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Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin

Titel: Rywig 11 - Sonnige Tage mit Katrin
Autoren: Berte Bratt
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ja der Tuileriegarten, dort links sehen Sie den Louvre - ja, und ich mußte immer mit den Kellnern und den Verkäufern sprechen, mein Mann konnte viel und wußte viel, aber das Französische war nicht seine starke Seite.“
    „Können Sie es noch sprechen?“ fragte ich.
    „O ja, ich würde wohl zurechtkommen, wenn ich auch viele Worte vergessen habe, aber wir hatten einen Lehrer in der Schule, der verstand es vielleicht, die unregelmäßigen Verben in unsere Köpfe einzuhämmern, so, daß sie sitzen blieben. Ja, das ist Place de la Concorde, und wenn man die Straße rechts geht und dann wieder links, dann kommen die großen Modehäuser und die Antiquitätenläden! “
    Was hatte Frau Oberbach gesagt? Alles aus ihrer Jugend hatte die alte Dame behalten, aber was gestern oder vor zwei Stunden geschehen war, das ahnte sie nicht.
    Es wurde mir klar, daß mein Zusammensein mit Frau Felsdorf unterhaltsam und lehrreich werden könnte, wenn ich bloß ihre Gedanken zurück in die Vergangenheit leiten konnte.
    So wie sie jetzt dasaß und plauderte, wirkte sie ganz normal und durchaus vernünftig!
    Am folgenden Morgen ganz früh klingelte das Telefon.
    „Morgen, Allegra, hier ist Hanni. Was gibt es heute bei euch zu Mittag?“
    „Königsberger Klopse und Obstsalat. Warum fragst du?“
    „Weil es zu Hause Milchreis gibt; an den Tagen gehe ich immer zu Omi. Koch bitte reichlich! Wie geht es sonst?“
    „Oh, sehr gut. Deine Omi ist ja eine reizende alte Dame.“
    „Fein, daß du das findest. Dann wird Mutti sich freuen. Gut, ich komme direkt aus der Schule zu euch. Bis dann!“
    Ich war ganz aufgekratzt! Endlich eine Abwechslung, endlich ein junger Mensch!
    „Frau Felsdorf“, sagte ich, als sie zum Frühstück erschien, „Ihre Enkelin kommt heute zu Mittag.“
    „Ach, wie reizend! Haben wir etwas im Haus, was einem Kind schmeckt? Und bringen Sie sie nachher nach Hause, oder wird sie abgeholt?“
    „Hanni ist doch sechzehn, Frau Felsdorf. Sie ist schon eine junge Dame.“
    „Ist sie schon so alt? Ja, die Zeit läuft, und wie sie läuft!“ Wir tranken Kaffee, und nach fünf Minuten fragte Frau Felsdorf: „Wer kommt heute, sagten Sie?“
    „Hanni, Ihre Enkelin.“
    „Das ist aber reizend! Ach, Spatz, wenn Sie Einkäufe machen, dann bringen Sie doch ein paar kleine Schokoladenfigürchen mit, darüber freut sich immer ein Kind.“
    „Hanni ist kein Kind, Frau Felsdorf. Sie ist schon sechzehn und besucht das Gymnasium.“
    „Ach, so alt ist sie schon?“ Dies wiederholte sich noch dreimal. Dann hatten wir gefrühstückt, und ich machte mich auf, um die Besorgungen zu erledigen. Wenn Frau Felsdorf bloß nicht allzu
    unternehmungsfreudig sein würde während meiner Abwesenheit!
    Das war sie aber. Als ich nach Hause kam, hatte sie im unteren Fach ihres Bücherschrankes gewühlt. Da waren zwei Bilderbücher und ein Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel zum Vorschein gekommen.
    „Sehen Sie, da haben wir Unterhaltung für das Kind, Spatz. Und nicht wahr, Sie bringen doch die Kleine nachher nach Hause?“
    Hanni war ein lebhaftes, lustiges Mädchen mit einem gesegneten Appetit. Ein Glück, daß ich reichlich gekocht hatte. Zwischen den Bissen beantwortete sie zum siebtenmal die Frage der Großmutter: „In welcher Klasse bist du jetzt, mein Kind?“ und „Kommst du gut mit in der Schule?“ und „Wie alt bist du nun eigentlich geworden?“ Nach dem Essen zog Frau Felsdorf sich zurück, um ihr Mittagsschläfchen zu halten. Ich machte Kaffee für Hanni und mich selbst, und wir plauderten gemütlich: Ich genoß es richtig, mit einem jungen, fröhlichen Mädchen dazusitzen und durch sie für eine Weile in die Welt zurückgebracht zu werden, die eigentlich auch meine war.
    Ich fragte sie, wie lange ihre Großmutter schon so gedächtnisschwach sei.
    „Ach, schon lange. Es, fing an, kurz nachdem Opa starb, also vor zehn Jahren oder so. Anfangs natürlich nicht so schlimm wie heute. Ist es furchtbar schwer für dich, Allegra?“ Ich mußte lächeln.
    „Oh, es geht. Außerdem hat deine Omi wirklich ganz helle Augenblicke, wo sie vollkommen normal ist!“
    Ich erzählte von dem Fernsehprogramm und Frau Felsdorfs Bericht aus Paris. Hanni nickte.
    „O ja, wenn sie über die Vergangenheit spricht, ist sie vernünftig. Aber weißt du, wir anderen, wir können ja nicht immer einen Hopser zwanzig Jahre zurückmachen, wir leben nun mal in der Gegenwart. Übrigens, hat Omi keine Reisepläne?“
    „Nicht, daß ich
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