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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Michael Robotham
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Notärztinnen. Zwei hocken sich neben Piper. Die jüngere hat ein Gesicht wie ein Bauernmädchen.
    »Was hat sie genommen?«
    »Diazepam.«
    »Wie viel?«
    »Unbekannt.«
    »Wie lange ist sie schon ohne Bewusstsein?«
    »Dreißig Minuten. Vielleicht länger.« Ich zeige auf den Schlauch. »Ich habe eine nasotracheale Intubation und eine Magenspülung vorgenommen. Sie braucht Aktivkohle, um den Rest zu absorbieren.«
    »Ab hier können wir übernehmen, Sir.«
    Drury taucht auf dem oberen Treppenabsatz auf. Sein Gesicht ist aschfahl, gepeinigt von dem, was er gesehen hat. Zwei Kollegen sind tot. Ein entführtes Mädchen lebt. Es fühlt sich nicht an wie ein Sieg.

An dem Abend, als wir entführt wurden,
    habe ich Tash bei der Kirche zurückgelassen und bin zu Emilys Haus gelaufen, um ihr zu erzählen, dass wir abhauen. Im Winter lässt Reverend Trevor die kleine Seitentür von St. Mark’s immer auf, damit Gottesdienstbesucher, die am Sonntagmorgen zu früh kommen, nicht in der Kälte warten müssen, bis der Küster aufschließt. Ich habe Tash zusammengerollt wie ein Kätzchen auf einer Bank liegen lassen.
    Es war längst nach Mitternacht, als ich zurückkam. Die Kirmes hatte geschlossen, die Karussells wurden abgebaut oder zusammengeklappt wie Spielzeuge. Gerüststangen wurden auf LKW geladen, Zelte zu Schläuchen zusammengerollt.
    Tash war nicht dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Ich dachte, sie hätte im Chorgestühl oder unter dem Taufbecken einen wärmeren Platz gefunden, doch es war zu riskant, das Licht anzumachen, also habe ich eine Gebetskerze angezündet und versucht, mir kein heißes Wachs auf die Hände zu kleckern.
    Als ich Richtung Hauptportal ging, sah ich George. Er saß aufrecht in einer der Bankreihen. Tash schlief, den Kopf auf seinem Schenkel.
    George legte einen Finger auf die Lippen, weil er sie nicht wecken wollte.
    »Hallo, Piper«, flüsterte er.
    »Woher wissen Sie, wer ich bin?«
    »Du bist die Läuferin«, sagte er und streichelte Tashs Haar. »Sie schläft. Sie hat mir erzählt, was passiert ist. Ich habe auf dich gewartet.«
    »Warum?«
    »Wir müssen aufs Polizeirevier. Wir müssen melden, was passiert ist.«
    »Tash wollte es niemandem sagen.«
    »Ich habe sie umgestimmt.«
    »Wer sind Sie?«, fragte ich.
    »Ich bin gekommen, um zu helfen.«
    Er trug eine schwarze Kampfhose und bis zu den Schienbeinen geschnürte Stiefel. Unter seiner wasserdichten Jacke konnte man ein schwarzes Hemd sehen. Ich dachte, dass er irgendwie offiziell aussah – wie ein Soldat oder Polizist – bis auf seine Jacke, die war alt und verdreckt.
    Er hob Tashs Kopf von seinem Schoß, richtete sie auf und lehnte sie an seine Schulter.
    »Mein Wagen steht draußen«, sagte er. »Komm, hilf mir, sie zu tragen.«
    Ich fasste Tashs Arm, und im selben Moment legte er seine Hand auf meinen Mund und meine Nase und drückte fest zu. Den anderen Arm schlang er um meine Brust, presste meine Arme an meinen Körper und hob mich hoch. Ich bekam keine Luft mehr. Und wegrennen konnte ich auch nicht.
    »Pssst«, flüsterte er. »Schlaf jetzt, Prinzessin. Bald bist du zu Hause.«

50
    Ich darf mit Piper im Krankenwagen fahren. Obwohl sie immer noch bewusstlos ist, werden ihre Lebenszeichen stärker. Man wird sie zur Dialyse bringen und ihr Blut reinigen. Sie wird sich erholen. Sie wird das neue Jahr erleben und ihre neue kleine Schwester kennenlernen.
    Ich sitze auf einer Seitenbank, meine Knie berühren die Liege, und ich schwanke bei jeder Kurve auf dem Weg zum Krankenhaus. In dem Chrom spiegelt sich ein Gesicht, doch es sieht nicht aus wie meins. Ich zittere am ganzen Körper. Ich weiß nicht, ob es der Parkinson, die Kälte oder etwas Elementareres ist. Ich habe einen Menschen getötet. Ich habe ein Leben ausgelöscht.
    Piper öffnet flatternd die Augen, reißt sie entsetzt auf und entspannt sich, als sie mich erkennt.
    »Hallo«, sage ich und fasse ihre Hand.
    Wegen der Sauerstoffmaske kann sie nicht antworten.
    »Du bist in Sicherheit. Wir fahren ins Krankenhaus.«
    Sie drückt meine Hand.
    Mit der anderen greift sie nach der Maske. Der Notarzt will, dass sie sie anbehält, doch Piper besteht darauf, sie von ihrem Mund zu ziehen. Sie formt die Lippen zu einem Wort. Ich beuge mich näher und höre sie flüstern.
    »Tash?«
    »Es tut mir leid«, sage ich. »Tash hat es nicht bis nach Hause geschafft. Sie ist in dem Schneesturm gestorben, aber sie hat uns geholfen, dich zu finden.«
    Piper kneift die Augen zu, eine winzige
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