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Rolf Torring 121 - Der Rätsel-Gott

Rolf Torring 121 - Der Rätsel-Gott

Titel: Rolf Torring 121 - Der Rätsel-Gott
Autoren: Hans Warren
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Handelsgut wie Steinkohle, Salz, Öl, Reis und Opium wird von stämmigen Burschen auf den Schultern befördert.  
      Zur Nachtzeit war das Leben in den Straßen wie ausgestorben. Von den wenigen Chinesen, die noch auf den Straßen waren, wurden wir neugierig angestaunt.  
      In einer Teestube allerdings schien noch Hochbetrieb zu herrschen. Da es für unser Unternehmen noch reichlich früh war, betraten wir das Lokal, um vielleicht noch einige Anhaltspunkte über die Klosterruine in Erfahrung zu bringen.  
      Die Gaststätte, in die wir geraten waren, war eine Teestube, in der auch getanzt wurde. Wenn man in Europa und der Neuen Welt gebräuchliche Begriffe für Ostasien anwenden könnte, würde man das Lokal vielleicht als Tanzbar bezeichnet haben. Junge chinesische Tänzerinnen zeigten hier ihre Kunst; die Tänze bestanden aus rhythmischen Bewegungen, die fast ausschließlich auf der Stelle ausgeführt wurden. Ihre Füße steckten in altertümlichen hohen Stelzstiefeln.  
      Der Raum war mit Gästen überfüllt. In einer Ecke jedoch fanden wir noch einen leeren Tisch und bestellten bei dem bedienenden Chinesen den üblichen Tee, der das allgemeine Getränk darstellte.  
      Am Nebentisch saß ein Chinese, der uns recht neugierig betrachtete. Das war verständlich. Weiße Gäste um diese Zeit waren in dem Lokal eine Seltenheit, abgesehen von den wenigen Europäern, die in Tschung-King ansässig waren und die man wohl allgemein kannte.  
      Als der Chinese meinen durch den Raum wandernden und an seinem Tisch hängen bleibenden Blick gewahrte, schaute er wie schuldbewußt sofort in eine andere Richtung, als ob er nicht das geringste Interesse an uns hätte.  
      Wenn ich meine Augen weg wandte, dabei aber heimlich ihn und seinen Tisch im Auge behielt, konnte ich feststellen, daß er sofort wieder zu uns herüberblickte. Hatte der Mann uns schon einmal irgendwo gesehen, daß wir ihm bekannt waren?  
      Ich machte Rolf leise auf ihn aufmerksam, aber auch er kannte ihn nicht. Als der servierende Chinese die von uns bestellten Getränke brachte, fragte er Rolf, ob wir in der Stadt bereits Quartier gefunden hätten. Das benutzte Rolf, ihn in ein Gespräch zu ziehen. Geschickt brachte er dabei die Rede auf den alten, in das Felsgestein gehauenen Buddhistentempel in Wan Hsjen, der seinem äußeren Aussehen nach jeder Stadt zur Zierde gereichte.  
      Rolf erwähnte ganz nebenbei, daß er für alte Tempel und Klöster schwärme und gern in Ruinen solcher Bauten herum stöbere. Wirklich hatte mein Freund den Chinesen bald so weit, daß er, ohne direkt gefragt zu werden, von dem „Spuk-Kloster" in der Nähe von Tschung-King sprach.  
      „Ein ,Spuk-Kloster'?" fragte Rolf mit betontem Interesse. „Warum wird das so genannt?"  
      „Weil dort nachts Geister umgehen und Menschen anfallen," war die Antwort. „Wenn die Herren sich für die Ruine interessieren, kann ich empfehlen, bei Tage hinzugehen. Da geschieht nichts."  
      „Ich bin Sammler," behauptete Rolf plötzlich. „Kann man dort Andenken an die altchinesische Kultur finden?"  
      „Wenn die Herren etwas graben, werden sie bestimmt finden, was sie suchen," schwindelte der dienstbare Geist, dem es jetzt nur noch auf ein möglichst hohes Trinkgeld ankam. „Das Kloster ist sehr alt, wird aber kaum besucht, auch bei Tage nicht, weil die Menschen nicht gern hingehen, eben weil es nachts dort spukt."  
      Rolf meinte betont laut, daß wir uns morgen die Klosterruine einmal anschauen würden. Ich hatte auf den am Nebentisch sitzenden Chinesen die ganze Zeit nicht mehr geachtet, erschrak aber fast, als ich jetzt zufällig seinen Blick auffing. In seinen Augen stand offensichtlich der Haß.  
      Warum benahm der Mann sich so? Was hatte er gegen uns? Rolf zuckte die Schultern hoch, als ich ihn noch einmal auf ihn aufmerksam machte.  
      „Ich werde auch nicht aus ihm schlau, Hans. Ich glaube nicht, daß er uns kennt. Die Tatsache als solche, daß wir als Weiße plötzlich hier aufgetaucht sind, scheint seinen Unwillen erregt zu haben. Wenn wir die Teestube verlassen, wollen wir achtgeben, ob er uns folgt."  
      Nach der nächsten Tanzvorführung verließen viele Gäste die Teestube. Als auch wir aufstanden, um zu gehen, erhob sich plötzlich der Chinese am Nebentisch, kam auf uns zu, verneigte sich nach landesüblicher Sitte tief und sagte:  
      „Meine Herren, ist es möglich, Sie ein paar Minuten allein zu sprechen?" Er sprach ein
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