Rosengift - Die Arena-Thriller

wie Mitleid. Ich weiß nicht, wie er darüber denkt – und im Augenblick interessiert mich so ein Gespräch auch nicht. Vielleicht später mal, wenn mehr Zeit vergangen ist. Im Oktober beginnt er jedenfalls sein Studium in Köln, ich glaube, Mikrobiologie. Ich bin froh, wenn er ein bisschen weiter weg ist. Und auch Helen findet es, glaube ich, besser, als wenn er hierbleibt. Mit Juliane hat Miguel seit dem Vorfall im Krankenhaus keinen Kontakt mehr. Sie ist immer noch in U-Haft. Miguel muss sogar als Zeuge gegen sie aussagen und ich natürlich auch. Miguel muss demnächst auch noch vor Gericht, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bedrohung und Stalking vor, aber ich werde nicht gegen ihn aussagen, das kann ich einfach nicht – schon wegen Tante Helen. Ihre Verhandlung wird aber erst im Winter stattfinden, so wie es aussieht. Das hat mir die Kommissarin neulich erzählt, als sie mich besucht hat und wissen wollte, wie ich die ganze Sache verkraftet habe. Ganz ehrlich: Ich hoffe, Juliane bekommt ein paar Jahre aufgebrummt oder wandert in die Klapse! Meine Geige ist repariert worden. Ich versuche es dann nächstes Jahr beim Jugendwettbewerb, falls ich Lust dazu habe. Anna hat mit Schlagzeug angefangen und Nicole möchte tatsächlich bei DSDS vorsingen, obwohl Anna und ich das ziemlich bescheuert finden. Hey – gerade wo ich das schreibe, kommt mir eine Idee: Wir sollten vielleicht lieber eine eigene Band gründen: Anna, Nicole und ich. Wie fändest du das? Wir haben jetzt einen Hund, einen braunen Retriever. Er heißt Paul, ist zwei Jahre alt und kommt aus dem Tierheim. Angela hat sich an ihn gewöhnt, nur wenn Enzo da ist, müssen wir ihn wegsperren. Ich schicke dir im Anhang ein Foto von Paul, damit du weißt, wie er aussieht. Im Moment ist hier Chaos, ein Gerüst steht um das ganze Haus herum. Tante Helen hat auf der Tournee so viel Geld verdient, dass unser Haus jetzt neue Fenster kriegt und frisch verputzt wird. Lieber Patrick, ich wünsche dir eine ganz tolle Zeit bei deinem Auslandsschuljahr in Kanada. Das war bestimmt eine gute Entscheidung. Ich weiß nicht, wie es ist, wenn sich Eltern trennen, aber nach dem, was du mir über deinen Vater gemailt hast, hat deine Mutter sicher das Richtige getan. Berichte mir bald, wie es dir geht und ob du in Kanada Freunde gefunden hast. Freunde sind ganz wichtig, das habe ich gemerkt. Hab viel Spaß!
    Deine Matilda
    PS: Diese Woche kommt Christopher aus dem Krankenhaus und in eine Reha-Klinik. Er wird zum Glück wieder ganz gesund werden. Wir sind jetzt nur noch Freunde. Du hattest recht, er steckt da in ein paar Sachen drin, mit denen ich lieber nichts zu tun haben will. Außerdem bin ich nicht sicher, ob da nicht immer noch was zwischen ihm und seiner Exfreundin läuft. Jedenfalls hat sie ihn ständig im Krankenhaus besucht…
    Matilda las sich die Mail noch einmal durch. Ehe sie sie abschickte, löschte sie den Abschnitt, den sie unter PS geschrieben hatte. Jungs müssen nicht alles wissen, dachte sie. Dann rief sie Anna an, um ihr von ihrer Idee mit der Band zu erzählen.