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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar
Autoren: Sam Eastland
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Pekkala ein. Der würzige Tabakgeruch überflutete seine Sinne. Er sah, wie der junge Mann häufig die Pfeife aus dem Mund nahm, sie betrachtete und sich daraufhin wieder zwischen die Zähne schob, was mit einem leisen Klacken einherging, als würde ein Schlüssel in einem Schloss umgedreht.
    Er hatte die Pfeife noch nicht lange, mutmaßte Pekkala. Er zog die Pfeife den Zigaretten vor, weil er glaubte, er würde dadurch älter wirken.
    Hin und wieder sah der Kommissar auf die roten Sterne an den Unterarmen, als erstaunte ihn ihr Anblick. Wahrscheinlich lag seine Beförderung noch nicht lange zurück.
    Je mehr er über diesen Mann erfuhr, umso weniger erschloss sich Pekkala, was dieser im Wald tat. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass ihm der Kommissar sogar so etwas wie Bewunderung abnötigte: Er drang nicht in seine Hütte ein, sondern blieb eisern auf dem harten Baumstumpf sitzen.
    Die Nacht brach herein, Pekkala lehnte sich gegen einen Baum, hielt sich die Hände vor den Mund und wärmte sie mit seinem Atem, merkte, wie er schläfrig wurde, wie er mit einem Ruck erwachte und feststellte, dass Nebel aufgezogen war, der den Geruch von totem Laub und Erde mit sich gebracht hatte.
    Er sah zur Hütte. Der Kommissar hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Mit verschränkten Armen saß er auf dem Stumpf, das Kinn ruhte auf der Brust. Seine leisen Schnarchgeräusche hallten über die Lichtung.
    Am Morgen wird er fort sein, dachte sich Pekkala. Er zog den ausgefransten Kragen seines Mantels hoch und schloss erneut die Augen.
    Am Morgen allerdings, stellte Pekkala überrascht fest, war der Kommissar immer noch da. Er war von seinem Baumstumpf gefallen und lag auf dem Rücken, ein Bein ruhte noch auf dem Stumpf, als wäre er eine von ihrem Podest gestürzte Statue in Siegerpose.
    Jetzt, dachte sich Pekkala, wird er hoffentlich bald zu Verstand kommen und mich in Ruhe lassen.
    Der Kommissar erhob sich, griff sich mit den Händen in den Rücken und stöhnte. Und plötzlich drehte er sich um und starrte unumwunden zu der Stelle, wo Pekkala sich versteckte. »Kommen Sie jetzt endlich da raus?«, rief er.
    Pekkala war, als wäre ihm Sand ins Gesicht geworfen worden. Zögernd trat er aus dem Schutz des Baumes und stützte sich auf seinen nagelbewehrten Stock. »Was wollen Sie?« Er sprach so selten, dass sich seine Stimme in seinen Ohren fremd anhörte.
    Die roten Beulen im Gesicht des Kommissars zeigten deutlich, wo die Mücken ihn gestochen hatten. »Sie sollen mit mir kommen«, sagte er.
    »Warum?«, fragte Pekkala.
    »Wenn Sie gehört haben, was ich Ihnen zu sagen habe, werden Sie freiwillig mitkommen.«
    »Sie geben sich sehr optimistisch, Kommissar.«
    »Die Leute, die mich geschickt haben …«
    »Wer hat Sie geschickt?«
    »Sie werden Sie früh genug kennenlernen.«
    »Und haben Ihnen diese Leute auch gesagt, wer ich bin?«
    Der junge Kommissar zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass Ihr Name Pekkala lautet und dass Ihre wie auch immer gearteten Fertigkeiten jetzt anderweitig vonnöten sind.« Er sah sich auf der fahlen Lichtung um. »Ich hätte mir gedacht, Sie würden vor Freude in die Luft springen, wenn Sie von diesem gottverlassenen Ort fortkönnten.«
    »Sie und Ihre Leute haben Gott verlassen.«
    Der Kommissar lächelte. »Man sagte mir, Sie seien ein schwieriger Mensch.«
    »Man scheint mich zu kennen«, erwiderte Pekkala. »Wer immer diese Leute auch sind.«
    »Man sagte mir auch«, fuhr der Kommissar fort, »dass Sie mich wahrscheinlich töten, bevor ich Sie überhaupt zu Gesicht bekommen habe, falls ich mit einer Waffe hier aufkreuze.« Der Kommissar hob die offenen Hände. »Wie Sie sehen, habe ich mich an diesen Ratschlag gehalten.«
    Pekkala trat auf die Lichtung. In seinen zusammengeflickten Lumpen ragte er wie ein prähistorischer Riese über dem herausgeputzten Kommissar auf. Zum ersten Mal seit Jahren wurde ihm der Geruch seines ungewaschenen Körpers bewusst. »Wie heißen Sie?«, fragte Pekkala.
    »Kirow.« Der junge Mann streckte den Rücken durch. »Kommissar Kirow.«
    »Und wie lange sind Sie schon Kommissar?«
    »Einen Monat und zwei Tage.« Leise fügte er hinzu: »Heute eingeschlossen.«
    »Wie alt sind Sie?«, fragte Pekkala.
    »Fast zwanzig.«
    »Leutnant Kirow, Sie müssen jemanden ziemlich verärgert haben, wenn Sie mit der Aufgabe betraut wurden, mich zu holen.«
    Der Kommissar kratzte sich an den Mückenstichen. »Sie müssen selbst ein paar Leute ziemlich verärgert haben,
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