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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin
Autoren: Elizabeth Corley
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sich kooperativer verhalten würde, wenn sie eine Chance sah zu überleben. Und sie war schlau genug zu wissen, dass ein Entführer, der sich seinem Opfer unverhüllt zeigte, dieses nie lebend gehen lassen würde. Außerdem tröstete ihn der Gedanke an eine Verkleidung. Das Ganze würde ihm schwer genug fallen, aber preiszugeben, wer er wirklich war, und ihren Hass zu sehen, ihren Abscheu, das würde er nicht ertragen. Es war wichtig, dass sie nicht mehr den Chauffeur in ihm sah.
    Die minimale Verkleidung war schnell zurechtgelegt; mit dünnen Polstern unter dem weiten schwarzen Hemd und zwei Paar Jogginghosen sah er mindestens vierzehn Pfund schwerer aus. Farbige Kontaktlinsen – angesichts seiner eigentlichen Augenfarbe war Dunkelbraun nötig – und ein Hauch Make-up veränderten sein Aussehen vollkommen und ließen ihn ausdruckslos und bedrohlich zugleich wirken. Eine schwere Goldkette um den Hals und ein enger Kopfschutz vollendeten die Verwandlung. Die Handschuhe trug er immer noch; er hatte sie kein einziges Mal abgelegt, seit er das Haus betreten hatte.
    Ihren ersten wahren Schreckensschrei hörte er, als er die Gesichtsmaske über das Kinn zog. Es folgten weitere kurze, keuchende Schreie, von denen er eine Gänsehaut bekam. Sie erinnerten ihn an die Füchsin, die er einmal auf der Farm eines Freundes in einer Falle gefunden hatte; Qual und Angst hatten das Tier so Mitleid erregend winseln lassen, dass er schnellstens losgerannt war, um Hilfe zu holen. In seiner kindlichen Unschuld hatte er geglaubt, der Vater seines Freundes würde das verstümmelte Tier retten. Er wusste noch, wie er mit dem Mann zu der Stelle gelaufen war – und wie er dann mit dem erstorbenen «Nein!» auf den Lippen daneben stand und zusah, wie der Mann das Gewehr hob und das hilflos am Boden liegende Tier erschoss. Seither hatte er viele schlimmere Tode gesehen, aber keiner hatte ihn so tief erschüttert.
    Brüsk stieß er die Tür zu dem kleinen Zimmer auf.
    «Maul halten!» Er sprach absichtlich mit rauer Stimme und schlug einen anderen Ton an als den, der ihr zuvor so zugesagt hatte.
    Beim Anblick des bedrohlichen dunklen Fremden in der Tür schrie Deborah nur noch lauter.
    «Halt endlich dein Scheißmaul, sonst näh ich dir die verdammten Lippen zu.»
    Ihre Schreie klangen zu einem jämmerlichen Wimmern ab; die Angst machte es ihr unmöglich, zusammenhängende Worte zu formulieren. Sie hatte an den Fesseln gezerrt. Die Knoten waren so verschlungen, dass sie sich bei Widerstand zusammenzogen, daher gruben sich die Stricke in ihre Handgelenke und scheuerten die Haut so auf, dass bei jeder Bewegung Blut floss.
    Er trat an das Bett und sah auf sie hinab. Sie versuchte, sich in die Matratze zu drücken und vor ihm zurückzuweichen, doch es gab kein Entrinnen. Durch seine Nähe noch mehr verängstigt, drehte sie den Kopf von ihm weg. In einem letzten verzweifelten Versuch, ihn zu verdrängen, kniff sie die Augen zu wie ein kleines Kind, das so tut, als wäre das Ungeheuer nicht da, wenn man es nicht sieht.
    Seine kalte, gleichgültige Stimme zerstörte ihre Illusion und ließ sie verstummen.
    «Hör mir gut zu. Sei still, sei ein braves Mädchen, und dir wird kein Leid geschehen. Ich möchte einem so hübschen Mädchen nicht wehtun, ja?» Mit dem in Latex gehüllten Zeigefinger strich er ihr sanft über Wange, Lider und Brauen. «Ich bin sicher, du kannst ein braves Mädchen sein, wenn du nur willst. Denn wenn nicht …» Schnell wie eine Viper nahm seine Hand ihren Unterkiefer in einen schmerzhaften, unerbittlichen Klammergriff. «Wenn nicht, dann muss ich dich töten, klar. Aber erst, nachdem ich mir meinen Spaß gegönnt habe.»
    Er drückte zu, bis er ihren Kieferknochen knirschen hörte und ihr vor Schmerz Tränen über das verzerrte Gesicht liefen. Dann ließ er unvermittelt los.
    «Sieh mich an.» Er ließ die Finger an ihrem Hals liegen und wartete, aber ihre Lider blieben fest zusammengekniffen, und sie drehte das Gesicht so weit weg, wie seine Hand es nur zuließ. Ohne Vorwarnung schlug er ihr klatschend auf die Wange. Ihr Kopf wurde von der Wucht des Schlages herumgerissen, und sie stöhnte, während ein dünnes Rinnsal Blut von ihrem Mundwinkel in Richtung Hals floss. Erneut umklammerte er ihren Kiefer und drehte ihren Kopf zu sich herum. Seine Stimme klang ölig und kalt.
    «Debbie, Liebste, ich habe gesagt, du sollst mich ansehen. Mach die Augen auf! Los!»
    Er drückte zu, bis er die Zähne knirschen hörte. «Los»,
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