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Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Titel: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Autoren: Gerd Gigerenzer
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Doppelzüngig wäre die Mitteilung, dass das Medikament die Sterblichkeit durch Schlaganfall um 50 Prozent senkt, die Sterblichkeit durch Krebs aber nur um 1 von 100 oder 1 Prozentpunkt erhöht. Eine andere Form der Doppelzüngigkeit liegt vor, wenn ein Krankenhaus den Nutzen von dort durchgeführten Screenings anhand gesteigerter Überlebensraten angibt (große, aber irreführende Zahlen), den Nutzen der Konkurrenten aber durch Sterberaten (kleine, aber korrekte Zahlen). Doppelzüngigkeit wird nicht nur in der Werbung verwendet; sie ist auch bei jedem dritten Artikel in führenden medizinischen Zeitschriften nachgewiesen worden.
    Einzelfall-Wahrscheinlichkeit: Eine Wahrscheinlichkeit, die sich auf ein einzelnes Ereignis bezieht, für das keine Referenzklasse angegeben ist. Einzelfall-Wahrscheinlichkeiten können zu Missverständnissen führen, weil die Menschen dazu neigen, unterschiedliche Referenzklassen einzusetzen. Beispielsweise warnte die Mayo Clinic aufgrund eines Berichts der US-Gesundheitsbehörde davor, Kindern zunehmend Antidepressiva zu geben: »Die Analyse zeigte, dass Kinder, die Antidepressiva nahmen, mit einer Wahrscheinlichkeit von 4 Prozent suizidale Gedanken und Verhaltensweisen entwickelten, während bei Kindern, die eine Zuckertablette (Placebo) bekamen, die Wahrscheinlichkeit nur 2 Prozent betrug.« Was bedeutet es für ein Kind, eine 4-prozentige Wahrscheinlichkeit für suizidale Gedanken oder Verhaltensweisen zu haben? Einige Eltern mögen denken:
    1. Mein Kind könnte in 4 Prozent der Zeit Selbstmordgedanken haben,
    2. 4 Prozent der Tabletten haben Fehler und verursachen daher Selbstmordgedanken, oder
    3. 4 Prozent der Kinder, die Antidepressiva nahmen, wurden von Selbstmordgedanken heimgesucht.
    Gemeint hatte die Behörde (3), aber die Eltern müssen sich aufs Raten verlegen. Diese missverständliche Kommunikation lässt sich vermeiden, wenn man (wie in 1–3) Häufigkeiten anstelle von Einzelfall-Wahrscheinlichkeiten verwendet, weil Häufigkeiten eine Referenzklasse (Zeit, Tabletten oder Kinder) angeben.
    Faktenbox : Eine Tabelle für transparente Risikokommunikation, in der die wissenschaftliche Evidenz zu einem Arzneimittel, einer Behandlung oder einer Screening-Methode zusammengefasst wird. Die Box zeigt Nutzen und Schaden für Patienten mit und ohne Behandlung auf. Alle Zahlen werden in verständlichen Häufigkeiten angegeben. Faktenboxen verwenden keine irreführenden Statistiken wie relative Risiken, Doppelzüngigkeit und 5-Jahres-Überlebensraten für Screenings.
    Falsch-negativ-Rate: Der Anteil von negativen Tests bei Menschen, die eine Krankheit (oder ein Merkmal) aufweisen, wird als Falsch-negativ-Rate bezeichnet. Sie wird in der Regel als bedingte Wahrscheinlichkeit oder als Prozentsatz ausgedrückt. Beispielsweise hat das Mammografie-Screening je nach Alter eine Falsch-negativ-Rate von 5 bis 20 Prozent, das heißt, 5 bis 20 Prozent der Frauen mit Brustkrebs erhalten ein negatives Testergebnis. Die Falsch-negativ-Rate und die Sensitivität (Trefferquote) eines Tests addieren sich zu 100 Prozent.
    Falsch-negatives Testergebnis: Ein falsch-negatives Ergebnis liegt vor, wenn ein Test negativ ist (etwa ein Schwangerschaftstest kein Anzeichen für eine Schwangerschaft findet), das Ereignis aber vorliegt (die Frau schwanger ist).
    Falsch-positiv-Rate: Der Anteil von positiven Tests bei Menschen ohne Erkrankung heißt Falsch-positiv-Rate. Sie wird in der Regel als bedingte Wahrscheinlichkeit oder als Prozentsatz ausgedrückt. Beispielsweise hat das Mammografie-Screening je nach Alter eine Falsch-positiv-Rate von 5 bis 10 Prozent, das heißt, 5 bis 10 Prozent der Frauen ohne Brustkrebs erhalten trotzdem ein positives Testergebnis. Die Falsch-positiv-Rate und die Spezifität (die Wahrscheinlichkeit eines negativen Ergebnisses bei Nichtvorliegen einer Erkrankung) eines Tests ergeben in der Addition 100 Prozent. Die Raten der beiden Fehlerarten sind voneinander abhängig: Sinkt die Falsch-positiv-Rate eines Tests, steigt die Falsch-negativ-Rate und umgekehrt.
    Falsch-positives Testergebnis: Ein falsch-positives Ergebnis (falscher Alarm) liegt vor, wenn ein Test positiv ausfällt (beispielsweise ein positiver Schwangerschaftstest), aber das Ereignis nicht gegeben ist (die Frau nicht schwanger ist).
    Faustregel: Siehe Heuristik .
    Fehler: Jeder Test kann zweierlei Fehler machen: Das Ergebnis kann falsch-positiv oder falsch-negativ sein. Diese Fehler können unterschiedliche Ursachen haben,
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