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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Landrat Neiderhell hatte noch
nicht ganz das Format eines Nicolas Sarkozy, aber dessen Statur. Er nickte
Nadeschda gewichtig zu und klatschte.
    Bei dem Wort »selbstlos« huschte ein eigenartiges Lächeln über das
Gesicht von Felix Gubkin. Wie ein Prinzgemahl saß er an der Seite seiner Frau.
Er blieb gern sitzen. Denn im Sitzen wirkte er größer, als wenn er stand.
Gubkin war mittelgroß, sportlich, sah gut aus, hatte schulterlanges Haar, blaue
Augen und zartgliedrige Klavierspielerhände, die den Anschein erweckten, ihr
Besitzer könne keiner Fliege etwas zuleide tun. Der personifizierte Schöngeist,
der Förderer und Spender. Das Konzept seiner Berater, ein positives Image zu
erzeugen, hatte er umfassend erfüllt.
    Champagnerfarbenes Licht, Blumenbouquets aus Lilien und Amaryllis
und mediterrane Lüftlmalerei gaben dem Gartensalon Eleganz und Charakter. Die
Längsseite des Raums zierten gemalte Rundbögen. Mit barocken Stucketten
ergänzten sie sich zum Bild eines sommerlichen Schlossgartens. An der
Fensterseite saß die Ferres. Nicht nur sie hatte von dort aus einen
phantastischen Blick auf das bizarre Kampenwand-Massiv.
    Mehrere Reden folgten, denen Felix Gubkin mit gespielter
Aufmerksamkeit folgte. Seine Gedanken waren woanders. Und seine Augen bei
Kosmos, seinem Leutnant. Der stand seitlich des Haupteingangs. Nichts entging
seinen Augen.
    Kosmos war Kompaniechef in der russischen Armee gewesen. Hauptmann
    in einer Elite-Fallschirmjägereinheit, die im Juni 1999 den Flugplatz Priština im Kosovo überfallartig eingenommen hatte. Gubkin
kannte Kosmos als todesmutig und loyal. Er nickte ihm flüchtig zu. Der Mann
gehörte zu ihm wie die Schneide zum Schwert.
    Niemand hatte Kosmos je öffentlich im T-Shirt gesehen. Stets war er
korrekt gekleidet. Heute trug er einen unauffälligen Smoking mit schwarzer
Fliege. Diese Eigenart war weder eine Masche, noch entstammte sie übermäßiger
Eitelkeit. Der Grund war ein anderer: Niemand konnte die geheimen Tätowierungen
sehen, die er überall am Körper trug.
    Der Knopf im Ohr war ein Hörgerät. Es hätte auch ein iPod sein
können oder eine Laune der Natur. Die Hände waren wie zum Gebet vor dem Körper
übereinandergelegt. Nie verzog er eine Miene im runden Gesicht, nie fuhr er
sich verlegen durchs kurz geschnittene dunkle Haar. Kosmos war ein treuer
Diener seines Herrn.
    Plötzlich leuchteten seine Augen auf, und er nickte Gubkin zu. Es
war, als hätte sich eine Nachricht in sein Ohr geschlichen. Ein kaum
wahrnehmbares Leuchten, das nur Gubkin erfassen konnte.

FÜNF
    Herr Huber lächelte Ottakring an. Er rollte die Lippen
zurück und zeigte schimpansenähnlich die Zähne. Lange hielt er’s nicht aus, da
musste er niesen, und die ganze schöne Choreografie fiel in sich zusammen.
    »Herr Huber, du siehst ganz schön schuldig aus. Du bist festgenommen
und wirst abgeführt!«
    Es war schon dunkel geworden, als Ottakring und Lola Herrn Huber
Gassi führten. Der Abend war kühl, und beide waren herbstlich gekleidet. Das
Russenhaus ließen sie hinter sich liegen. Links und rechts der schmalen Straße
Häuser, keine Spaziergänger, hie und da ein Auto, in dessen Scheinwerferkegel
Herrn Hubers Augen grünrötlich fluoreszierten. Der Hund zog und hechelte, als
hätte er eine neu eröffnete Metzgerei entdeckt, und Ottakring hatte seine Mühe
mit ihm. Yoko, eine Hündin ein paar Häuser weiter, war läufig.
    »So ein Hund ist absolut nutzlos«, sagte Ottakring. »Er muss nichts
bewachen, nichts verteidigen, nichts hüten oder jagen. Er muss keinen Blinden
führen. Er wird nur verwöhnt, gestreichelt, gepflegt, getröstet, aufgemuntert
und gefüttert. Der Hund haart und macht jede Menge Dreck, wir müssten jetzt
nicht mitten in der Nacht raus, er kostet also Zeit und er kostet Geld. Wozu
braucht man eigentlich einen Hund?«
    Lola blieb stehen.
    Herr Huber keuchte angestrengt.
    »Er liebt dich«, sagte Lola. »Ich merke es vor allem, wenn du
heimkommst. Er begrüßt dich, als habe er zehn Jahre auf einem einsamen
Gletscher auf dich gewartet. Er liebt dich und ist auf dich fixiert. Ohne dich
wäre es kein Leben für ihn.«
    Das stimmt. Umgekehrt ist es ebenso, ging es Ottakring durch den
Kopf. Im Dunkeln warf er einen kurzen Blick auf Lola. Sie hatte auf die lästige
schwarze Augenklappe verzichtet. Rötung und Lidschwellung an ihrem kranken Auge
wollten nicht abklingen. Doch bei Dunkelheit konnte das niemand erkennen.
    Eine kühle Brise strich von Norden her durch das
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