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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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soll ich denn mit diesen Kulturen machen, Dr. Hatch?« protestierte Bruce. »Sie sollen nicht zu lange im…«
    »Warum stellen Sie sie nicht einfach in den Kühlschrank? Und keine Angst, die brauchen mindestens noch eine Milliarde Jahre, bis sie Beine entwickeln und davonlaufen können.« Hatch sah auf die Uhr und dann in die Augen seines Besuchers, die unverwandt auf ihn gerichtet waren, bevor er eine spontane Entscheidung fällte. »Und dann können Sie nach Hause gehen, Bruce. Ich trage Sie bis fünf Uhr ein, wenn Sie mir versprechen, Professor Alvarez nichts davon zu erzählen.«
    Ein rasches Lächeln huschte über das Gesicht des Assistenten. »Natürlich nicht, Dr. Hatch. Und vielen Dank auch.«
    Einen Augenblick später war Bruce mit den Kulturen verschwunden, und Hatch konnte sich wieder seinem seltsamen Besucher widmen, der inzwischen ans Fenster getreten war.
    »Arbeiten Sie hauptsächlich hier im Labor, Dr. Hatch?« fragte er und nahm seine lederne Aktenmappe von einer Hand in die andere. Er war so dürr, daß er fast durchsichtig gewirkt hätte, wäre da nicht diese Ausstrahlung einer intensiven, ruhigen Gelassenheit gewesen.
    »Ja, meistens schon«, antwortete Hatch.
    »Einen herrlichen Blick haben Sie da«, meinte Neidelman und sah weiter aus dem Fenster.
    Hatch betrachtete den Rücken des Mannes und stellte mit Verwunderung fest, daß er sich durch dessen Eindringen kaum gestört fühlte. Er wollte ihn schon nach dem Grund seines Besuches fragen, ließ es dann aber bleiben. Irgendwie war ihm klar, daß Neidelman nicht wegen einer Lappalie zu ihm gekommen war.
    »Was der Charles doch für ein dunkles Wasser hat«, konstatierte der Kapitän. »Flüsse sind ein Symbol für das Vergessen, finden Sie nicht?«
    »Was Sie nicht sagen«, erwiderte Hatch leichthin, obwohl er langsam ein wenig argwöhnisch wurde. Er wartete darauf, daß sein Besucher sich ihm erklärte.
    Der Kapitän lächelte und trat vom Fenster zurück. »Sie wollen sicher wissen, weshalb ich so unangemeldet in Ihr Labor hereingeplatzt bin«, meinte er. »Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit stehle?«
    »Das tun Sie doch bereits«, erwiderte Hatch und deutete auf einen leeren Stuhl. »Aber bitte, nehmen Sie doch Platz. Ich bin mit meiner Arbeit für heute fast fertig, und dieses bedeutende Experiment dort« - er machte eine vage Handbewegung in Richtung Inkubator - »ist auch nicht gerade besonders aufregend.«
    Neidelman hob eine Augenbraue. »Weniger aufregend als ein Ausbruch von Denguefieber in Amazonien, habe ich recht?« »Stimmt«, sagte Hatch nach einer kurzen Pause der Verblüffung.
    Neidelman lächelte. »Ich habe den Artikel im ›Globe‹ gelesen.«
    »Reporter geben nicht allzuviel auf Fakten, wenn es darum geht, eine spannende Story zu schreiben. Die Sache war nicht halb so aufregend, wie sie sich las.«
    »Sind Sie deshalb wieder in die USA zurückgekommen?«
    »Ich konnte es nicht mehr ertragen, daß meine Patienten sterben mußten, weil Antibiotika im Wert von fünfzig Cents fehlten«, antwortete Hatch und breitete fatalistisch die Arme aus.
    »Es klingt vielleicht seltsam, aber manchmal wünsche ich mir, ich wäre wieder dort. Das Leben hier am Memorial Drive kommt mir manchmal richtiggehend abgestanden vor.« Er hielt abrupt inne, blickte hinüber zu Neidelman und fragte sich, was dieser Mann an sich hatte, daß er ihn so zum Sprechen brachte.
    »In dem Artikel wurden auch Ihre Reisen nach Sierra Leone, Madagaskar und auf die Komoren erwähnt«, fuhr Neidelman fort. »Könnte es sein, daß Ihnen momentan das Abenteuer fehlt?«
    »Ach, geben Sie nichts auf mein Gejammer«, erwiderte Hatch in einem Ton, von dem er hoffte, daß er locker klang. »Manchmal kann Langeweile sogar ein Lebenselixier für die Seele sein.« Er warf einen Blick auf das Emblem, das in das Leder von Neidelmans Aktenmappe geprägt war, konnte aber nicht erkennen, was es darstellte.
    »Da mag was dran sein«, entgegnete Neidelman. »Auf jeden Fall sieht es so aus, als wären Sie in den letzten fünfundzwanzig Jahren an so gut wie jedem Fleck auf diesem Planeten gewesen. Mit Ausnahme eines Ortes: Stormhaven in Maine.«
    Hatch erstarrte. Er spürte, wie ein taubes Gefühl sich von seinen Fingern in seine Arme auszubreiten begann. Auf einmal ergab alles einen Sinn: die umständlichen Fragen und durchdringenden Blicke seines Besuchers ebenso wie dessen seemännischer Habitus.
    Neidelman saß still auf seinem Stuhl und ließ
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