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Rosenfolter

Rosenfolter

Titel: Rosenfolter
Autoren: Friederike Schmöe
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Handy. Sie shampoonierte
ihr kurzes Haar.
    Es stimmte eigentlich
nicht, was sie vorhin zu Sabine gesagt hatte. Sie mochte ihren Job. Wenn sie es
genau nahm, hatte sie nicht viel mit wirklichen Kriminellen zu tun. Sie regelte
die Angelegenheiten von Leuten, die irgendwelche Seitenwege eingeschlagen hatten
und nun nicht mehr zurückfanden. Die sich Feinde gemacht hatten. Aber mit Mord kam
sie kaum in Berührung. Gut, sie war mit dem Leiter der Mordkommission liiert. Liiert .
Ein Wort, das Hardo kategorisch ablehnte. Sie waren zusammen. Katinka spülte ihr
Haar aus. Sie waren ein Paar. Klang schon besser. Sie nahm die Brause in die Hand
und stellte auf ›kalt‹. In kreisenden Bewegungen duschte sie ihre Beine bis zu den
Hüften ab. Dann dasselbe mit warmen Wasser. Dann wieder mit kaltem.
    Sie waren ein Paar,
das nicht recht wusste, wie es weitergehen sollte. Wenn es nach Hardo ging, blieb
der Status quo bestehen. Ende der Fahnenstange. Katinka stellte die Dusche ab und
rubbelte ihre krebsrote Haut trocken. Immerhin hatte Hardo eine Scheidung hinter
sich. Sie selbst stand auch nicht gerade auf Hochzeiten. Vor allem nicht auf das
Klimbim drumrum. Doch wenn sie einfach so weiterlebten, gab es kein Ziel. Und ohne
Ziel keine Perspektive. Sie schlang das Handtuch um ihr nasses Haar und ging in
die Diele, um die neue Nachricht auf dem Handy abzuhören.
    »Dante Wischnewski
hier. Ich habe gehört, auf dem ERBA-Gelände gibt’s ordentlich Ärger? Rufen Sie mich
zurück!«
    Pfff, machte Katinka.
Sie zog ein Paar saubere Jeans an, ein T-Shirt und einen von Hardos Troyern, den
er hier bei ihr vergessen hatte. Der dicke Wollstoff schenkte ihr die Illusion von
Schutz und Wärme. Sie setzte Kaffee auf und legte ein leeres Blatt und einen Stift
auf den Küchentisch.
    Es war eine Sache,
sich daran zu gewöhnen, dass man allein lebte. Man richtete sich ein. Man genoss
die Vorteile. Fernsehprogramm alleine bestimmen. Niemandem hinterherräumen müssen.
Keine Kontrolle, keine Kompromisse.
    Als Tom sie verlassen
hatte, war es hart gewesen. Die leere Wohnung, die vorwurfsvollen Wände, nachdem
ihr Ex seine Sachen weggebracht hatte. Danach hatte sich die Wohnung Schritt für
Schritt verwandelt. In eine Zwischenstation, ein Experiment mit sich selbst. Katinka
wollte herausfinden, wohin ihr Leben trieb, aber dann hatte sie schnell begriffen,
dass alles auf Hardo hinauslief, sich längst subtil in diese Richtung entwickelt
hatte.
    Die Kaffeemaschine
ließ ein entschiedenes Fauchen hören. Katinka goss sich eine Tasse ein und betrachtete
das leere Blatt. Noch schien alles möglich. Sie würde jetzt Wellmann anrufen und
ihn wegen der Unterschrift unter Druck setzen. Dann hätte sie das Haus gekauft und
wäre ins kalte Wasser gesprungen. Sie musste anfangen, Nägel mit Köpfen zu machen.
Über Entscheidungen bloß nachzudenken, half selten.
    Sie schrieb ›Makler‹
auf das Blatt und war damit nicht zufrieden. Ihr Telefon klingelte. Sie hatte Dante
im Verdacht und ging ran, nuschelte absichtlich und übertrieben.
    »Palfy?«
    Es war eine ganze
Weile still in der Leitung.
    »Wer?«, fragte
schließlich eine Stimme. Eine dunkle, heisere Stimme.
    »Wer spricht denn
da?«, gab Katinka zurück.
    Jedenfalls nicht
Dante, dachte sie, als es nach gefühlten drei Ewigkeiten endlich in der Leitung
klickte. Sie ärgerte sich, ihr Telefon noch nicht umgerüstet zu haben, um die Nummer
von Anrufern im Vorhinein zu erkennen.
    Grüblerisch trank
sie ihren Kaffee. Setzte die Namen ›Emma Theiss‹ und ›Dante Wischnewski‹ auf das
Blatt. Kritzelte ›Max Walters‹ dazu.
    Goss sich eine
weitere Tasse Kaffee ein. Schrieb ›Wie geht es Linda Roose?‹
    Zu viele Bruchstücke.
Ein verlassener Kanadier am Fluss. Ein nebliger Morgen.
    Sie musste mehr
wissen. Wann war Walters gestorben? Wann hatte man angefangen, ihn zu foltern? Und
wo? Woher kam die Rose? Ging es um Liebe? Waren genauer gesagt eine Affäre, heiße
Eifersucht und stürmischer Hass das Motiv? Wann war er in dem Kanadier hinüber aufs
Landesgartenschaugelände gebracht worden? Und warum?
    Wenn es eine Warnung gegen die Großveranstaltung sein sollte, warum fand
niemand ein Bekennerschreiben? Oder irgendeinen Text, in dem sich jemand erklärte?
So lief das normalerweise. Aber bereits die anderen Körperteile waren ohne Begleitkommentar
dort abgelegt worden, wo man sie gefunden hatte. Wie sollte man sich auf ein Ohr,
einen Finger und eine Hand einen Reim machen? Und stets war die Rose im Spiel.
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