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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert
Autoren: Low Robert
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ein kleines Stück Tau von der Fjord Elk, fest mit Schnur umwickelt und vernäht und zusätzlich noch mit Teer verschmiert, damit es nicht ausfranste. Ich habe es noch immer.
    Wenn ich die Kiste aufmache, weil ich vielleicht eine Knochennadel oder trockene Socken brauche, dann bringt ihr Geruch mir das Meer zurück, die Elk und die Eingeschworenen jener Zeit: den Ziegenjungen, ernst, blass, mit seinen dünnen Armen und Beinen und der weißblauen Narbe in der Seite; Finns grimmiges Grinsen; Botolf, der mit seinem nässenden Beinstumpf im Wundfieber tobte; der kleine Eldgrim, der aufwachte und sich fortan an nichts mehr erinnern konnte, dessen Kopf wie leergefegt war.
    Und es bringt mir auch die Toten zurück: Valgard Skafhogg und Borstenbart, Thrain den Hunderttöter und die anderen, die nicht nur ihre Männlichkeit, sondern auch ihren Glauben an Odin und schließlich ihr Leben verloren hatten und deren Fylgjen ewig in der Wüste von Serkland bleiben würden.
    In Odins anderer Waagschale waren die, die überlebt hatten: Finn, Gisur, Kvasir, Hlenni Brimill, Thorstein Dorschbeißer und die anderen, kaum mehr als zwei Hände voll, aber alles Eingeschworene, von Odin zusammengeschmiedete Brüder. Sie hatten die Riemen der Fjord Elk in ihre schwieligen Hände genommen und waren zusammen mit Jarl Brand losgerudert, dorthin, wo die Wassertropfen wieder zu silbernen Perlen gefrieren würden.
    Der Bug der Elk zeigte nach Norden, und sie setzten die Segel in der Gewissheit, dass Orm Bärentöter, der von Odin Begünstigte, sie eines Tages wieder zu dem geheimen Schatz führen würde, jetzt, wo er sein Schwert mit der Runenschlange wieder hatte. Und wenn einige sich über ihren Jarl wunderten, der wortlos über einem geteerten Tauende brütete, das dazu benutzt wurde, beim Rudern den Takt zu schlagen, dann sprachen sie nicht darüber. Denn Orm, der Bärentöter, hatte in einem Holmgang auch einen Mann mit einem einzigen Schlag getötet.
    Die Steuermänner haben, wie für alles, auch für dieses lose Stück Tau ihre eigene Bezeichnung, und Lokis Humor war mir auch hier nicht verborgen geblieben, auch wenn ich noch immer versuchte, den Tod von Skafhogg und den anderen gegen Odins verfluchten Silberschatz abzuwägen.
    Sie nennen es: das bittere Ende.

HISTORISCHE NACHBEMERKUNG
    Versucht man, die Politik des Nahen Ostens im späten 10. Jahrhundert – oder eigentlich zu jeder Zeit – zu verstehen, so schwirrt einem der Kopf.
    Das sunnitische Abbasiden-Kalifat war im Begriff, unter der Macht seiner eigenen Mameluken-Armeen auseinanderzubrechen, die aus Türken, Slawen und Berbern bestanden. Es folgten mehrere nicht weniger schwache Kalifen, die von den buyidischen Machthabern in Bagdad erst eingesetzt und dann meist ermordet wurden. Zur selben Zeit herrschte eine weitere Dynastie, die Hamdaniden, über Aleppo als unabhängiges Lehen, doch hissten sie weiterhin die schwarze Flagge der Abbasiden und bezeichneten sich als Verbündete des Kalifen von Bagdad, was allerdings nur Lippenbekenntnisse waren.
    Unterdessen waren die ismailitischen Fatimiden über Nordafrika hinweggestürmt, hatten im Norden des Landes Kairo (die Siegreiche) gegründet; Alexandria versank in der Bedeutungslosigkeit. Dann waren sie weiter nach Norden vorgedrungen, wo sie dem Chaos in den kleinen Königreichen Syrien und Palästina ein Ende bereiteten und der Gegend zu einer gewissen Stabilität verhalfen. Über eines dieser Königreiche regierte der selbsternannte Ikschid (König der Könige) Mohammed ibn Tugh aus Jerusalem.
    Gleichzeitig kämpfte das neu erstarkte byzantinische Reich um Antiochien und Aleppo, und nach einigen Kampagnen hatte Nikephorus II . Phokas Tarsus eingenommen. In dem Jahr, in dem die Ereignisse dieses Buches stattfinden, folgte ein weiterer großer Feldzug, der Dschasira (die » Insel« zwische Euphrat und Tigris, also Nordmesopotamien) komplett verheerte.
    Etwa zwei Jahre später wurde Nikephorus Phokas von Johannes Tzimiskes (Rotstiefel) und Leo Balantes – mit Einverständnis der Kaiserin Theophanu – in seinem Palast im Schlaf umgebracht. Johannes wurde der neue Kaiser, und es gibt Leute, die die Ansicht vertreten, dass dadurch das byzantinische Reich gerettet wurde. Johannes I. » Rotstiefel« – und nach ihm Basileios II . – herrschten schließlich über Antiochien und halb Syrien, Aleppo und den größten Teil von Palästina, bis hinunter nach Nazareth – eine religiöse reconquista mehr als ein Jahrhundert vor dem ersten
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