat wegen zerbrochen worden ist und also öde liegt« an seinen vertrauten Rat und Kammerherrn Georg Scheck vom Wald zu Lehen und ermächtigte ihn zum Wiederaufbau der Burg. In harter Frone schichteten die armen Untertanen des Ritters sieben Jahre lang Stein auf Stein, bis der Bau vollendet war und der Ewigkeit zu trotzen schien.
    Der Ritter hatte sich auf dunkle Art in die Gunst des Herzogs zu setzen gewußt und war im Innern ein habgieriger, hochmütiger und grausamer Mann. Kaum hatte er die neue Burg bezogen, da zeigte er sich in seiner wahren Gestalt und hauste nicht minder schrecklich in der Wachau wie einst die »Hunde von Kuenring«. Er unterdrückte seine Untertanen und preßte das Volk aus, wo er nur konnte. Sein Mautrecht auf der Donau nütze er so schrankenlos aus, daß er die meisten vorüberfahrenden Schiffe gänzlich ausplünderte. Bald wurde er im ganzen Donautal nur mehr der »Schreckenwalder« genannt.
    Seine Gefangenen hatten die furchtbarsten Qualen zu erdulden. An Stricken wurden sie über die schroffen Felsen hinausgehängt, um ein möglichst hohes Lösegeld von ihnen zu erpressen, oder man stieß sie durch eine kleine Pforte auf eine schmale Steinplatte hinaus, unter der die Felsen steil in die Tiefe abfielen. Hier hatte der Gefangene nur die Wahl, entweder elend zu verhungern oder durch einen Sprung in den schauerlichen Abgrund seinen Leiden ein schnelles Ende zu machen. Diesen kleinen Feldvorsprung nannte der grausame Ritter in rohem Scherz sein »Rosengärtlein«, und es war weit und breit berüchtigt und gefürchtet.
    Viele Jahre hatte der Schreckenwalder sein schändliches Handwerk betrieben und durch Raub und Erpressung so viel Reichtümer angesammelt, daß
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