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Ritter und Raufbolde

Ritter und Raufbolde

Titel: Ritter und Raufbolde
Autoren: Martin Clauss
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jeder, der einen Knüppel schwingen konnte, konnte als Fußkämpfer zum Einsatz kommen und wird in den Quellen als ,bewaffnet‘ |129| bezeichnet. Es gab mithin keine fest definierte Gruppe oder
    Gruppenbezeichnung. Auch gab es nicht die eine Waffe des Fußkämpfers. Diese konnten vom einfachen Knüppel, der vielleicht mit einigen Nägeln gespickt war, bis hin zur elaborierten Stangenwaffe – etwa einer Hellebarde – reichen. Im 15. Jahrhundert kamen dann auch tragbare Feuerwaffen – einfache Steinbüchsen – hinzu.
    Neue Waffen
    An der Bewaffnung lässt sich ein Stück weit der Wandel und die gestiegene Bedeutung der Fußtruppen ablesen. Waffentechnische Neuerungen und Entwicklung des Kriegswesens bedingen  |130| sich hier gegenseitig. Beredtes Zeugnis hierfür ist etwa die Hellebarde oder Halmbarte. Diese Waffe wurde im 13. und 14. Jahrhundert entwickelt und trägt dem Umstand Rechnung, dass zu Fuß agierende Verbände eine Offensivwaffe benötigten. Fußkämpfer waren nicht mehr nur Beiwerk und Unterstützung der Reiter – und damit überwiegend defensiv; sie gingen – im Wort- und übertragenen Sinne – zum Angriff über und wurden zur Schlacht entscheidenden Waffengattung. Die Halmbarte setzte sich aus einem Spieß (,Halm‘) und einem Beil (,Barte‘) zusammen. Sie konnte also zum Stoß und zum Hieb verwendet werden, wie ein Spieß oder wie ein Beil. Durch den – im Vergleich zu einem normalen Beil – sehr langen Schaft erhielt der Hieb mit der Beilklinge eine enorme Wucht. Die Wirkung dieser neuen Waffe beschreibt der Chronist Johann von Winterthur in der Schlacht von Morgarten (1315), in welcher schweizerische Kämpfer den Österreichern unter Herzog Leopold I. eine schwere Niederlage beibrachten:
    Der Spieß – Universal einsetzbar
    Der Spieß ist eine im Aufbau simple Waffe: An einer Stange wird eine flache Spitze angebracht. Der Spieß fand sowohl im Krieg als auch in der Jagd Verwendung und war oftmals die einzige Waffe der Fußkämpfer. Der Langspieß der Landsknechte des 15. Jahrhundert konnte vier, in Einzelfällen sogar über fünf Meter lang sein; der Aalspieß verfügte über eine bis zu 90 Zentimeter lange Klinge. Die Handhabung dieser Waffen war sehr anspruchsvoll. Das Spießfechten wurde daher in spätmittelalterlichen Fechthandbüchern ebenso aufgeführt wie das – uns heute bekanntere – Schwertfechten. Auch adlige Krieger bedienten sich gelegentlich der Spieße: 1479 focht der junge Erzherzog von Österreich Maximilian – der spätere Kaiser – in der Schlacht von Guinegate (Nordfrankreich) zu Fuß mit dem Spieß in der Hand. In der Junktur des ,Spießbürgers‘ tritt uns aber noch heute der Zusammenhang von Stand und Waffe gegenüber: Es ist kein Zufall, dass wir nicht von ,Spießrittern‘ sprechen.
    Die Schweizer hatten darüber hinaus in ihren Händen bestimmte äußerst schreckliche Werkzeuge zum Töten […], die in der Volkssprache „Hellebarde“ genannt wurden; mit diesen zerteilten sie auch sehr gut gerüstete Feinde wie mit einem Rasiermesser. 12
    Im Gegensatz zu anderen Stangenwaffen – wie etwa dem Spieß – war die Hellebarde auch nach dem ersten Aufeinandertreffen mit dem (berittenen) Gegner noch zu gebrauchen und im Ganzen vielfältiger einsetzbar.
    Die Konstruktion der Hellebarde verweist auf einen Wandel im Verständnis von Krieg und Kriegsteilnehmern im späten Mittelalter. Wenn aus agrarischen Arbeitsgeräten Waffen für den Krieg werden, belegt dies zweierlei: Zum einen ist im ganzen Mittelalter der Schritt vom Werkzeug zur Waffe klein. Mistgabeln, Äxte und anderes landwirtschaftliches Gerät können in einer Zeit, in der Schwerter und Lanzen den Krieg prägen, durchaus als effektive Waffe eingesetzt werden.
    |131| Hellebarde oder Halmbarte
    Die Hellebarde oder Halmbarte ist eine Stangenwaffe. Sie diente dem Fußvolk als Angriffswaffe und wurde als Kombination aus Spieß und Axt entwickelt. Oftmals wurde auf der Rückseite der Axtklinge ein Haken angebracht. Wie mit einem Spieß konnte mit dieser Waffe gegen anreitende Truppen eine defensive Stellung eingenommen werden; Axtblatt und Haken erlaubten darüber hinaus den Angriff gegen Reiter, wobei die Stange den Höhenunterschied überwand. Gerade dem Hieb mit dem spitzen Haken, der aufgrund der Länge des Schaftes eine enorme Wucht haben konnte, war die zeitgenössische Plattenpanzerung vielfach nicht gewachsen.
    Wenn aus Arbeitsgeräten Waffen werden, belegt dies darüber hinaus die zunehmende Bedeutung
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