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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
Autoren: Martin Hüfner
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dass sich hier ein zweites »Stuttgart 21« entwickelte, eine Volksbewegung, die mehr Mitsprache bei Großprojekten forderte, die vielleicht sogar das ganze Projekt in Frage stellen würde.
    Hier setzten nicht die Medien einen neuen Trend. Der Euro war plötzlich nicht mehr so sicher. Die Frage, die mir in Kundengesprächen am häufigsten gestellt wurde, war: Kann man dem Euro überhaupt noch trauen? Wird es ihn in fünf Jahren noch geben? Es ging das Gerücht um, die Bundesbank habe längst neue D-Mark-Scheine und -Münzen gedruckt, die sie in ihren Tresoren für den Fall aller Fälle aufbewahrt (was natürlich absurd war).
    Reiche Leute legten wieder mehr Geld in Schweizer Franken an oder in norwegischen Kronen oder in kanadischen Dollar. Die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) gab bekannt, dass sie eine Arbeitsgruppe einsetzen werde, die sich mit den Folgen des Austritts eines Landes aus dem Euro beschäftigen werde. Unternehmen und Banken stellten sich die Frage, ob sie sich auf ein Zerbrechen des Euro vorbereiten müssten.
    Die Politiker wiederholten das Mantra: Der Euro ist sicher. Das ist immer ein Zeichen, dass Zweifel berechtigt sind. Als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Herbst 2008 zusammen mit ihrem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor die Fernsehkameras trat und erklärte: Die Spareinlagen sind sicher, niemand braucht sich Sorgen zu machen – da ahnte jeder, dass die Hütte brennt.
    Selbst der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, sagte in einem Interview: »In der Tat habe ich mir die Wirtschafts- und Währungsunion so nicht vorgestellt.«
    Das Euro-Paradox
     
    Es gab nur einen Bereich, der nicht von den Problemen infiziert war. Das waren ausgerechnet die Finanzmärkte, die sonst so sensibel auf alle Unsicherheiten reagieren. Da sprach alle Welt davon, dass ein Staat in Euro-Land pleitegehen könnte. Da hieß es, dass Unsicherheiten drohten wie nach der Lehman-Pleite. Manche redeten davon, dass Banken und Versicherungen wieder Staatshilfe benötigen könnten. Vielleicht könnte sogar eine »Kernschmelze« des Finanzsystems eintreten.
    Und die Finanzmärkte? Bei ihnen herrschte business as usual . Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar schwächte sich nicht ab, sondern stieg im Gegenteil noch an. In jedem Fall war er mit über 1,40 Dollar weit höher als die Kaufkraftparität (1,17 Dollar). Die Bonds-Märkte, an denen die Hilfen für Schuldnerstaaten refinanziert werden mussten, haussierten. Die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen waren kaum höher als die Inflationsrate. In den USA lagen die Renditen sogar unter der Geldentwertung. Sparer machten real einen Verlust. Die Aktienmärkte waren nicht sonderlich beunruhigt. Von einem Absturz waren sie weit entfernt.
    Nur ab und zu und immer nur für ein paar Stunden oder Tage waren Griechenland und die Schuldenkrise ein Thema auf den Finanzmärkten. Einmal ist der Euro auf 1,19 Dollar gefallen, hat sich danach aber schnell wieder erholt. Ich habe schon manche Irrationalität an den Finanzmärkten erlebt. Aber das hätte ich mir nicht vorstellen können. Ein Euro-Paradox.
    Natürlich gab es im Zusammenhang mit der Euro-Krise eine ganze Reihe marktbeeinflussender Faktoren, die diese Reaktion zum Teil erklären. Die Gemeinschaftswährung profitierte etwa davon, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhte, die Federal Reserve in Washington jedoch nicht. Die US-Wirtschaft entwickelte sich – im Gegensatz zur deutschen – nicht so dynamisch, wie das in früheren Aufschwungphasen der Fall war. Das stärkte den Euro. Auf den Bonds-Märkten wirkte sich die hohe Liquidität bei gleichzeitig niedrigen Zinsen positiv aus.
    Aber das erklärt nicht alles. Liegt das Euro-Paradox vielleicht also darin begründet, dass es in Europa häufig an einem klaren Blick für die eigene Situation fehlt? Dass hier vielfach die Miesepeter den Ton angeben, die alles schlechtreden und nur das Negative sehen? Und dass auch die Amerikaner einen getrübten Blick für den Euro haben? An der Wall Street haben meistens die das Sagen, die dem Euro von Anfang an nicht getraut haben und denen es lieb wäre, wenn die Gemeinschaftswährung zerbrechen würde. Die großen globalen Investoren jedenfalls, die nicht reden, sondern an den Märkten Geld anlegen, vertrauen dem Euro als einer stabilen und sicheren Währung. Sie hören nicht auf die Stimmungsmacher. Sie sitzen nicht in Frankfurt, London oder New
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