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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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wenn sie der Nordostwind nur nicht stürzt,
So sollt mir mit dem Beile keiner nahn,
Wie Junker Philipp’n.
     
    Sylvester.       Schweig! Ich kann das alberne
Geschwätz im Haus nicht leiden.
     
    Gärtner.     Nun, ich pflanz
Die Bäume. Aber eßt Ihr nicht die Früchte,
Der Teufel hol mich, schick ich sie nach Rossitz.
     
    (Gärtner ab; Agnes verbirgt ihr Gesicht an die Brust ihrer Mutter.)
     
    Sylvester.
Was ist das? Ich erstaune – O daran ist,
Beim Himmel! niemand schuld als du, Gertrude!
Das Mißtraun ist die schwarze Sucht der Seele,
Und alles, auch das Schuldlos-Reine, zieht
Fürs kranke Aug die Tracht der Hölle an.
Das Nichtsbedeutende, Gemeine, ganz
Alltägliche, spitzfündig, wie zerstreute
Zwirnfäden, wirds zu einem Bild geknüpft,
Das uns mit gräßlichen Gestalten schreckt.
Gertrude, o das ist sehr schlimm. –
     
    Gertrude.    Mein teurer
Gemahl! –
     
    Sylvester.    Hättst du nicht wenigstens das Licht,
Das, wie du vorgibst, dir gezündet ward,
Verbergen in dem Busen, einen so
Zweideutgen Strahl nicht fallen lassen sollen
Auf diesen Tag, den, hätt er was du sagst
Gesehn, ein mitternächtlich Dunkel ewig,
Wie den Karfreitag, decken müßte.
     
    Gertrude.     Höre
Mich an. –
     
    Sylvester.    Dem Pöbel, diesem Starmatz – diesem
Hohlspiegel des Gerüchtes – diesem Käfer
Die Kohle vorzuwerfen, die er spielend
Aufs Dach des Nachbars trägt –
     
    Gertrude.    Ihm vorgeworfen?
O mein Gemahl, die Sache lag so klar
Vor aller Menschen Augen, daß ein jeder,
Noch eh man es verbergen konnte, schon
Von selbst das Rechte griff.
     
    Sylvester. Was meinst du? Wenn
Vor achtzehn Jahren, als du schnell nach Rossitz
Zu deiner Schwester eiltest, bei der ersten
Geburt ihr beizustehn, die Schwester nun,
Als sie den neugebornen Knaben tot
Erblickte, dich beschuldigt hätte, du,
Du hättest – du verstehst mich – heimlich ihm,
Verstohlen, während du ihn herztest, küßtest,
Den Mund verstopft, das Hirn ihm eingedrückt –
     
    Gertrude.
O Gott, mein Gott, ich will ja nichts mehr sagen,
Will niemand mehr beschuldgen, wills verschmerzen,
Wenn sie dies Einzge nur, dies Letzte uns nur lassen. –
     
    (Sie umarmt Agnes mit Heftigkeit.)
     
    Ein Knappe (tritt auf).
Es ist ein Ritter, Herr, am Tore.
     
    Sylvester.   Laß ihn ein.
     
    Sylvius.
Ich will aufs Zimmer, Agnes, führe mich.
     
    (Sylvius und Agnes ab.)
     
    Gertrude.
Soll ich ihm einen Platz an unserm Tisch
Bereiten?
     
    Sylvester.    Ja, das magst du tun. Ich will
Indessen Sorge tragen für sein Pferd.
     
    (Beide ab; Agnes tritt auf, sieht sich um, schlägt ein Tuch über, setzt einen Hut auf, und geht ab. Sylvester und Aldöbern treten auf)
     
    Sylvester.
Aus Rossitz, sagst du?
     
    Aldöbern. Ritter Aldöbern
Aus Rossitz. Bin gesandt von meinem Herrn,
Dem Rupert, Graf von Schroffenstein, an dich,
Sylvester, Grafen Schroffenstein.
     
    Sylvester.    Die Sendung
Empfiehlt dich, Aldöbern; denn deines Herrn
Sind deine Freunde. Drum so laß uns schnell
hinhüpfen über den Gebrauch; verzeih
Daß ich mich setze, setz dich zu mir, und
Erzähle alles, was du weißt, von Rossitz.
Denn wie, wenn an zwei Seegestaden zwei
Verbrüderte Familien wohnen, selten,
Bei Hochzeit nur, bei Taufe, Trauer, oder
Wenns sonst was Wichtges gibt, der Kahn
Herüberschlüpft, und dann der Bote vielfach,
Noch eh er reden kann, befragt wird, was
Geschehn, wies zuging, und warum nicht anders,
Ja selbst an Dingen, als, wie groß der Ältste,
Wie viele Zähn der Jüngste, ob die Kuh
Gekalbet, und dergleichen, das zur Sache
Doch nicht gehöret, sich erschöpfen muß –
Sieh, Freund, so bin ich fast gesonnen, es
Mit dir zu machen. – Nun, beliebts so setz dich.
     
    Aldöbern.
Herr, kann es stehend abtun.
     
    Sylvester. Ei, du Narr,
Stehn und Erzählen, das gehört zusammen,
Wie Reiten fast und Küssen.
     
    Aldöbern. Meine Rede
Wär fertig, Herr, noch eh ich niedersitze.
     
    Sylvester.
Willst du so kurz sein? Ei, das tut mir leid;
Doch wenns so drängt, ich wills nicht hindern. Rede.
     
    Aldöbern.
Mich schickt mein Herr, Graf Rupert Schroffenstein,
Dir wegen des an seinem Sohne Peter
Verübten Mords den Frieden aufzukünden. –
     
    Sylvester.
Mord?
     
    Aldöbern.
Mord.
Doch soll ich, meint er, nicht so frostig reden,
Von bloßem Zwist und Streit und Kampf und Krieg,
Von Sengen, Brennen, Reißen und Verheeren.
Drum brauch ich lieber seine eignen Worte,
Die lauten so: Er sei gesonnen, hier
Auf deiner Burg ein Hochgericht zu bauen;
Es
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