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Rosa Rosen

Rosa Rosen

Titel: Rosa Rosen
Autoren: Ashley Bloom
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haben.
    Nathan lud mich also zum Essen ein. Es gibt nicht mehr viele Lokale, wo wir eingelassen werden, doch da ist noch ein jüdisches Restaurant in der Innenstadt, in das er mich ausgeführt hat.
Wir haben den ganzen Abend geredet. Er ist so nett, wirklich. Und er versteht mich und meine Ängste. Er hat sogar zugegeben, auch Angst zu haben, wo die Jungs doch sonst immer die Starken spielen.
    Ich hoffe, der Krieg ist bald zu Ende und Ihr kommt wieder heim, dann kann ich ihn Dir vorstellen. Ach, Abby, ich glaube, ich bin zum ersten Mal so richtig verliebt. Und dieses wundervolle Gefühl nimmt mir all meine Sorgen.
    Deine verliebte Freundin Rachel
 
    *
    Abigail wusste noch genau, wie sehr sie sich mit ihrer Freundin gefreut hatte. Und erst da hatte sie ihr erzählt, dass auch sie bereits seit einem Jahr einen festen Freund hatte. Sie hatte es vorher nicht gewagt, Rachel von ihrem Glück vorzuschwärmen, während sie in Deutschland die Hölle durchmachte.
    Ja, Abigail hatte sich ebenfalls verliebt. Allerdings nicht in einen netten jüdischen Jungen, sondern in einen Amerikaner namens James. Und sie hatte ihre Eltern ganz bestimmt nicht um Erlaubnis gefragt, weil sie wusste, dass die gegen eine Beziehung sein würden. Ihr fiel immer mehr auf, wie sehr sie sich doch inzwischen von Rachel unterschied. Ihre Wege hatten irgendwann verschiedene Richtungen eingeschlagen.
    Seit Abigail in Amerika war, war sie mehr und mehr von ihrem Glauben und ihrer Herkunft abgekommen. Sie fühlte sich wie eine Amerikanerin. Sie war glücklich hier in New York und vermisste ihre alte Heimat inzwischen überhaupt nicht mehr.
Das konnte sie Rachel natürlich nicht sagen, die noch immer darauf hoffte, dass sie eines Tages zurückkommen würde. Doch das hatte sie nicht vor. Sie liebte Amerika und wollte für immer hier bleiben.
    Eines Tages setzte sich ihr Vater zu ihr und sagte: „Ich möchte dir eines sagen, mein Kind, du kannst deine Herkunft nicht verleugnen. Ob du es willst oder nicht, du bist Jüdin und wirst es immer sein.“
„Aber Papa, siehst du nicht, was uns passiert ist, nur weil wir Juden sind?“, hatte sie  trotzig erwidert.
    „ Du solltest still sein! Denn dir ist überhaupt nichts passiert. Du hattest ungemeines Glück, all dem zu entkommen. Den Juden allerdings, die in Deutschland und ganz Europa zurückgeblieben sind, widerfährt jeden Tag sehr viel Unglück. Sie müssen viel ertragen und wir wollen für sie beten, dass sie das durchstehen und dass das alles bald ein Ende hat.“
„Ach, und damit willst du mich jetzt überzeugen? Du sagst doch selbst, dass man als Jude ein schlechtes Los gezogen hat!“
Ihr Vater hatte sie daraufhin sehr enttäuscht, sogar ein bisschen wütend angesehen und war gegangen ohne ein weiteres Wort.
    Sie musste zugeben, sie fühlte sich schrecklich. Sie hätte nicht so respektlos gegenüber ihrem Vater sein dürfen. Aber es war doch die Wahrheit. Jude zu sein brachte nichts als Ärger. Ihr Vater musste sie doch auch verstehen. Sah er denn nicht, wie sehr man sie aufgrund ihrer Herkunft hasste?
    Abigail traf sich weiterhin mit James und versuchte, so unbeschwert wie möglich zu sein, wenn sie auch täglich mit neuen Nachrichten aus Deutschland konfrontiert wurde.
Sie hörte von Rachel und ihrem Onkel Jakob, dass die Juden dort jetzt ihre Pässe abgeben mussten. Ihnen wurden neue mit einem „J“ als Kennzeichnung ausgehändigt. Außerdem durften Juden keinen Führerschein mehr besitzen und mussten diesen abgeben. Von nun an durften sie also kein Auto mehr fahren. In Bahnen und Bussen dagegen fuhren sie in Judenabteilen und wurden oft wüst beschimpft. Am besten war es eigentlich, mit dem Fahrrad zu fahren oder zu Fuß zu gehen.
    Der nächste Brief von Rachel sagte aus, wie schlimm es inzwischen wirklich stand.
 
    *
    28. Dezember 1939
    Liebe Abby,
    in diesem Jahr hatte ich zum ersten Mal keinen Spaß daran, Chanukka zu feiern. Wie auch, wenn es weder Geschenke noch ein Festmahl gibt?
    Seit Vater nicht mehr arbeiten darf, leben wir in Armut. Wir bekommen Essensmarken, mit denen wir uns in für Juden erlaubte Läden das Nötigste holen können. Ich bin schon seit Wochen nicht mehr satt geworden.
    Vater musste seinen Führerschein abgeben und sie haben unser Auto abgeholt. Und weißt du, was noch? Unser Radio! Sie haben es uns einfach genommen! Sie haben Angst, dass wir ausländische Sender reinbekommen und zu viel mitkriegen. Neulich hat Vater heimlich gehört, wie die Briten über die
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