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Rufmord

Rufmord

Titel: Rufmord
Autoren: Andre Minninger
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auch so bleiben. Justus hatte es unter anderem zur Bedingung für seine Teilnahme an der Radiosendung gemacht, dass über ›Die kleinen Strolche‹ kein Wort verloren werden durfte. Er hasste es, wieder im Studio-Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu stehen und hatte schließlich nur nachgegeben, weil Peter und Bob von der Einladung des Senders hellauf begeistert waren und sich von dem Auftritt viel Werbung versprachen. Tagelang hatten die beiden auf ihn eingeredet und ihn schließlich überstimmt. Und nun saß er hier am Studiotisch und wurde von Unruhe geplagt. Da riss ihn das Klingeln des Telefons aus seinen Gedanken.
    »Und hier kommt auch schon der erste Anrufer!« Kevin Anderson machte dem Toningenieur im Nebenstudio ein Zeichen. Dieser stellte den Anrufer durch.
    »›Prime-Time‹ – hier spricht Kevin Anderson! Wen habe ich in der Leitung?«

Eine alte Klientin
    »Agawam, Miss Agatha Agawam«, flötete es in die Kopfhörer der Anwesenden. »Bin ich auf Sendung?«
    Justus’ Gesichtsausdruck hellte sich auf. Er hatte die Stimme der Anruferin sofort erkannt. »Mensch, das gibt es doch nicht! Miss Agawam! Das ist ja eine Überraschung!«
    »Ihr kennt euch?«, schaltete sich Mr Anderson dazwischen. »Das wird unsere Hörer interessieren. Von wo rufen Sie an, Miss, und woher kennen Sie meine Studiogäste?«
    »Ich wohne in Los Angeles und bin den drei Detektiven für den Rest meines Lebens dankbar. Ohne ihre Hilfe damals würde ich wohl noch immer an meinem Verstand zweifeln.«
    »Können Sie das genauer erklären?«, fragte der Moderator.
    »Ich bin Autorin von Kindergeschichten. Genauer gesagt, von Märchen und Fabeln. Vielleicht haben Sie ja als Kind eines meiner Bücher vorgelesen bekommen. Das bekannteste hieß ›Festtag im Gnomenreich‹. Damals konnten die Kinder von diesen Geschichten nicht genug haben. Es verging kaum eine Woche, in der ich nicht all meine Gnomen, Elfen und Zwerge zum Tee einlud.«
    Kevin Anderson stutzte für einen Moment. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie haben sich nicht verhört«, wandte sich Bob an den Moderator. »Als wir Miss Agawam vor einiger Zeit das erste Mal besuchten, empfing uns am Gartentor ein kleines Schild, auf dem geschrieben stand: ›A. Agawam. Bitte läuten. Gnomen, Elfen und Zwerge bitte pfeifen.‹«
    »Ihr habt es nicht vergessen!«, tönte es begeistert aus dem Kopfhörer.
    »Was hatte es denn mit diesen Worten auf sich?«, erkundigte sich Mr Anderson.
    »Das hatten wir uns anfangs auch gefragt«, begann Justus. »Aber nachdem wir Miss Agawams Wohnung betreten hatten, lag es schnell auf der Hand. An den Wänden hingen sehr viele Kinderfotografien. Auf den meisten stand eine Widmung. ›Herzlichst für Miss Agatha‹ oder so ähnlich. Außerdem stand gleich neben der Tür ein Regal voller Bücher, die sie selbst verfasst hatte. Mir sind ein paar Titel besonders aufgefallen, zum Beispiel die ›Sieben kleinen Kobolde‹. Daraus schloss ich, dass sie viel über solche Fantasiegeschöpfe geschrieben haben musste und dass sie wahrscheinlich ihre kleinen Leser aus der Nachbarschaft zum Spaß Gnome, Zwerge und Elfen nannte.«
    »Alle Achtung«, lobte Mr Anderson. »Aber worauf lief das Ganze denn nun hinaus? Miss Agawam hatte doch einen Fall für euch, oder irre ich mich da?«
    »Deshalb rufe ich doch an. Meine Geschichten wurden früher einmal sehr viel gelesen und ich verdiente eine Menge Geld damit. Das ist natürlich nun sehr lange her – viele Jahre, noch bevor die drei ??? überhaupt auf der Welt waren. Aber damals kamen oft Kinder zu mir zu Besuch und baten mich, in ihren Büchern zu unterschreiben.«
    Der Moderator warf einen nervösen Blick zur Uhr. »Ich unterbreche Sie nur ungern in ihrem Redefluss, Madam, aber könnten Sie sich ein bisschen kürzer fassen? Es warten noch eine Menge anderer Leute in der Leitung, die auch gern ein paar Worte mit meinen Gästen wechseln wollen.«
    »Sie haben Recht«, entschuldigte sich die alte Dame. »In der heutigen Zeit muss ja alles schnell gehen. Obwohl ich all die Jahre über Gnome geschrieben hatte, war ich doch nicht darauf gefasst, sie plötzlich leibhaftig vor mir zu sehen. Aber genau das geschah.«
    »Im Telegrammstil, bitte«, drängte der Moderator die Anruferin zur Eile.
    »Normalerweise habe ich einen sehr festen Schlaf. Aber irgendwann wachte ich gegen Mitternacht auf und hörte ein seltsames Geräusch. Es klang, wie wenn jemand tief im Boden mit einer Hacke im Gestein arbeitet. Ich stand auf, ging ans
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