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Russische Volksmaerchen

Russische Volksmaerchen

Titel: Russische Volksmaerchen
Autoren: Anton Dietrich
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Gemahlin Anastasia Worcholomejewna und deinem Sohne, dem gewaltigen Ritter Jeruslan Jeruslanowitsch, Wohlergehen! Dein Sohn hat mich am Kopfe verletzt, er hat ihn mit dem stumpfen Ende der Lanze durchstoßen, und ich konnte meine Wunde bis jetzt noch nicht heilen; aber ich erfuhr, daß er dein Sohn sei, und habe ihm verziehen, und ihn unbeschädigt zu dir entlassen. Hätte ich dies nicht erfahren, so hätte ich ihm den Tod gegeben.«
    Dann erzählte auch Jeruslan selbst seinem Vater Alles der Reihe nach, und auch von dem Greise, und sprach: »Herr Vater, als ich zurückkehrte in dein Reich, begegnete mir im freien Felde auf em Wege ein kleiner Mann; er war schon alt und mit grauen Haaren geziert. Der stellte sich auf den Weg und ließ mich nicht fort. Ich wollte ihn tödten, weil er mir den Weg versperrte; er aber blies mich an, und so stark, daß ich mich auf meinem guten Rosse nicht erhalten konnte und zu Boden fiel. Da wollte er mich umbringen, aber er fragte mich erste, woher ich sei. Ich antwortete: ich sei aus dem Reiche des Zaren Worcholomei, aus der Stadt Debri, der Sohn des Zaren Jeruslan Lasarewitsch. Da sagte mir der kleine Mann, ich sollte mit ihm nicht in meinem Reiche prahlen. »Ja,« antwortete seinem Sohne Jeruslan Lasarewitsch, »du mußt bei dem Feste nicht prahlen, daß er dich tödten wollte.«
    Nun begann das Fest, und sie belustigten sich und waren alle in großer Freude, daß Gott den Jeruslan Jeruslanowitsch gesund zurück gebracht hatte. Da fing Jeruslan Lasarewitsch an, seinen Sohn und dessen Tapferkeit zu rühmen, wie er Zaren und gewaltige Ritter niedergestoßen, und wie er ihn in der Kindheit, da er erst fünf Jahr alt war, tödten wollte, weil er ihn noch nicht kannte. Da wunderten sich alle Fürsten und Bojaren über seine Tapferkeiten und dankten Gott, daß Jeruslan Lasarewitsch einen so tapfern und berühmten Sohn habe, wie er selbst war, und sie sagten, daß es solcher Ritter, wie dieser Vater und sein Sohn, keine weiter auf der Welt an Tapferkeit gäbe, und daß sich Niemand fände auf der Welt, der gegen sie Stand halten könnte. Obgleich Ritter Raslanei auch groß war, so hätte ihn Jeruslan Jeruslanowitsch doch beinahe auch erschlagen.
    Jeruslan Lasarewitsch unterwarf seiner Herrschaft viele Städte, und manche, die von seiner Tapferkeit hörten, gaben ihre Städte gutwillig unter seine Macht. Und er saß auf dem Thron in guter Gesundheit zwanzig Jahre, und sein Alter war neun und vierzig Jahr und drei Monate, als er starb. Seine Gemahlin Anastasia Worcholomejwena weinte und war untröstlich über ihren Gatten, und diesem Kummer erlag auch sie bald darnach. Und ihr Sohn Jeruslan Jeruslanowitsch weinte sehr über seinen Vater, den mächtigen Ritter Jeruslan Lasarewitsch, und lange Zeit weinte er auch über seine Mutter. Bald nach dem Tode seiner Aeltern bestieg er den Thron seines Vaters und herrschte mit Ruhm.
     

Anmerkungen
     
Zum ersten Märchen.
    Die Urschrift ist in Oktav mit gewöhnlichen russischen Buchstaben einzeln gedruckt, und nicht mit Bildern verziert.
    Hackebret, liegende Harfe, russisch Gußli.
    Erdwall. Um viele Häuser der untern Klassen in Rußland, namentlich um Bauerwohnungen, befindet sich ein Erdwall, der unmittelbar am Hause anliegt, ohngefähr 1 1/2 Elle hoch und 1 Elle breit ist, und von einer einschließenden Bretwand festgehalten wird. Er dient dazu, um das Erdgeschoß gegen die eindringende Nässe und Kälte zu schützen.
Zum zweiten Märchen.
    Die Urschrift ist, wie die des ersten Märchens, einzeln ohne Bilder in Oktav gedruckt, mit guten neuen Buchstaben. Das Märchen soll neuern Ursprungs sein, ist aber in Rußland schon ziemlich verbreitet.
    König Filon wird an einigen Stellen der Urschrift auch Fedron genannt; das Eine oder das Andere ist wahrscheinlich ein Gedächtnißfehler des Schreibers. Hier kommt nichts darauf an.
    Die alte Zauberin peitscht den Prinzen Astrach in der Badestube nach russischer Sitte mit Birkenzweigen, an denen die Blätter noch befindlich sind, um die Haut geschmeidig zu machen, und die Ausdünstung zu befördern, die man nach dem Gebrauche des Dampfbades im Bette abwartet.
Zum dritten Märchen.
    Die Urschrift ist in Quart ziemlich undeutlich gedruckt und mit Bildern ausgestattet. Sarg, der Name des Vaters der schönen Helene, ist hier nicht Uebersetzung, obschon er sonst in Rußland nicht gebräuchlich ist.
Zum vierten Märchen.
    In einigen Theilen hat dieses, so wie das zehnte Märchen (Bulat, der brave Bursche),
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