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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind
Autoren: Leena Lehtolainen
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davon auszugehen, dass er sich nicht grundlos Sorgen machte.
    «Wir können ja noch mal mit den Angehörigen sprechen. Vielleicht darf Saras Mutter mit einer Frau unter vier Augen reden. Wer hat Ayan als vermisst gemeldet?»
    «Nelli Vesterinen, eine der beiden Leiterinnen des Mädchenclubs. Ayans Freundinnen hatten sie um Rat gefragt.»
    Iida hatte Nelli oft erwähnt. Sie sei nicht so kleinlich wie ihre Kollegin, sondern erlaube Spaß und Albernheiten. Anu, die demnächst einen Vortrag im Mädchenclub halten sollte, war zwar nicht meine Mitarbeiterin, dennoch konnte ich sie bitten, bei ihrem Besuch im Club Augen und Ohren offen zu halten; vielleicht waren Freundinnen von Ayan unter den Anwesenden. Aber mit Nelli Vesterinen mussten wir möglichst bald sprechen.
    «Pekka, wahrscheinlich hast du die Personalien und Adressen der Angehörigen aller verschwundenen Mädchen in einer gemeinsamen Mappe oder Datei abgelegt?»
    «Richtig geraten. Ganz altmodisch in einem Aktenordner. Die Computer hier im Haus stürzen immer mal ab, deshalb druckt man am besten alles Wichtige aus.»
    «Schon mal was von Sicherheitskopien gehört?», frotzelte Puupponen.
    «Ville, du als Computergenie kämmst das Internet durch. Such nach den Namen der Mädchen, vielleicht ist die Diskussion ja wieder aufgeflammt. Wir bitten Europol und Interpol um Amtshilfe. Pekka, du warst offenbar bei allen drei Familien?»
    «Ja. Ruuskanen hat mir die Ausländer zugeschoben, weil ich mit einer Migrantin verheiratet bin und drei schlitzäugige Kinder habe.»
    «Meine Güte, was bist du grantig! Dabei sollte man meinen, du freust dich, dass Maria wieder bei uns ist», versetzte Puupponen und biss so ungeschickt in seinen Berliner, dass ein Klecks Marmelade auf dem Kopf des obersten Bären-Marders landete.
    «Mich ärgert eben unsere Hilflosigkeit in solchen Fällen. Kein Anlass zu Ermittlungen. Ein Kanake mehr oder weniger, was soll’s. Ist sowieso besser, wenn sie verschwinden. Das hat Ruuskanen natürlich nicht gesagt, aber die Einstellung war deutlich zu spüren. Fast wie zu Ströms Zeiten. Aber gut, machen wir uns an die Arbeit, auch wenn wir verdammt spät dran sind. Nehmen wir unser Zimmer als Ermittlungsraum, damit unsere werte Chefin ihre Ruhe hat?»
    Jetzt lächelte Koivu endlich. Er hatte seinen Willen durchgesetzt.
    «Es wäre gut, die DNA der Mädchen zu bekommen. Hoffentlich sind ihre Zahn- und Haarbürsten noch nicht weggeworfen worden. Ach ja, wenn die Mädchen tatsächlich verreist sind, haben sie die Bürsten natürlich mitgenommen … Aber versuchen wir es. Koivu, mach mit allen drei Familien einen Besuchstermin aus. Wir gehen zu dritt hin, dann können wir einzeln mit den Leuten reden. Ich setze mich inzwischen mit dem Mädchenclub in Verbindung.»
    «Ist das wieder so ein Laden, zu dem Männer keinen Zutritt haben?», fragte Puupponen.
    «Ein Polizist hat überall Zutritt», antwortete Koivu, nahm den letzten Berliner vom Teller und verschwand im Nebenraum. Puupponen blieb noch im Sessel sitzen.
    «Hast du Ruuskanen inzwischen kennengelernt?», fragte er.
    «Wir haben uns gestern miteinander bekannt gemacht. Ich bin ihm früher schon mal begegnet, auf einer Kommissarstagung vor ein paar Jahren, wo wir allerdings nur ein paar Worte miteinander gewechselt haben. Aber er hat mit uns nichts zu tun. Wir sind eine selbständige Einheit, außerdem ist er bloß als Vertretung hier. Ich glaube kaum, dass er uns Schwierigkeiten machen wird.»
    Puupponen schüttelte den Kopf. Auf seiner blassen Haut waren nur wenige Sommersprossen zu sehen, die Wintersonne war zu schwach, sie hervorzulocken. Während die vielen Berliner bei Koivu für einen Rettungsring gesorgt hatten, zeigten sie bei Puupponen keine Wirkung. Er war rank und schlank, obwohl er im Sommer auch schon vierzig wurde. Seine Haare leuchteten so rot wie eh und je, in einem Farbton, den man nicht künstlich erzeugen konnte.
    «Bei der Suche im Internet bin ich auf eine interessante Verbindung gestoßen. Ruuskanens Sohn Miro, um die zwanzig, engagiert sich in einer migrationskritischen Gruppe namens ‹Das Herz Finnlands›. Das ist eins von diesen kleinen Grüppchen, denen die Partei ‹Die wahren Finnen› nicht ausländerfeindlich genug ist. Natürlich müssen Vater und Sohn nicht unbedingt dieselben Auffassungen vertreten, aber ich finde, du solltest das wissen. Koivu habe ich nichts davon gesagt, der hat sowieso schon genug Verschwörungstheorien im Kopf.»
    «Wir sollten Ruuskanens
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