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Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Rosehill 01 - Die Tochter des Lords

Titel: Rosehill 01 - Die Tochter des Lords
Autoren: Julie Garwood
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winkte sie zu sich. Hand in Hand überquerten sie die Wiese.
    »Morgen werde ich lügen, Mary Rose.«
    »Im Gerichtssaal?«, fragte sie erstaunt.
    »Ich tu’s nur, wenn du’s erlaubst.«
    »Niemals würdest du vor Gericht lügen«, erwiderte sie nachdenklich. »Das widerspricht deinem Ehrgefühl. Also tust du’s Adam zuliebe. Auch mich würdest du belügen, aber …«
    »Ich habe dir versprochen, dich nie mehr anzulügen, und ich werde mein Wort nicht brechen.«
    »Es sei denn, ich bin damit einverstanden.«
    »Ja.«
    »Also gut.« Lächelnd wandte sie sich zu ihm. »Ich vertraue dir. Tu, was du tun musst. Um mich mach dir keine Sorgen.«
    Gerührt drückte er ihre Hand. »Danke.«
    »Für mein Vertrauen?«
    »Und für deine Liebe. Und weil du so bist, wie du bist.«
    »Küß mich, dann weiß ich, dass du’s ernst meinst.«
    Bereitwillig erfüllte er diesen Wunsch, dann kehrten sie schweigend zum Haus zurück. »Jetzt werde ich ausreiten«, erklärte Harrison. »Dabei kann ich am besten nachdenken.«
    Travis stand auf der Veranda und beobachtete, wie sein Schwager den ungesattelten MacHugh aus dem Stall holte, bei der Mähne packte und sich auf seinen Rücken schwang. Dann sprengte der Hengst den Hang hinauf. »Der reitet ja wie ein Indianer. Was hat er vor?«
    »Oh, er will nur nachdenken«, entgegnete Mary Rose.
    »Dein Vater möchte dich Klavier spielen hören. Bist du dazu fähig?«
    »Sicher, mir geht’s gut«, log sie. Nun, die Musik würde sie von ihren Sorgen ablenken. Sie ging in den Salon und setzte sich auf den Klavierhocker. Erwartungsvoll stand ihr Vater neben dem Instrument.
    »Was willst du spielen, meine Tochter?«
    Die Brüder sahen Mary Roses Miene und wussten sofort, welches Stück sie vortragen würde. »Die Fünfte«, verkündeten sie wie aus einem Mund.
    Und sie behielten recht.
     
    Zu Mary Roses Leidwesen schien am Freitagmorgen die Sonne. Sie hätte ein heftiges Gewitter mit Blitz und Donner bevorzugt, denn dann wären die Neugierigen in ihren Heimatstädten geblieben, wo sie hingehörten. Sie fuhr mit ihrem Vater im Zweispänner, Harrison ritt mit Cole und Douglas voraus, und Travis bildete die Nachhut.
    Kurz vor dem Stadtrand hielt Harrison die kleine Prozession an. »Fühlst du dich gut, Mary Rose? Es wäre schrecklich, wenn du dich im Gerichtssaal übergeben müsstest.«
    »Das wird sicher nicht passieren.«
    »Adam, irgendwo las ich, die Sklaven hätten ihren Besitzer nur anschauen dürfen, wenn sie dazu aufgefordert wurden. Stimmt das?«
    »Ja. Wenn ein Sklave seinen Herren ansah, war das unverschämt. Warum fragst du?«
    »Weil ich’s gestern Abend vergessen habe!«, fauchte Harrison.
    »Wenn du auf der Anklagebank sitzt, musst du Livonias Söhne anstarren, unverwandt und ausdruckslos. Während sie aussagen, darfst du sie nicht aus den Augen lassen. Und wenn ich dir zuwinke, musst du eine verächtliche Miene aufsetzen.«
    »Das wird ihnen gar nicht gefallen«, warnte Adam.
    »Hoffentlich nicht. Und die anderen? Wisst ihr alle, was ich euch aufgetragen habe?« Er wartete, bis sie nickten, dann fügte er hinzu: »Was immer ihr im Gerichtssaal hören werdet, glaubt niemandem. «
    »Nicht einmal dir?«, fragte Mary Rose.
    Natürlich wollte er ihnen nicht verraten, dass er zu lügen beabsichtigte. Die schlechten Neuigkeiten durften sie erst erfahren, wenn sich die Geschworenen zurückgezogen hatten. »Was immer ich erzähle oder tue, was immer ein Zeuge erzählen mag – schaut weder erstaunt noch zornig drein. Hörst du, Cole?«
    »Ja.«
    »Gut, bringen wir’s hinter uns.«
    Sie setzten ihren Weg fort, und auf der Hauptstraße von Blue Belle kamen sie nur langsam voran, weil sich bereits eine große Menschenmenge versammelt hatte. Richter Burns gewährte den Gaffern noch keinen Zutritt in den Saal. Als die Claybornes auftauchten, wurden sie teils bejubelt, teils beschimpft. Mary Rose stellte sich taub, aber das fiel ihr sehr schwer.
    Am Arm ihres Vaters betrat sie den Saal, gefolgt von Harrison und den Brüdern. Burns saß bereits hinter dem Richtertisch und winkte die Familie zu sich. Aus allen Häusern waren verschiedene Stühle geholt und in ordentlichen Reihen aufgestellt worden, mit einem breiten Mittelgang. An der rechten Seite, etwa fünfzehn Schritte vom Richtertisch entfernt, standen zwölf Stühle für die Geschworenen, jeweils sechs in einer Reihe.
    »Hallo, William!«, begrüßte der Richter Mary Roses Vater. »Ein betrüblicher Tag, was?«
    »Allerdings, Euer
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