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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische
Autoren: Heinrich Steinfest
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blieb ungehört.
    »Meine Güte, was ist davon bloß zu halten?« richtete sich der Major an Lukastik, wobei seine Stimme die übliche Genervtheit verriet. Das war nichts Neues. Er tat stets so, als könne man die Kompliziertheit eines bestimmten Falles dem untersuchenden Beamten anlasten. Der Major witterte gerne Schlampereien, im Zuge derer das Einfache sich ins Schwierige verkehrte. Dieser Verdacht war prinzipiell und durch kein Faktum wirklich außer Kraft zu setzen. Was wohl daran lag, daß der Major eine ganz grundsätzliche Aversion gegen Polizisten hegte, eine Aversion, die selbstverständlich uneingestanden bleiben mußte. Er war wie ein Arzt, der ständig die Gesundheit im Mund führend selbige für einen schlimmen Betrug hielt.
    »Der Mann wurde von einem Hai getötet«, erklärte Lukastik und bemühte sich dabei, wie von einer Nebensächlichkeit zu sprechen.
    »Was Sie nicht sagen, Kollege Lukastik. Ein Hai also. Können Sie mir das vielleicht näher erklären?«
    »Nein«, sagte Lukastik. Und nach einer kurzen Pause: »Ich will nicht unhöflich sein. Schon gar nicht in Anwesenheit eines Vertreters des Bürgermeisters. Aber was verlangen Sie von mir? Daß ich diese Leiche durch eine andere ersetze? Eine plausiblere? Eine, die gewissermaßen ins geographische Bild paßt?«
    »Wir wollen nur hören, was Sie darüber denken«, sagte der Jungblüter.
    »Es wäre unsinnig, eine Meinung abzugeben, bevor der Leichnam eingehend untersucht wurde. Am Nachmittag kann ich Ihnen mehr sagen. Jedenfalls sollte man die Medien zunächst einmal heraushalten. So verführerisch obskur diese Angelegenheit auch sein mag.«
    »Nicht doch«, meinte der junge Mann, »wir leben in einer Demokratie. Wir können das Obskure nicht aussparen.«
    »Am Ende wird von dieser Geschichte ein einfaches, blödsinniges, kleines Verbrechen bleiben«, prophezeite Lukastik.
    »Das mag schon sein«, sagte der moderne Mensch, »aber da unten vor dem Gebäude wartet bereits eine beträchtliche Schar von Reportern. Diese Leute – vergessen wir das bitte nicht! – sind unsere Freunde.«
    »Wessen Freunde?« fragte Lukastik. »Ihre oder meine?«
    »Unsere natürlich. Die Presse ist das Organ der Politik wie der Polizei. Darüber darf ein mitunter beleidigender Tonfall nicht hinwegtäuschen. Ich halte es für überholt, Journalisten am Gängelband zu halten, nur weil sie sich die Freiheit nehmen, Klagen auszusprechen, die ohnehin ein jeder sich denkt. Ich meine, wir sind den Medien verpflichtet. Und gerade eine obskure Geschichte wie diese sollte von Beginn an öffentlich diskutiert werden dürfen.«
    »Das bringt Unruhe«, sagte Lukastik. »Betrachten Sie meine Arbeit und die meiner Mannschaft als ein Theaterstück, das geprobt werden muß. Es geht nicht an, gleich zu Beginn der Probenarbeit die Kritikerköpfe ins Auditorium zu lassen.«
    »Soll ich diesen Vergleich wirklich ernst nehmen?«
    »Ich bitte darum«, sagte Lukastik, wandte sich von den beiden Männern ab und gab Anordnung, die Leiche einzupacken und in Dr. Pauls Studierstube zu überführen.
    »So geht das nicht«, rief Lukastiks Vorgesetzter hinterher. »Sie können uns nicht einfach stehenlassen wie dumme Buben.«
    Nun, so ging es wirklich nicht, obgleich Lukastik keine Angst zu haben brauchte, eine Impertinenz würde ihn seinen Job kosten oder eine Versetzung nach sich ziehen. Auch war es undenkbar, daß man ihn zwang, den Fall abzugeben. Das Abgeben von Fällen war bloß ein beliebtes Element in Kriminalfilmen, nicht in einer von Personalnot gestrafften Wirklichkeit. Andererseits war auch der Major in seiner Position wie eingeschweißt, eine Beförderung so unwahrscheinlich wie eine Degradierung. Er und Lukastik waren nicht minder aneinandergekettet, als dies zwischen Lukastik und Jordan der Fall war. Weshalb ein gewisses laues Verhältnis erhalten werden mußte.
    Lukastik ging noch einmal auf seinen Vorgesetzten und dessen Begleiter zu und erklärte, daß er derzeit für die Presse nicht zur Verfügung stehe. So wenig, wie er sich zu einer Spekulation hinreißen lassen wolle.
    »Ich kann doch nicht einmal sagen«, sagte Lukastik, »von welcher Art Hai wir eigentlich reden.«
    »Aber ist denn wenigstens erwiesen«, ließ der Major so etwas wie ein Flehen anklingen, »daß der Mann nicht hier oben getötet wurde? Das wäre ja wohl kaum möglich. Man müßte sich dann überlegen, wo denn der Fisch abgeblieben ist.«
    »Das ist genau die Frage, die wir uns stellen.«
    »Irgendein
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