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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden
Autoren: Robin Gates
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scharlachfarbene Statue von Esras, dem Feuerdrachen, wurde von ihnen mit mehreren Gebetsketten behängt, deren einzelne Glieder aus hellroten Virjablüten bestand. Alcarasán erinnerte sich daran, wie seine Mutter ihm bei seiner Heimkehr solch eine Kette als Willkommensgruß um den Hals gelegt hatte. Auch wenn Alcarasán sie nur kurz getragen hatte, weil er deren süßlichen Duft nicht besonders mochte, so waren ihm Form und Farbe dieser Blüten doch seit seiner Kindheit so vertraut, dass er sie nicht betrachten konnte, ohne den Garten seines Zuhauses vor Augen zu haben. Eigentlich wollte er einige Tage mit seiner Familie zusammen sein. Da er lange nicht mehr in der Heimat seines Volkes gewesen war, sehnte er sich danach, die vertrauten Plätze von früher aufzusuchen. Er hoffte so sehr, dass sich diese kaum verändert haben würden, wie er dies nur von der Art der älteren Serephin kannte, die allem Alten ungern Neues folgen ließen.
    Doch seine Vorfreude darauf, ein wenig Zeit bei seinen Verwandten zu verbringen und so schnell wie möglich seine Freunde Disaran und Jekara zu besuchen, die wiederzusehen er so lange ersehnt hatte, war schnell getrübt worden. Kaum, dass seine Mutter ihn willkommen geheißen und seine Stirn zur Abwehr von aus der Fremde mitgebrachtem Übel gesalbt hatte, war ein Bote aus dem Feuertempel aufgetaucht. Terovirin hatte nach ihm verlangt. Der Älteste der Lamazhabin auf Gotharnar musste seine Rückkehr so deutlich gespürt haben, als hätte man einen laut dröhnenden Gong direkt neben seinem Ohr angeschlagen. Vielleicht aber hatte er auch nur seine Zuträger. Terovirin hielt das Ausmaß seiner Fähigkeiten so verborgen wie die meisten seiner Angelegenheiten.
    Also zog sich Alcarasán nur schnell um, anstatt sich von seiner langen Reise auszuruhen, und machte sich auf den Weg zum Tempel. Terovirin ließ man nicht warten. Seine Mutter wusste das. Wenn sie auch enttäuscht gewesen war, dass ihr Sohn nach so langer Abwesenheit gleich wieder fort musste, so hatte sie ihm doch kein schlechtes Gewissen gemacht, weil er sich dem Ruf des Ältesten verpflichtet fühlte. Wenn dieser ihn gleich nach seiner Ankunft in Vovinadhár sehen wolle, musste es wichtige Gründe dafür geben.
    Einer der Priester zu Füßen der Statue von Esras bemerkte, dass sich ihnen jemand näherte, und wandte sich um. Er war ein Nevcerran, einer der jüngsten Diener des Ordens der Flamme. Das erkannte Alcarasán an dem schwarzen Schal, den der Priester um seinen Hals geschlagen hatte. Der Rang der Nevcerran war der Niedrigste des Ordens. Wer dem Tempel dienen wollte, musste zuvor als Anwärter eine Probezeit bestehen, in deren Verlauf er einen Vertreter aus den höheren Rängen des Ordens davon zu überzeugen hatte, ihn als Schüler aufzunehmen und ihn zum Nevcerran zu weihen. Auch Jahanilas Schal trug die Farbe dieses Ranges.
    Der Serephin, der sich umgedreht hatte, verbeugte sich ehrfurchtsvoll mit gefalteten Händen vor den beiden und bedeutete seinen Mitbrüdern und Schwestern, die noch immer damit beschäftigt waren, den Altar zu schmücken, sich ebenfalls umzudrehen. Sie hielten den gleichen Rang inne wie er, und das noch nicht lange, denn keines der Gesichter war Alcarasán bekannt. Weitere Verbeugungen folgten. Die Vertrauten des Ältesten waren im Feuertempel so bekannt wie Terovirin selbst. Doch Alcarasán waren diese Ehrerbietungen zuwider. In den meisten Fällen hatten sie nichts damit zu tun, dass man ihn als Priester schätzte, ihm nacheiferte oder wirklich wünschte, seinen Rat zu hören. Es war eher so, dass jemand versuchte, durch die Bekanntschaft mit einem Restaran, einem Vertrauten des Ältesten, seinen Einfluss zu erweitern. Der Tempel, das war nicht nur ein Orden, der das Wissen um die Verborgenen Dinge zu bewahren und zu erweitern suchte. Vor allem war es ein Machtinstrument – in Gotharnar wie auch in den anderen fliegenden Städten von Vovinadhár. Niemand besaß soviel Einfluss auf die Entscheidungen des Ältestenrates wie der Tempel, denn das Oberhaupt des Ordens besaß immer auch gleichzeitig den Vorsitz im Rat der Stadt.
    »Seid Ihr gekommen, um unsere Vorbereitungen zu begutachten?«, fragte eine Frau aus der Priesterschar.
    »Nein, der Älteste wünscht uns zu sehen«, erwiderte Jahanila.
    Sofort traten die Nevcerran zur Seite. Einige von ihnen hielten noch immer ihre Hände vor der Brust gefaltet und neigten ihre Köpfe. Hinter ihnen zeichnete sich ein niedriges Tor an der Vorderfront des
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