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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Spiegelsaal auf. Wir werden dort in Ruhe reden.«
    Pierre versprach es mit einer Kopfbewegung; der Prälat entfernte sich diskret und verlor sich in der Menge. Aber in den Ohren des Priesters summte es. Er vermochte nicht mehr zu hoffen. Was würde er in einem Tage thun, da er drei Monate verloren hatte, ohne auch nur einen Empfang beim Papst zu erreichen? In seiner Betäubung hörte er plötzlich Narcisse, der von Kunst sprach.
    »Es ist erstaunlich, wie der Frauenkörper seit unseren schrecklichen, demokratischen Zeiten zu Schanden geworden ist. Er wird dick, er wird furchtbar gewöhnlich. Sehen Sie doch, hier vor uns ist keine, die die florentinische Linie, die kleine Brust, den schlanken, königlichen Hals besitzt ...«
    Er unterbrach sich, um zu rufen:
    »O, da ist eine, die ziemlich nett ist – die Blonde, mit dem Scheitel ... die dort, an die Monsignore Fornaro eben herangetreten ist.«
    In der That, seit einer Weile ging Monsignore Fornaro mit liebenswürdiger Eroberermiene von einer schönen Dame zur andern. Er sah an diesem Abend mit seiner hohen, dekorativen Gestalt, seinen blühenden Wangen, seiner siegreichen Anmut prächtig aus. Keinerlei leichtfertige Geschichten waren über ihn im Umlauf; man hielt ihn einfach für einen galanten Prälaten, der sich in Frauengesellschaft gefiel. Er blieb stehen, plauderte, beugte sich über nackte Schultern, streifte sie und atmete ihren Duft mit feuchten Lippen und lachenden Augen, in einer Art frommer Verzückung ein.
    Er bemerkte Narcisse, dem er manchmal begegnete, und trat ihm entgegen. Der junge Mann mußte ihn begrüßen.
    »Monsignore befinden sich wohl, seit ich die Ehre hatte, Sie auf der Botschaft zu sehen?«
    »O, sehr wohl, sehr wohl. Ein entzückendes Fest, wie?«
    Pierre hatte sich verbeugt. Das war der Mann, dessen Bericht zur Verdammung seines Buches geführt hatte. Aber er machte ihm vor allem seine schmeichelnde Miene, die falschen Versprechungen zum Vorwurf, die er ihm bei seinem so reizenden Empfang gemacht hatte. Der schlaue Prälat mußte jedoch fühlen, daß er das Urteil der Kongregation erfahren habe. Er hielt es daher für würdiger, ihn nicht offen zu erkennen und begnügte sich ebenfalls, mit leichtem Lächeln den Kopf zu neigen.
    »Nein, wie viele Leute!« wiederholte er. »Und was für schöne Damen! Man wird sich in diesem Salon bald nicht mehr bewegen können.«
    Nun waren alle Sitzplätze mit Damen besetzt und man begann inmitten dieses Veilchenparfüms, das der Duft der blonden oder braunen Nacken erwärmte, zu ersticken. Die Fächer wehten lebhafter, aus dem wachsenden, wirren Lärm stieg helles Lachen auf, und in dem wahren Aufruhr von Gesprächen vernahm man immer wieder dieselben Worte. Zweifellos war eben eine Nachricht, ein Gerücht aufgetaucht, das man sich zuflüsterte, das eine Gruppe nach der andern in fieberhafte Aufregung versetzte.
    Monsignore Fornaro, der ganz auf dem Laufenden war, wollte selbst die Nachricht mitteilen, die man noch nicht laut aussprach.
    »Wissen Sie, worüber alle Damen sich ereifern?«
    »Ueber die Gesundheit des heiligen Vaters?« fragte Pierre in seiner Unruhe. »Hat sich der Zustand heute abend noch verschlimmert?«
    Der Prälat sah ihn erstaunt an, dann sagte er mit einer Art Ungeduld:
    »O nein, nein, Seiner Heiligkeit geht es Gott sei Dank viel besser! Eben hat mir jemand aus dem Vatikan gesagt, daß der heilige Vater nachmittags aufstehen und seine Intimen wie gewöhnlich empfangen konnte.«
    »Man hat doch große Angst gehabt,« fiel nun Narcisse ein. »Ich gestehe, wir waren in der Botschaft nicht sehr beruhigt, denn ein Konklave wäre in diesem Augenblick eine ernste Sache für Frankreich. Es besäße darin gar keine Macht. Unsere republikanische Regierung hat unrecht, das Papsttum als eine quantité négligeable zu behandeln. Aber weiß man je, ob der Papst krank ist oder nicht? Ich habe von sicherer Seite erfahren, daß er im vorigen Winter, als Niemand ein Wort davon sagte, beinahe weggerafft worden wäre, während ich ihn beim letztenmal, als alle Zeitungen ihn töteten, indem sie von einer Bronchitis sprachen, mit meinen eigenen Augen sehr frisch und munter gesehen habe. Ich glaube, er ist krank, wenn es nötig ist.«
    Monsignore Fornaro schob mit einer eiligen Geberde dieses ungelegene Thema beiseite.
    »Nein, nein, man ist ganz beruhigt, es wird davon nicht mehr gesprochen ... Was alle diese Damen so in Eifer bringt, ist, daß die Konzilskongregation heute in dem Prozeß Prada die
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