Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheinsteigmord - Kriminalroman

Rheinsteigmord - Kriminalroman

Titel: Rheinsteigmord - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
lieblichen Umgebung sonderbar außerirdisch. Als er die Leiche umdrehte, hörte Wörner, wie Nettekoven nach Luft schnappte.
    »Der Nolden«, keuchte er. »Um Gottes willen, das ist ja der Nolden!«
    »Sie kennen ihn?«
    »Natürlich. Bernd Nolden. Der Bauunternehmer. Den kennt doch jeder.« Nettekoven starrte wie hypnotisiert in Richtung der Leiche.
    Wörner unterdrückte ein Seufzen.
    »Nolden-Bau. Seine Frau ist eine geborene Hottbender«, fuhr Nettekoven fort. »Wenn Sie verstehen.«
    Wörner verstand. Nicht im Detail, denn er lebte erst seit ein paar Jahren in Bonn und war mit dem Provinzadel nicht hinreichend vertraut. Aber Nettekovens Nachsatz klang nach Schlangengrube. Nach Golfclub und Seilschaften, nach Empfindlichkeiten von Vorgesetzten und anderen Amtsträgern. Er klang nach dem Gegenteil einer sauberen, einfachen Ermittlung.
    »Das ist ja hochinteressant.« Wörner bemühte sich, seinen Tonfall zu entschärfen. Der Zeuge konnte schließlich nichts dafür. »Aber mich interessiert zunächst einmal, ob Sie ganz sicher sind, dass es sich um Bernd Nolden handelt.«
    »Ja, sicher. Natürlich.« Nettekoven klang ein bisschen stolz. »Ich kenne doch Bernd Nolden! Er wohnt ja hier. Also, in Lengsdorf. Ich kenne ihn vom Tennis, ich hab auch bei Grün-Weiß gespielt. Jetzt nicht mehr, das Knie, wissen Sie, aber … Gott!« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Einer von uns, das ist er, meine Güte, und noch so jung, das ist tragisch, so ein Verlust!«
    Wörner spürte, wie sein linkes Augenlid zu zucken begann. Er wollte diese Befragung nicht führen, nicht hier und nicht jetzt. Er musste sich konzentrieren, auf den Fundort, Tatort, auf was immer das hier war.
    »Sophie, würdest du den Zeugen bitte nach Hause begleiten und seine Aussage aufnehmen?«
    »Ja, aber …« Sophie schien zu schlucken.
    Wörner fiel ein, dass das hier ihr erster Mordfall war. Sie fand alles bestimmt wahnsinnig aufregend. Natürlich. Daran hätte er denken sollen. Jetzt stand sie da, mit hängenden Schultern und waidwundem Blick. Aber es war zu spät. Er konnte nicht mehr zurück. Es war nicht schlimm, sagte er sich, sie würde noch genug Tatorte zu sehen bekommen in ihrem Leben. Er musste die Sache jetzt durchziehen. Es war wichtig, vor Dritten die Autorität zu wahren.
    »Wenn du fertig bist, kommst du so schnell wie möglich wieder her«, sagte er also knapp und mied ihren Blick. »Und bring Kaffee mit!«
    Anna Reuter schob den Einkaufswagen durch die Gänge. Obwohl nur eine Tüte Äpfel darin lag, schien er eine Tonne zu wiegen. Sie hätte direkt nach Hause fahren sollen; es war eine saublöde Idee gewesen, den Einkauf zu erledigen. Aber sie hatte nicht nachgedacht. War von der Arbeit direkt hierhergefahren, genau wie geplant, ganz automatisch, Villemombler Straße, vorbei an Polizei und Arbeitsagentur, über die Kreuzung, geradeaus statt rechts, vorbei an der Kirche, runter zu Edeka, nach der Arbeit schnell einkaufen, genau wie geplant, dachte sie, und der Gedanke fühlte sich taub und idiotisch an.
    Überhaupt fiel ihr das Denken schwer, seit ihre Schwester angerufen hatte. Das Gespräch war kurz gewesen. Private Anrufe waren nicht gern gesehen von den Kolleginnen, nicht bei dem Personalmangel im Kindergarten. Ihre Schwester wusste das, darum hatte sie sich kurz gefasst. Der alte Nettekoven hatte ihn gefunden, heute früh, tot im Katzenlochbach, die Polizei war da. Es sprach sich herum wie ein Lauffeuer, alle zerrissen sich das Maul, natürlich, sie wollte nur Bescheid sagen, bevor Anna es irgendwo auf der Straße hörte.
    Anna war zurück in den Gruppenraum gegangen, in dem die Kinder damit beschäftigt waren, Frühlingsschmuck aus Krepp und Tonpapier zu basteln. Sie hatte sich gewundert, wie normal sich das anfühlte. Vielleicht war sie deshalb nicht auf den Gedanken gekommen, ihren Plan zu ändern. Einkaufen auf dem Heimweg. Äpfel und Milch, Käse und Kaffee, Marmelade. Marmelade stand nicht auf der Liste, die hatte sie vergessen aufzuschreiben, aber sie erinnerte sich daran, dass sie heute Morgen den letzten Rest aus dem Glas gekratzt hatte. Ganz normal eben.
    Sie hätte Norbert anrufen sollen. Wenigstens das. Immerhin war er ihr Mann, und die Sache betraf ihn. Es wäre sinnvoll gewesen, darüber zu sprechen. Sich abzustimmen, gemeinsam auf das vorzubereiten, was jetzt auf sie zukam. Aber sie wusste, dass das nicht funktioniert hätte. Sie hätten gestritten. Sie hasste es, am Telefon zu streiten.
    So konnte es nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher