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Rütlischwur

Rütlischwur

Titel: Rütlischwur
Autoren: Michael Theurillat
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seine Hand ausstrecken und ihn darum bitten würde.
    »Liest du eigentlich keine Zeitung hier in der Pampa?«
    »Keine Schweizer Presse jedenfalls«, sagte der Kommissar.
    »Es steht in allen Zeitungen … Financial Times , Wall Street Journal , Herald Tribune  …« Banz machte eine umfassende Handbewegung. »Die ganze Welt weiß jetzt, dass man von Schweizer Banken Kundendaten kaufen kann. Es findet sich immer einer, der bereit ist, für eine Stange Geld das eigene Haus zu verraten … Loyalität ist tot, Diskretion nur noch eine Floskel. Das wird den Schweizer Finanzplatz mittelfristig ruinieren, glaub mir. Es ist pures Glück, dass der Name meiner Bank noch nirgends aufgetaucht ist. Aber das kann sich morgen ändern. Wir sind mit diesem Geschäftsmodell gegen die Wand gefahren. Und es ist nicht einmal alles falsch, was darüber geschrieben wird.«
    »Über das Schweizer Bankgeheimnis?«
    »Ja, zum Teufel!« Banz nickte resigniert. »Nur, recht haben ist das eine – schweigen sollten sie trotzdem!«
    Eschenbach gab sich einen Ruck, rutschte auf seinem Sessel etwas nach vorne und überlegte. Er hatte nicht vor, mit Banz die hausgemachten Probleme der Finanzindustrie zu erörtern. »Die politische Diskussion rund um das Schweizer Bankgeheimnis …«, fing er an und faltete dabei die Hände. »Diese Debatte ist doch nicht dein wirkliches Problem, Jakob. Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist dein Compliance Officer getürmt. Da liegt doch der Hund begraben. Ob er Kundendaten hat mitgehen lassen, weißt du nicht – das ist also noch offen.«
    Banz nickte ungeduldig.
    »Und damit solltest du besser zur Polizei. Die wird, entsprechend der Lage der Fakten, eine Untersuchung einleiten. Und was mich betrifft«, an dieser Stelle machte Eschenbach eine kurze Pause, »ich werde dann sehen, was ich tun kann.«
    Der Bankier rieb seine Finger gegeneinander, bevor er seine Hände zu Fäusten ballte. »So geht es nicht«, sagte er stockend. »Meine Situation ist absolut vertraulich. Ich bitte dich!«
    Der Kommissar zuckte mit den Schultern. Er sah zu Corina, die etwas gelangweilt am Champagnerglas nippte und Oleanderbüsche betrachtete.
    »Herrgott, bist du schwer von Begriff«, fuhr Banz fort. »Weshalb meinst du, dass ich hierhergeflogen bin, keine Mühe gescheut habe, dich ausfindig zu machen? Ich möchte, dass du die Sache übernimmst.«
    »Wie gesagt, ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Banz schüttelte den Kopf. »Nicht als Polizist natürlich. Ich bin zu dir gekommen, weil ich dir hundertprozentig vertraue. Als Freund. Ums kurz zu machen: Die Banque Duprey möchte dir ein Angebot unterbreiten.«
    Eschenbach war überrascht. Und der Blickwechsel mit Corina bestätigte, dass auch sie aufgehorcht hatte. Wieder Banz zugewandt, fragte er: »Und als was willst du mich engagieren?«
    »Als Nachfolger von Dubach.«
    »Ist das der getürmte Compliance -Mensch?«
    »Ich weiß nicht, ob er getürmt ist. Verschwunden, das ist vielleicht der bessere Ausdruck dafür. Und es wäre deine Aufgabe herauszufinden, weshalb, wohin und warum. Du bist studierter Jurist – zudem hast du eine erfolgreiche Beamtenlaufbahn vorzuweisen. Es wäre für mich ein Leichtes, dich als Nachfolger von Peter Dubach zu installieren. Du kommst, er geht.« Der Bankier ruderte mit den Armen wie ein Verkehrspolizist. »Ein simpler Wechsel, wie er in unserer Branche beinahe täglich vorkommt. Wir haben Leute, die so was perfekt kommunizieren können.«
    »Du willst es also vertuschen.«
    »Nein!« Banz schüttelte den Kopf. »Aber wenn ich sage, mein Chief Compliance Officer ist verschwunden, dann ist das so, wie wenn die katholische Kirche mitteilen lässt, der Papst sei ihr abhandengekommen.«
    Der Bankier gluckste und sah Eschenbach flehend an.
    »Und wenn du einen Nachfolger präsentierst, dann glaubst du, es kommen keine Fragen?«
    »Doch, bestimmt. Aber Fragen, die wir beantworten können. Köbi Kuhn geht, Hitzfeld kommt! Das ist doch eine ganz andere Sache. Da sind wir proaktiv, verstehst du? Im driver seat sozusagen. Gerade im jetzigen Umfeld, in dem gelogen, gestohlen und betrogen wird. Dass ich da jemanden von deinem Format hole … und mit deinem Ruf. Glaub mir, das ist ein perfekter Schachzug.«
    Eine kurze Pause entstand.
    Weil Eschenbach weder zustimmend noch ablehnend re­agierte, setzte Banz zu einem neuen Monolog an.
    » Compliance ist in den letzten fünfzehn Jahren zu einer heiligen Kuh hochstilisiert worden. Früher gehörte es
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