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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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(leise).
Willst du –?
     
    Robert.      Begehrst du –?
     
    Abälard.    Fehlt dir –?
     
    Die Herzogin.     Gott im Himmel!
     
    Abälard .
Was ist?
     
    Robert.     Was hast du?
     
    Die Herzogin.       Guiskard! Sprich ein Wort!
     
    (Die Kaiserin zieht eine große Heerpauke herbei und schiebt sie hinter ihn.)
     
    Guiskard (indem er sich sanft niederläßt, halblaut).
Mein liebes Kind! –
  Was also gibt’s, Armin?
Bring deine Sache vor, und laß es frei
Hinströmen, bange Worte lieb ich nicht!
     
    (Der Greis sieht gedankenvoll vor sich nieder.)
     
    Eine Stimme (aus dem Volk).
Nun, was auch säumt er?
     
    Eine andere.       Alter, du! So sprich.
     
    Der Greis (gesammelt).
Du weißt’s, o Herr – und wem ist’s so bekannt?
Und auf wem ruht des Schicksals Hand so schwer?
Auf deinem Fluge rasch, die Brust voll Flammen,
Ins Bett der Braut, der du die Arme schon
Entgegenstreckst zu dem Vermählungsfest,
Tritt, o du Bräutigam der Siegesgöttin,
Die Seuche grauenvoll dir in den Weg –!
Zwar du bist, wie du sagst, noch unberührt;
Jedoch dein Volk ist, deiner Lenden Mark,
Vergiftet, keiner Taten fähig mehr,
Und täglich, wie vor Sturmwind Tannen, sinken
Die Häupter deiner Treuen in den Staub.
Der Hingestreckt’ ist’s auferstehungslos,
Und wo er hinsank, sank er in sein Grab.
Er sträubt, und wieder, mit unsäglicher
Anstrengung sich empor: es ist umsonst!
Die giftgeätzten Knochen brechen ihm,
Und wieder nieder sinkt er in sein Grab.
Ja, in des Sinns entsetzlicher Verwirrung,
Die ihn zuletzt befällt, sieht man ihn scheußlich
Die Zähne gegen Gott und Menschen fletschen,
Dem Freund, dem Bruder, Vater, Mutter, Kindern,
Der Braut selbst, die ihm naht, entgegenwütend.
     
    Die Herzogin (indem sie an der Tochter Brust niedersinkt).
O Himmel!
     
    Helena.     Meine vielgeliebte Mutter!
     
    Guiskard (sich langsam umsehend).
Was fehlet ihr?
     
    Helena (zögernd).
       Es scheint –
     
    Guiskard .   Bringt sie ins Zelt!
     
    (Helena führt die Herzogin ab.)
     
    Der Greis.
Und weil du denn die kurzen Worte liebst:
O führ uns fort aus diesem Jammertal!
Du Retter in der Not, der du so manchem
Schon halfst, versage deinem ganzen Heere
Den einz’gen Trank nicht, der ihm Heilung bringt,
Versag uns nicht Italiens Himmelslüfte,
Führ uns zurück, zurück, ins Vaterland!
     

DIE FAMILIE SCHROFFENSTEI N

     
     
    Die Tragödie ist 1803 anonym erschienen und wurde am 9. Januar 1804 in Graz uraufgeführt. Kleist schrieb das Stück in Paris und auf der Scherzliginsel in der Aare bei Thun in der Schweiz. Er reiste mit seiner Schwester über Dresden nach Paris, um sich dann für ein einfaches Leben als Bauer in Thun zu entscheiden; ein Projekt, dass er nicht viel später wieder aufgeben wird. In dieser Zeit arbeitet sowohl an seinem Debüt Die Familie Schroffenstein als auch an Robert Guiskard , Herzog der Normänner und Der zerbrochene Krug . Das Stück sollte ursprünglich den Titel Die Familie Thierrez tragen und in Frankreich spielen, dann änderte Kleist den Schauplatz um in Spanien (unter dem Titel Die Familie Ghonorez ). Der endgültige Ort der Handlung, das mittelalterliche Schwaben, wurde Kleist von Ludwig Wieland (1777-1819), dem Sohn Christoph Martin Wielands, angeraten.
    Das Stück nimmt sich die Tragödie Romeo and Juliet (1597) von William Shakespeare zum Vorbild. Kleist arbeitet mehrfach Stoffe berühmter Vorlagen um oder misst sich erkennbar an großen Vorbildern, in seinen Erzählungen etwa Giovanni Boccaccio und Miguel de Cervantes. Sein Drama Amphytrion . Ein Lustspiel nach Molière nennt die Grundlage schon im Titel, während Robert Guiskard sich sogar an die antike Tragödiendichtung (mit antikem Chor etwa) anlehnt. Kleist, der einem aristokratischen Milieu entstammt, misst sich an diesen Vorbildern gemäß eines agonalen Wettbewerbsgeistes. Er will radikaler sein und tiefer dichten als die Vorlagen.

Kleist, Illustration von Peter Friedel, die der Dichter 1801

Personen:
     
    Rupert, Graf von Schroffenstein, aus dem Hause Rossitz
    Eustache, seine Gemahlin
    Ottokar, ihr Sohn
    Johann, Ruperts natürlicher Sohn
    Sylvius, Graf von Schroffenstein, aus dem Hause Warwand
    Sylvester, sein Sohn, regierender Graf
    Gertrude, Sylvesters Gemahlin, Stiefschwester der Eustache
    Agnes, ihre Tochter
    Jeronimus von Schroffenstein, aus dem Hause Wyk
    Aldöbern, Santing und Fintenring, Vasallen Ruperts
    Theistiner, Vasall Sylvesters
    Ursula, eine Totengräberswitwe
    Barnabe,
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