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Rettungskreuzer Ikarus Band 001 - Die Feuertaufe

Rettungskreuzer Ikarus Band 001 - Die Feuertaufe

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 001 - Die Feuertaufe
Autoren: Dirk van den Boom
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er ins Schiff zurückgekehrt sein.
    »Captain, verschwinden Sie von Bord!«, presste Sonja hervor und bearbeitete
den Auslöser des Löschgerätes. »Das Schiff ist in etwa 20
Minuten ausgebrannt. Die Strahlungswerte sind enorm!«
    »Ich habe noch nie ein verdammtes Besatzungsmitglied verloren, auf keinem
der Seelenverkäufer, die ich je kommandiert habe!«, war die kategorische
Antwort. Sonja blickte rasch über ihre Schulter zurück. Die Gestalt
des Captains erschien im Glanze des Atombrandes. Er winkte ihr zu.
    »Beeilen wir uns, damit wir rechtzeitig zur Kapsel kommen!«
    »Nein, Captain, ich werde hier bleiben!«, meinte Sonja fest und warf
das nutzlos gewordene Löschgerät fort. Suchend blickte sie sich nach
einem neuen um, doch dann trat der Captain vor ihr Gesicht. Sein Gesicht war
eine Fratze hinter der Sichtscheibe des Helms. Sonja starrte auf das Dosimeter.
Der Captain war so gut wie tot, denn er trug nur einen normalen Raumanzug, keine
Spezialanfertigung wie sie.
    Die Schuld, die in ihr aufstieg, wirkte wie ein Betäubungsmittel. In Trance
wanderten ihre Hände an der Wand entlang auf der Suche nach einem Löschgerät.
Sie ertastete eines und richtete es mechanisch auf die sich ausbreitenden Gluten.
Dann spürte sie die Hand des Captains auf ihrem Arm.
    »Ich habe noch nie ein Besatzungsmitglied verloren!«, hörte sie
die beschwörende Stimme des Mannes durch den Helmfunk. »Ich werde
mit dieser Tradition nicht brechen, auch, wenn es mein Leben kosten sollte.«
    »Aber ich bin schuld an dieser Katastrophe!«, brach es aus Sonja heraus.
Mit verbissener Verzweiflung schickte sie den Sprühnebel gegen die helle
Glut, die sich unbeeindruckt weiter nach vorne fraß. »Ich bin schuld!«
    Der Captain umklammerte ihren Arm umso fester.
    »Das ist mir völlig egal!«, stieß er hervor. Sein Griff
wurde schwächer. »Jetzt geht es nur noch um mich! Ich habe einen Ruf
zu verlieren! Du wirst verflucht noch mal in diese Rettungskapsel steigen, oder
ich werde aus der Hölle emporsteigen und dich bis ins Jenseits verfolgen.
Entweder du kommst jetzt mit, oder du wirst mich nie wieder los!«
    Sonja ließ sich vom Captain den Gang entlang zur Rettungskapsel führen.
Das weiße Lohen des Atombrandes folgte ihr unerbittlich, als wolle eine
Nemesis sich vergewissern, dass sie auch ja das Schiff verließ und auf
immer an das erinnert wurde, was sie angerichtet hatte. Reine, schiere Nachlässigkeit.
    Mühsam schleppten sich beide in die Kapsel. Der Captain warf sich auf eine
der gepolsterten Liegen, sein Atem ging stoßweise. Er hatte so viel Radioaktivität
abbekommen, dass Sonja ihren Schutzanzug nicht auszuziehen wagte. Die Bewegungen
des Mannes waren schwach und fahrig, sein Blick irrlichterte in der Kabine umher.
Sonjas Hand fiel auf den Auslöser, mit einem heftigen Ruck schleuderten
die Zündpatronen die Kapsel vom Schiffskörper der Oremi fort.
Durch das Lukenfenster starrte Sonja auf das brennende Wrack des kleinen Schiffes,
das für die letzten sechs Jahre ihre Heimat gewesen war. Dann wandte sie
sich um und blickte in die toten, gebrochenen Augen des Captains. Er musste
in dem Moment gestorben sein, als sich die Kapsel vom Schiff gelöst hatte.
Sein Mund stand halb offen. Die Haut blätterte von seinem Gesicht ab. Sein
gebrochener Blick war nicht einmal anklagend, fast wirkte er triumphierend.
    Sonja hob ihre Hand nicht, um den Helm zu öffnen und seine Augen zu schließen,
die auf die Decke der Kapsel zu starren schienen.
    Sie saß minutenlang da und prägte sich das strahlenzerfressene Gesicht
ihres Retters ganz genau ein. Jede Kleinigkeit brannte sich in ihrem Gedächtnis
ein und jedes Detail suchte sie mit ihrem Blick ab. Sie hatte das Versprechen
des Captains noch genau im Ohr, Wort für Wort. Nun würde sie dafür
sorgen, dass er aus ihrer ganz persönlichen Hölle immer wieder hervorkam
und sie ihr Leben lang nicht in Ruhe lassen würde. Als das tote, gequält
wirkende Gesicht ihr ganzes Blickfeld einzunehmen schien und sich in ihr Bewusstsein,
das ganze Denken eingeprägt hatte, um sie unauslöschlich für
den Rest ihres Daseins zu begleiten, schloss sie die Augen – erst die des
Toten, dann die eigenen.
    Danach lehnte sich Sonja DiMersi zurück und hörte, wie Notsignale
die Kapsel verließen. Als die Medotechniker Stunden später das Fahrzeug
öffneten, befand sie sich bereits in einem katatonischen Zustand, wie
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