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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE
Autoren: Jonathan Kellerman
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Mundwinkel richteten sich auf. »Bewerben Sie sich darum, mein Analytiker zu werden?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall, dafür habe ich nicht den Nerv.«
    Seine Mundwinkel sanken herab.
    Ich fuhr unbeeindruckt fort: »Frauen, wie die Sie enttäuscht haben: Der Kampf ums Sorgerecht mit Ihrer ersten Frau, daß ihre Trinkerei zu dem Brand geführt hat, in dem Ihr Sohn umgekommen ist. Als wir uns zum erstenmal begegnet sind, sprachen Sie von einer zweiten Frau - vor Ursula. Ich habe keinen Eindruck davon bekommen, was sie für eine war, aber irgendwas sagte mir, daß sie auch nichts getaugt hat.«
    »Ein Nichts«, sagte er, »nichts drin.«
    »Lebt sie noch?«
    Er lächelte. »Unglücksfall, sie war nicht ganz die Schwimmerin, für die sie sich hielt.«
    »Wasser«, stellte ich fest, »Sie haben es zweimal benutzt. Die Freudsche Theorie würde besagen, es hat etwas mit dem Mutterleib zu tun.«
    »Die Freudsche Theorie ist ein Dreck.«
    »Sie könnte diesmal genau zutreffen, Professor. Vielleicht hat Ihre ganze Versuchsanordnung nichts mit Wissenschaft oder Liebe oder dem anderen Dreck zu tun, den Sie verbreitet haben, und alles mit der Tatsache, daß Sie Frauen hassen, sie wirklich verachten und kontrollieren müssen. Das deutet auf etwas Häßliches in Ihrer Kindheit, Vernachlässigung oder Mißbrauch oder was auch immer. Ich würde wirklich gern wissen, was Ihre Mutter für eine war.«
    Sein Mund öffnete sich, und er schlug mit der Hand auf den Knopf. Gerätkreischen, eine höhere Frequenz als zuvor. Seine Stimme über dem Geheul, ein Schrei, aber kaum hörbar: »Fünfzehn Sekunden!«
    Ich stürzte mich auf ihn. Er wich zurück, trat, boxte, warf mit der schwarzen Fernbedienung nach mir und traf meine Nase. Seine Finger weiß auf dem grauen Modul. Der Gestank von brennendem Fleisch und Haar ballte sich im Raum zusammen. Ich riß an seinen Händen, schlug ihm in den Magen, und er keuchte und krümmte sich zusammen, aber seine Hand war wie aus Stahl. Ich mußte ihm das Handgelenk brechen, bevor er losließ. Ich steckte die Fernbedienung ein, behielt ihn im Auge. Er lag ausgestreckt am Boden, hielt sich das Handgelenk, weinte.
    Die Frauen zuckten noch lange, lange weiter. Ich zog Stecker aus den Apparaturen, riß die elektrischen Kabel heraus und benutzte sie dann, um ihm die Arme und Beine zu fesseln. Als ich sicher war, daß er sich nicht mehr rühren konnte, ging ich zu den Frauen.

36
    Ich schloß Gabney in die Scheune ein, brachte Gina und Ursula ins Haus, breitete Decken über sie und gab Ursula etwas Apfelsaft zu trinken, den ich im Kühlschrank fand. Organisch - wie alles in dem gutgefüllten Fridge. Auf dem Regal in der Küche Bücher für das Überlebenstraining, Gewehr und Schrotflinte in einem Ständer über dem Tisch, Schweizer Armeemesser, ein Kasten voll Injektionsnadeln und Medikamenten. Der Professor hatte sich auf den großen Absprung vorbereitet.
    Ich rief die 911 an, dann Suzan LaFamiglia. Sie wurde mit dem Entsetzlichen bemerkenswert schnell fertig, erwies sich aber als tüchtig, schrieb die wichtigen Einzelheiten auf und sagte mir, um den Rest würde sie sich kümmern.
    Die Sanitäter brauchten eine halbe Stunde bis zum Eintreffen, begleitet von vier Wagen der Santa Barbara County Sheriffs von der Zweigstelle in Solvang. Während ich auf sie wartete, fand ich Gabneys Unterlagen, es war keine großartige detektivische Leistung. Er hatte ein halbes Dutzend Kladden auf dem Eßzimmertisch liegenlassen. Ein paar Seiten war alles, was ich aushalten konnte.
    Ich verbrachte die nächsten Stunden im Gespräch mit grimmig aussehenden Leuten in Uniform. Suzan LaFamiglia kam mit einem jungen Mann, der einen olivgrünen Hugo-Boss-Anzug und eine altmodische Krawatte trug, ein paar Worte mit den Bullen redete und mich dann herausholte. Der modische junge Mann war, wie sich herausstellte, einer ihrer Anwaltskollegen, seinen Namen erfuhr ich nie. Er fuhr den Seville nach L.A. zurück, und Suzan brachte mich in ihrem Jaguar nach Haus. Sie stellte mir keinerlei Fragen, und ich schlief ein, glücklich, daß sie mich kutschierte.
    Ich verpaßte meine Verabredung am nächsten Morgen um zehn mit Melissa, aber nicht, weil ich es nicht versucht hätte. Ich war um sechs Uhr auf und sah die Koi-Babies, so groß wie Fadenwürmer, im Teich umherschlüpfen. Um halb zehn war ich am Sussex Knoll. Das Tor stand offen, aber niemand öffnete die Tür. Ich entdeckte einen der Hernandez-Söhne, der nahe der Außenmauer des
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