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Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Zeno Diegelmann
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quietschenden Reifen den Brückenkopf und verschwand hinter der nächsten Biegung in Richtung Stadt.

1.
    Kaum dass er losgefahren war, bereute er seine Entscheidung und hasste sich für seine Schwäche. Warum zur Hölle hatte er sich breitschlagen lassen und der Anfrage Kohlers zugestimmt? Statt seinen Plan eiskalt durchzuziehen, hatte ein einziger Anruf genügt, um ihn weich werden zu lassen. Er wusste nicht einmal, ob er einen einzigen klaren Gedanken zu dem Fall finden konnte. Vielleicht hatte er ja seinen Instinkt verloren, keinen Biss mehr oder war der Arbeit eines Ermittlers einfach nicht mehr gewachsen? Doch je näher er dem Tatort kam, griffen die jahrelang eingeübten Automatismen des Kommissars, und sein Hirn förderte alle verfügbaren Informationen um den alten Fall »Pogatetz« zutage. Es musste tatsächlich ziemlich genau eineinhalb Jahre her sein. Es war ein heißer Sommer gewesen. Man hatte die Leiche eines Mannes in einem Zimmer des Rhön Park Hotel Resort aufgefunden, die dort schon mehrere Tage gelegen haben musste. Das Hotel war ein beachtliches Gebäude mit großem Wellnessbereich undGastronomie. Es lag in den grünen Tälern der Rhön ebenso idyllisch wie abseits des Trubels und war zu dieser Jahreszeit durch Wanderer und Familien gut gebucht. Niemandem fiel auf, dass ein Gast nicht zum Frühstück erschien. Ein anderer Gast im Nachbarzimmer hatte schließlich den strengen Geruch bemerkt, der sich im Geschoss ausgebreitet hatte. Auch damals hatte der Täter neben dem Opfer dessen Kleidung exakt gefaltet abgelegt und es, bevor er es erstach, anal traktiert. Zunächst glaubte man daher an einen Mord im homosexuellen Milieu, doch alle Ermittlungen in dieser Richtung versandeten. Seeberg ließ daraufhin die Leiche von einem zweiten Experten obduzieren, der einen frischen Einstich in der linken Armbeuge entdeckte. Da man beim Toten aber keinerlei Drogen finden und man auch keine Verbindungen ins Drogenmilieu nachweisen konnte, verlief auch diese Spur im Sand. Schließlich stellte sich heraus, dass Pogatetz ein Beruhigungsmittel verabreicht worden war. Allerdings waren weder Geld noch andere Wertgegenstände entwendet worden, was einen Raubmord ausschloss. Zumal bei Pogatetz keine Reichtümer zu erwarten waren. Er stellte als Sanitätsoffizier der Bundeswehr kein typisches Ziel eines klassischen Raubmords dar.
    Natürlich hatte Seebergs Team das Umfeld des Opfers durchleuchtet. Man befragte seine Familie, Kollegen,sogar die Sportkameraden im Fitnessclub. Doch weder Indizien noch Befragungen ergaben eine heiße Spur oder erklärten, warum Pogatetz überhaupt in diesem Hotel ein Zimmer gebucht hatte. Es war einer von zwei Fällen, die der Kommissar nicht aufklären konnte. Der zweite Fall war ein mehr als zwanzig Jahre alter ungelöster Mordfall, der sich ebenfalls in der Rhön zugetragen hatte. Solche Untersuchungen nach zwei Jahrzehnten und mehr bekam die Mordkommission immer mal wieder zur Überprüfung vorgelegt. Man glich alte Spuren mit aktuellen DNA-Techniken ab und erhoffte sich dadurch neue Aufschlüsse. Er brach damals jedoch die Untersuchung ab, als ihn der Anruf vom Verschwinden Lauras ereilte.
    Schon von weitem konnte Seeberg die Lichtmasten erkennen, die rund um das Gewächshaus aufgestellt worden waren und den Tatort für die Spurensuche ausleuchteten. Am Fundort selbst zeigte sich das gewohnt geordnete, aber dennoch wuselige Treiben. Seeberg war dankbar dafür, dass alle Kollegen beschäftigt schienen und ihm so keine Fragen zu seinem Befinden stellen konnten. Er stieg über das Absperrband und nickte einigen vertrauten Gesichtern zu. Einige junge und neue Beamte fielen ihm ins Auge, die er noch nie zuvor gesehen hatte. All die Grünschnäbel verrieten sich durch ihr übermotiviertesAuftreten und die extreme Vorsicht, nur keine Spur zu zerstören. Innerlich musste er schmunzeln, als er an seine eigenen Anfänge dachte.
    Als Seeberg näher zum Fundort der Leiche schritt, konnte er den Tod förmlich riechen. Der bestialische Gestank von verwestem Fleisch war unverkennbar. Ähnlich wie damals bei Pogatetz. Um die Leiche befanden sich vier Personen. Drei knieten um den Toten, während einer mit seiner Kamera aus allen möglichen Perspektiven Fotos von der nackten Leiche schoss. Neben dem Toten lag tatsächlich die Kleidung des Mannes fein säuberlich zusammengelegt. Als Seeberg kurz vor der Gruppe seine Schritte stoppte, drehten sich die Anwesenden zu ihm herum. Kohler erkannte ihn als
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