Romy & Alain: Eine Amour fou (German Edition)

Bodyguards sind vor Ort, schirmen die Menge an Fotografen ab, die somit nur aus der Ferne ihre Bilder schießen können. Die Augen hinter großen Sonnengläsern verborgen, die linke Hand auf dem Rücken, dierechte wie Napoleon in das graue Sakko gestreckt, sie könnte dort auch eine Waffe umfassen, wacht Delon darüber, ob die von ihm geleitete Organisation reibungslos über die Bühne gehen kann. Für die vor Schmerzen fast ohnmächtige Romy ist es der größte Liebesbeweis, den er ihr im Moment erbringen kann. Zur Trauerfeier geht Romy, betäubt von Beruhigungsmitteln, am Arm von Alain, der sie stützt und hält. Später versucht er in Romys Sinne ein schönes, ein positives Bild von David zu erhalten, meint über ihn: »Das war ein intelligenter Junge, so lebhaft, so schön. Genauso schön wie seine Mutter!« 369
    Wenige Menschen wissen in jener Zeit um Alain Delons intensive Bemühungen, Romy Schneider in ihrer schlimmsten Zeit beizustehen. Zu ihnen gehört Marlene Dietrich, die am 10. Juli 1981 an Delon schreibt:
    »Lieber Alain Delon,
    Sie sind die Ausnahme der Regel, dass schöne Männer wie Sie nicht intelligent sein sollen. Herzlichen Dank für die Blumen, trotzdem! Mir bricht aber das Herz, wenn ich an Romy denke, und ich weiß nicht, was ich machen soll – aus diesem Grund hatte ich mich bei Ihnen bedankt und bedanke mich erneut.
    Marlene.« 370 In den folgenden Tagen wechseln sich Romys Freunde bei ihr ab, sorgen dafür, dass sie nie ganz allein ist. Die Abreise von der Beerdigung ist eine Flucht. Die Fotografen konzentrieren sich auf die Limousinen der Schauspieler, während Romy auf dem Boden von Laurent Pétins Kleinwagen abtransportiert wird. Sie verbringt die nächste Zeit bei Pétins Vater, dann auf den Landsitzen von Brialy und Delon, der auch diese Art der Betreuung und Fürsorge organisiert. Immer wieder finden die Fotografen ihren Aufenthaltsort, suchen nach neuen Bildern einer gebrochenen, leidenden Frau.Selbst ihrem toten Kind hatte man im Krankenhaus das Tuch vom Gesicht gezogen, um die Fotos danach gewinnträchtig zu verschachern.
    Wie viel in Romy Schneider in diesen Tagen zerbrach, lässt sich nur erahnen, wie viel der kommenden Zeit sie nur unter schweren Medikamenten aushält. Sobald sie kann, versucht sie sich mit dem Gedanken an Arbeit abzulenken, obwohl in diesem Moment wenige daran glauben, dass sie dazu in der Lage sein wird. Am 8. September 1981 begleitet Romy Alain Delon zur Premiere seines Films Pour la peau d’un flic ( Rette deine Haut, Killer ). Es ist Romys erster öffentlicher Auftritt seit Davids Tod. Einen Arm stützt Delon, den anderen Mireille Darc. Im Hintergrund marschieren Anne Parillaud, Delons neue Freundin, und sein Sohn Anthony. Alain und Mireille lächeln ein wenig, Romys Mund versucht es auch, die Augen tun es nicht. Es entstehen die letzten gemeinsamen Fotos von ihr und Alain. Später wird Delon betroffen feststellen, dass Romy bereits nicht mehr wirklich anwesend ist. Sie ist eine beinahe geisterhafte Erscheinung, deren Augen in eine nur für sie sichtbare Ferne starren. Es ist ein Moment, den er nie vergessen wird und der im Lichte der kommenden Ereignisse immer signifikanter werden wird.
    Sobald sie physisch dazu in der Lage ist, stürzt sich Romy in die Arbeit an Die Spaziergängerin von Sans-Souci . Ihrer Umwelt gegenüber schweigt sie beharrlich, nur Raymond Danon wird regelmäßig kontaktiert, er erhält die Versicherung, dass sie den Film drehen könne. Vielleicht mehr aus Freundschaft als aus Überzeugung ist Danon dazu bereit, doch die Versicherung lehnt ab, Schneider zu finanzieren. Niemand glaubt, dass sie den Film je werde beenden können. Aber Danon respektiert Romys Flehen, er bittet den Regisseur Jacques Rouffio, den Film Romy zuliebe zu drehen, es sei die einzige Möglichkeit,ihr momentan zu helfen. So beginnen im November 1981 in Berlin die Aufnahmen zu einem Film, von dem niemand weiß, ob er in dieser Konstellation je fertiggestellt werden kann. Zu Beginn der Dreharbeiten überbrachte das gesamte Team Romy einen Strauß weißer Rosen, ein Exemplar für jedes Teammitglied. Zwei Monate später, am Ende der Aufnahmen, ließ Romy als Dank dafür einen Strauß mit rosa Rosen ausliefern, wobei ebenfalls jedem Mitglied eine Blume zugedacht war.
    Jeder im Team weiß um die angespannte Situation, sorgt sich um Romy, verhält sich entgegenkommend. Vor allem der französische Schauspieler Gérard Klein wird zu einem willkommenen neuen Freund, der sie