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Reseph

Reseph

Titel: Reseph
Autoren: Larissa Ione
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gebracht zu werden. Oder Fragen zu beantworten. Eine Art Reizüberflutung bombardierte sein Hirn. Oder vielleicht hatte er sich tatsächlich den Kopf gestoßen. Was auch immer es war, das ihn so ausflippen ließ, es gefiel ihm ganz und gar nicht.
    Ehe sie sich ihm nähern konnte, packte er seine leere Schüssel und das Glas und ging zum Spülbecken. Dort stand er dann wie ein Trottel, mit schwitzenden Handflächen und pochendem Herzen.
    »Reseph?« Ihre Stimme klang zaghaft. Sanft. »Geht’s dir gut?«
    Ganz und gar nicht.
»Du hast eine Spülmaschine.«
    »Die ist alt, aber sie funktioniert.«
    Er schluckte. »Ich weiß nicht, wie man die benutzt.«
    »Jedes Modell ist anders –«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass ich schon mal eine benutzt habe.« Es war eine ganz lächerliche Sache, aber dadurch fühlte er sich so … verloren.
    »Du hast eine Amnesie, Reseph.«
    »Das ist es nicht. Ich meine, auch wenn ich mich an nichts erinnere, sind einige Dinge doch vertraut. Ich wusste, dass ich Chili mag. Ich weiß, dass ich Sex mag. Ich weiß, wie man mit einem Computer umgeht. Aber ich weiß nicht, was ich mit einem Geschirrspüler anfangen soll.«
    Ihre Hand legte sich auf seine, die immer noch die Schüssel in der Spüle festhielt, und sofort änderte er seine Meinung, was seine Abneigung gegen das Angefasstwerden betraf, denn ihre Hand beruhigte ihn genauso schnell wie ein Glas guten Tequilas. Was eine andere Sache war, von der er wusste, dass er sie mochte.
    »Ich mach das«, sagte sie sachte. »Und du ruhst dich am besten aus.«
    »Ich hab mich genug ausgeruht.«
    »Dann geh fernsehen. Ich habe DVD s, falls die Schüssel streikt.«
    Er wollte sie nicht verlassen, aber er war sich nicht mal sicher, warum. Trotzdem spürte er, dass sie jetzt etwas Ruhe brauchte. Das war ja auch verständlich. Er war ein Fremder in ihrem Haus, und sie war es gewohnt, allein zu leben. Es war im Grunde ein Wunder, dass sie ihn überhaupt aufgenommen hatte. Viele Leute hätten ihn einfach liegen und krepieren lassen.
    Augenblick mal … woher wusste er das? Wenn er recht hatte, dass viele ihn hätten sterben lassen, dann musste es in seinem Leben eine ganze Menge Arschlöcher geben.
    Was nicht gerade für ihn sprach. Genau genommen lauerte in den tiefsten Tiefen seines Gehirns, wo dieses seltsame Klopfen vor sich ging, ein hässlicher Verdacht. Der Verdacht, dass Reseph selbst ein Arschloch war.
    Oder Schlimmeres.

3
    »Wie geht’s dir denn, du heißer, nackter Adonis?«
    Reaver öffnete die Augen gerade lang genug, um Harvester wütend anzustarren. Harvester war ein weiblicher gefallener Engel und hatte gerade mächtig Spaß daran, ihm auf die Nerven zu gehen.
    Reaver schloss die Lider und sank wieder gegen die Knochenwand hinter ihm zurück. »Ich bin ein Engel, der in der Hölle festsitzt und langsam im Bauch eines Riesendämons verdaut wird. Was glaubst du denn, wie’s mir geht?«
    Harvester schnippte mit den Fingern vor seinem Gesicht, sodass er erschrocken die Augen wieder öffnete. Sie hockte sich zu seinen Füßen hin; ihr ebenholzschwarzes Haar, das ihr bis über die Hüften reichte, fiel wie ein Wasserfall über ihr schwarzes Minikleid aus Leder und Spitze. Neben ihr auf dem Boden stand ein Rucksack. »Immerhin regenerierst du dich. Also stell dich nicht so an.«
    Er seufzte. »Interessant. Deine neueste Foltermethode scheint darin zu bestehen, mich zu Tode zu langweilen.«
    »Langweilen?« Zu seiner Überraschung setzte sie sich neben ihn, den Rücken zur Wand. »Ich nenne es eine Unterhaltung. Wärst du vielleicht lieber allein hier drin?«
    »Ah. Jetzt zeigst du deine weiche, sanfte Seite. Opferst dich, um mir Gesellschaft zu leisten.«
    »Du bist so zynisch.«
    »Das liegt vielleicht daran, dass du mich vor einem Jahr reingelegt, gefangen genommen, mir die Flügel abgeschnitten und dann versucht hast, mich nach Markwein süchtig zu machen.« Er warf ihr einen Blick von der Seite zu. »Zynismus wäre ganz unangebracht.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Vielleicht wollte ich das alles ja gar nicht tun. Vielleicht hatte ich meine Befehle.«
    Der sheoulische Rat der Wachen über die apokalyptischen Reiter funktionierte im Grunde genommen genauso wie der himmlische Rat: Er machte Vorschläge und gab Informationen von den Mächtigen weiter. Am Ende war es allerdings die Wache selbst, die die Verantwortung für jegliche Handlung trug, die sie oder er ausführte. Harvester, als höllische Wache der vier Reiter, wusste das sehr
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