Rosa Rosen

gewünscht hatten. Er hieß Gabriel Katz und war damals Anfang der 30er Jahre von Polen nach Amerika gekommen. Er war ein guter Mann und verstand ihre Vergangenheit. Er kam mit den vielen Tränen klar, den Alpträumen und der Trauer. Auch er hatte viel erlitten und gemeinsam schafften sie es, sich ein „Leben danach“ aufzubauen.
    Leider sollte es Abigail verwehrt bleiben, Kinder zu bekommen. Doch sie hatte Dans Kinder Laura und Levi sehr ins Herz geschlossen. Laura war es auch, die sich noch heute um Abigail kümmerte, die zweimal in der Woche bei ihr vorbeischaute, um ihre Wohnung ein bisschen sauberzumachen und nach dem Rechten zu sehen. Gabriel hatte sie leider bereits vor achtzehn Jahren verlassen, nachdem er lange gegen den Prostatakrebs angekämpft hatte.
    Nun hatte Abigail niemanden mehr. Sie war 90 Jahre alt und allein.
 
    *
    Sie nahm die Kette aus der Schachtel und betrachtete den Herzanhänger. Die Erinnerungen an James waren schön. Sie wollte sie nicht missen. Sie band sich die Kette um, fragte sich, wieso sie sie jemals abgenommen hatte.
    Dann nahm sie die Briefe in die Hand. Vielleicht würde sie sie beim nächsten Besuch Laura zeigen. Nein, wohl doch nicht. Sie waren ihre Vergangenheit, ihre Schätze, ihr Geheimnis. Sie wollte sie mit niemandem teilen.
    Als Letztes nahm sie die rosa Rosenblätter, legte sie auf ihre Hand und roch noch einmal daran. Sie fühlte sich fast wieder wie dreizehn, mit Rachel im Rosengarten sitzend und lachend.
    Sie lächelte durch ihre Tränen. Dann legte sie den Deckel zurück auf die Schachtel und umschloss die Rosen mit den Fingern.
    Mit den Rosen und den Erinnerungen ging sie endlich ins Bett.
    Sie blickte nach oben und ihr Mund verzog sich zu einem wissenden Lächeln.
    Ihre Zeit war gekommen. Bald würde sie wieder mit Rachel vereint sein.
Und zusammen würden sie im Himmel in Rosengärten sitzen.
    Ende

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