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Rote Gruetze mit Schuss

Rote Gruetze mit Schuss

Titel: Rote Gruetze mit Schuss
Autoren: Krischan Koch
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Handschellen quetschen ihr bei jeder Bewegung die Haut schmerzhaft ein.
    »Wenn Sie erpresst worden sind, stellt sich die Frage: Womit? Entweder hat Ketels beobachtet, wie Sie seine Frau erstickt haben ...«
    »Was, bitte, habe ich mit Ketels’ Frau zu schaffen?«, blökt von Rissen.
    »... oder wie Sie seinen Schwager Brodersen erschossen haben. Denn der soll ja wohl auch etwas mit Ihrer Frau gehabt haben.« Hinter ihrem Rücken schnappt leise die Handschelle auf. Nicole lässt sich nichts anmerken.
    »Brodersen, dieser eitle Gockel, hat sich hier breitgemacht.« Statt des Löffels nimmt von Rissen die Pistole zur Hand. »Früher, unter Ehrenmännern, hätte man das mit zwei Pistolen im Morgengrauen vor dem Deich geregelt.« Er blickt versonnen auf die Walther P99, lässt kurz das Magazin herausspringen und schiebt es wieder in den Griff zurück.
    »Herr von Rissen, werden Sie vernünftig und lassen Sie uns dieses Theater doch beenden.« Nicole hat jetzt eine Hand aus der Handschelle befreit. Möglichst ohne ein Geräusch zu machen, zieht sie die leere Handschelle hinter dem Messingring des Herdes hervor.
    »Theater?«, brüllt er. »Da verkennen Sie Ihre Situation mal nicht, mein liebes Frollein.«
    »Außerdem wird mein Kollege gleich hier sein.«
    »Wenn wir beiden bis dahin nicht eine Kugel im Kopf haben.« Mit starrem Blick legt er die Waffe wieder neben seinen Teller. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mich in die Hände dieser ... dieser ... Behörden begebe, dieser bürgerlichen Strafverfolgung. Das ist für einen von Rissen schlicht inakzeptabel.«
    Nicole wird es nun doch zunehmend mulmig. Dieser Verrückte will sie hier doch nicht etwa beide exekutieren? Sie muss unbedingt an ihre Waffe kommen. Irgendwie muss sie von Rissen überraschen. Er sitzt gerade mal zwei Meter entfernt von ihr hinter seinem Teller mit dieser idiotischen Grütze. Sie muss den richtigen Augenblick erwischen. Er muss abgelenkt sein. Obwohl sie die Hände frei hat, hält sie beide versteckt hinter ihrem Rücken.
    War da draußen etwa ein Geräusch? War da nicht ein Schatten am Fenster? War das ein blonder Frontspoiler? Bitte, lass es Thies sein! Nicole hört laut ihr eigenes Herz rasen.
    Anscheinend hat von Rissen auch etwas bemerkt, denn ruckartig hebt er den Kopf und schaut zum Fenster. Das ist der Moment, auf den Nicole gehofft hat. Ohne groß zu überlegen, reißt sie beide Arme nach vorne und stürzt auf den Tisch zu. Und auf einmal geschieht alles gleichzeitig. Als von Rissen Nicole auf sich zukommen sieht, greift er überraschend schnell zur Pistole. Er zielt nicht auf die Kommissarin, sondern hält sich den Lauf der Walther in den Mund.
    »Nein! Nicht!«, schreit Nicole. Mit einem Hechtsprung ist sie neben von Rissen und will ihm die Waffe entreißen. Aber sie kommt den entscheidenden Bruchteil einer Sekunde zu spät. Onno von Rissen dreht kurz den Kopf und drückt ab. Erst dann kann sie ihm die Pistole entreißen.
    Einen Moment lang starrt er die Kommissarin fast erstaunt an, dann quillt Blut aus seinem Mund und tropft in den Teller. In der Milch zeichnet sich augenblicklich ein rosaroter Strahlenkranz ab. Langsam fällt von Rissen mit dem Gesicht in den Teller mit Antjes Roter Grütze.
    Wie gelähmt steht Nicole, die Waffe in der rechten Hand, neben dem Tisch. Im selben Moment öffnet sich die Tür, und Thies Detlefsen stürmt mit gezogener Waffe, ebenfalls einer Walther P99, in die Kutscherwohnung. Die beiden Polizisten stehen sich gegenüber. Für einen Moment hat es beiden die Sprache verschlagen.
    Thies findet sie als Erster wieder. »Dat war Notwehr, Nicole. Kann ich bezeugen.«

36
    Nach dem heißen Mai folgte ein kalter, vollkommen verregneter Frühsommer. Die Ermittlungen in den spektakulären Fredenbüller Todesfällen sind abgeschlossen. Die genauen Umstände des Mordes an Swaantje Ketels konnte die Polizei nie ganz klären. Und auch die Umschläge mit den erpressten Geldern in dem DLRG-Kasten wurden nie gefunden. Im ›Nordfriesland-Boten‹ erschienen reißerische Reportagen über den »Gegrillten Vertreter der Nürnberger« und den »Showdown auf Gut Rissen«. Thies und Nicole mussten als »Dreamteam von der Küste« vor den verschiedenen Tatorten posieren, ein Foto zeigt auch Susi vor »De Hidde Kist« mit einem roten Damenpumps im Maul. Die Schließung der Polizeinebenstelle Fredenbüll ist nach diesen Ereignissen erst mal vom Tisch.
    Nicole Stappenbek ist längst abgereist. Jörn Brodersen, Swaantje
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