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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir
Autoren: Tahereh H. Mafi
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bereiten uns auf einen verfluchten Krieg vor.
    Deshalb trainiere ich. Wir bereiten uns alle darauf vor, Warner und seine Truppen zu besiegen. Eine Schlacht nach der nächsten zu schlagen. Den Bürgern unserer Welt zu zeigen, dass es noch Hoffnung gibt – dass sie sich den Forderungen des Reestablishment nicht unterwerfen und Sklaven eines Regimes werden müssen, das sie ausbeuten will, um immer mehr Macht zu bekommen. Und ich habe eingewilligt zu kämpfen. Eine Kriegerin zu sein. Meine Kräfte einzusetzen, wider besseres Wissen. Doch der Gedanke, jemanden zu berühren, bringt eine Flut von Erinnerungen zurück, von Gefühlen, auch etwas von dem Kraftschub, den ich nur empfinde, wenn ich Haut berühre, die gegen meine nicht gewappnet ist. Es ist ein Gefühl von Unbesiegbarkeit; eine qualvolle Form von Euphorie; eine intensive Lebendigkeit, die jede Pore meines Körpers durchdringt. Ich weiß nicht, was mir das antun wird. Ich weiß nicht, ob ich darauf vertrauen kann, dass ich Kraft schöpfen werde aus den Leiden anderer.
    Ich weiß nur, dass Warners letzte Worte in meiner Brust gefangen sind. Und dass ich die Kälte und die Wahrheit, die mich im Hals würgen, nicht aushusten kann.
    Adam ahnt nicht, dass Warner mich berühren kann.
    Niemand ahnt es.
    Warner sollte eigentlich tot sein. Warner sollte tot sein, weil ich auf ihn geschossen habe, aber niemand ahnt, dass ich nicht schießen kann, und nun ist er aufgebrochen, um mich zu suchen.
    Um zu kämpfen.
    Um mich.

2
    Ein scharfes Klopfen, die Tür fliegt auf.
    »Ah, Ms Ferrars. Ich weiß nicht, was Sie zu erreichen hoffen, indem Sie in der Ecke sitzen.« Castles unbekümmertes Grinsen tanzt vor ihm herein.
    Ich hole tief Luft und will mich zwingen, Castle anzuschauen, doch es misslingt. Stattdessen flüstere ich eine Entschuldigung und höre, wie jämmerlich meine Worte klingen in diesem großen Raum. Meine Finger krallen sich in die dicken Matten am Boden, und ich denke, dass ich nicht das Geringste geschafft habe, seit ich hier bin. Es ist demütigend, so demütigend, einen der wenigen Menschen zu enttäuschen, die jemals freundlich zu mir waren.
    Castle bleibt vor mir stehen und wartet, bis ich schließlich aufschaue. »Sie müssen sich nicht entschuldigen«, sagt er. Wenn man seine klaren braunen Augen und sein offenes Lächeln sieht, vergisst man leicht, dass er der Führer von Omega Point ist. Der Kopf der gesamten Untergrundbewegung, die gegen das Reestablishment kämpft. Seine Stimme ist so sanft und einfühlsam, und das macht es fast noch schlimmer. Manchmal wünsche ich mir, er würde mich anschreien . »Aber«, fährt er fort, »Sie müssen lernen, Ihre Energie zu aktivieren, Ms Ferrars.«
    Er schweigt.
    Geht ein paar Schritte.
    Legt die Hand auf den Stapel Ziegel, die ich zertrümmert haben sollte. Er reagiert nicht auf meine rotunterlaufenen Augen oder die Metallrohre, die ich quer durch den Raum geworfen habe. Sein Blick verweilt nicht bei den Blutspuren auf den seitlich aufgestapelten Holzplanken; er fragt mich nicht, warum meine Fäuste geballt sind und ob ich mich wieder selbst verletzt habe. Er neigt den Kopf in meine Richtung, starrt aber auf einen Punkt hinter mir, und seine Stimme ist weich, als er spricht. »Ich weiß, wie schwierig das für Sie ist«, sagt er. »Aber Sie müssen lernen. Unter allen Umständen. Ihr Leben hängt davon ab.«
    Ich nicke, lehne mich an die Wand, bin froh über die Kälte und den Schmerz, als sich die Kanten der Ziegel in meinen Rücken bohren. Ziehe die Knie an die Brust, presse die Füße in die Matten am Boden. Bin den Tränen so nahe, dass ich fürchte, gleich loszuschreien. »Ich weiß einfach nicht, wie«, sage ich schließlich. »Ich kenne mich mit alldem nicht aus. Ich weiß nicht einmal, was ich eigentlich tun soll.« Ich starre an die Decke und blinzle blinzle blinzle. Meine Augen fühlen sich feucht an. »Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll.«
    »Dann müssen Sie nachdenken«, erwidert Castle unbeirrt. Er hebt eines der Rohre auf, betrachtet es. »Sie müssen die Zusammenhänge begreifen. Als Sie in Warners Folterkammer durch die Wand brachen – als Sie die Stahltür zerstörten, um Mr Kent zu retten –, was ist da geschehen? Weshalb waren Sie in diesen beiden Momenten zu dieser außergewöhnlichen Reaktion imstande?« Er setzt sich auf eine der Matten. Schiebt mir das Rohr zu. »Sie müssen Ihre Fähigkeiten analysieren, Ms Ferrars. Sie müssen sich konzentrieren.«
    Konzentrieren .
    Nur ein
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