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Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Titel: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Autoren: Gerd Gigerenzer
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Hügel hinauf aufgebraucht.
    Es ist keine Schande, einen Fehler zu machen; niemand ist vollkommen.
    Ein System, das keine Fehler macht, ist nicht intelligent
    Gestaltpsychologen und ihre Anhänger illustrieren mit optischen Täuschungen, wie unsere Wahrnehmung arbeitet, wozu auch die intelligenten Faustregeln gehören, auf die sie sich stützt. Wenn wir uns umschauen, denken wir, wir nehmen die Außenwelt wahr. Das ist aber nicht der Fall. Unsere Gehirne sind keine Spiegel. Sie haben nicht genügend Informationen, um die Welt widerzuspiegeln. Beispielsweise ist die Welt dreidimensional, das Bild auf der Netzhaut aber nur zweidimensional. Infolgedessen können wir Entfernungen nicht direkt sehen, sondern müssen intelligente Vermutungen anstellen. Der bedeutende Physiologe Hermann von Helmholtz nannte diese Schätzungen »unbewusste Schlussfolgerungen«. Ohne diese intelligenten Schätzungen würden wir schlecht dastehen. Intelligenz heißt, über die vorliegenden Informationen hinaus- und Risiken einzugehen.
    Schauen Sie sich das Schachbrett auf der linken Seite der Abbildung 3.2 an. Die Quadrate, die Sie sehen, sind schwarz und weiß. Das mit A bezeichnete Quadrat ist beispielsweise schwarz, das mit B bezeichnete weiß. Doch die Quadrate A und B haben in Wirklichkeit denselben Grauton. Es ist kaum zu glauben, weil Ihre Augen ihn in zwei verschiedenen Schattierungen wahrnehmen. Schauen Sie sich zum Beweis das Schachbrett auf der rechten Seite an, wo die beiden Quadrate durch zwei senkrechte Streifen im selben Grauton miteinander verbunden sind. Daraus geht hervor, dass die beiden Quadrate von derselben Farbe sind. Sie können es auch beweisen, indem Sie sich ein Stück Papier nehmen und es so mit zwei Löchern versehen, dass Sie nur die Quadrate A und B sehen können. Doch obwohl Sie es besser wissen, bleibt die Täuschung.
    Was für ein unglaublich hartnäckiger Fehler! Doch denken Sie einen Augenblick nach. Würde Ihr Gehirn nicht diesen »Fehler« erzeugen, so würden Sie viele verschiedene Grauabstufungen sehen, aber kein Schachbrett mit schwarzen und weißen Feldern. Mit anderen Worten: Würde Ihr Gehirn nur das von der Oberfläche jedes Quadrats eintreffende Licht messen, würde es sich von dem Schatten irreführen lassen. Der Schatten, den das Objekt auf der rechten Seite des Bretts wirft, verdunkelt die Oberfläche, sodass ein weißes Quadrat im Schatten noch weniger Licht reflektieren kann als ein schwarzes im vollen Licht.

    Abbildung 3.2: Schachbrett-Täuschung (von E. H. Adelson). Links: Quadrat A sieht schwarz aus, Quadrat B weiß. Rechts: Die senkrechten Verbindungsstreifen offenbaren uns, dass die Quadrate A und B in Wirklichkeit dieselbe Farbe haben.
Unser Gehirn misst nicht einfach das Licht, das von jedem Quadrat reflektiert wird, sondern nutzt auch benachbarte Quadrate für intelligente Schlussfolgerungen. Sonst würden wir kein Schachbrett sehen, sondern nur viele Quadrate in verschiedenen Farben. Optische Täuschungen sind keine Fehlleistungen, sondern Nebenprodukte eines intelligenten Systems.
    Statt einfach das reflektierte Licht eines jeden Quadrats zu messen, macht sich das Gehirn deshalb die Kontextinformation zunutze und schließt daraus auf das, was es sieht. Die Schachbrett-Täuschung ist der Nebeneffekt einer von der Evolution wunderbar geformten Intelligenz, kein peinlicher Mangel. Wie arbeitet diese Intelligenz?
    Die evolutionär erworbenen »unbewussten Schlussfolgerungen« scheinen eine Reihe intelligenter Kunstgriffe oder Faustregeln zu sein, mit deren Hilfe unser Gehirn die Anforderungen einer ungewissen Welt bewältigt. Es folgen zwei von ihnen. Die erste wird als lokaler Kontrast bezeichnet:
    Schätze die Helligkeit eines Quadrats relativ zu derjenigen seiner benachbarten Quadrate ein, nicht allein aufgrund der absoluten Lichtstärke, die von diesem Quadrat ausgeht.
    Beispielsweise ist auf dem Schachbrett das helle Quadrat im Schatten von dunkleren Quadraten umgeben. Daher ist die wahrgenommene Helligkeit relativ zu den es umgebenden Quadraten und nicht absolut. Das wirft die Frage auf, wie das Gehirn zu dem Schluss gelangt, dass es sich hier um einen Schatten handelt und nicht einfach um eine Reihe dunklerer Quadrate. Die zweite Faustregel orientiert sich an Unschärfe :
    Lass allmähliche Veränderungen der Lichtstärke außer Acht .
    Schatten sind in der Regel unscharf und haben weiche Ränder, während echte Objektgrenzen wie die Schachbrettquadrate scharf abgesetzte Ränder
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