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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Lauren Oliver
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weitere Tränen hinunterschlucke. »Mir geht’s gut.«
    Einen Augenblick steht er nur da und sieht mich an. Mir ist klar, dass er weiß, warum ich weine, und es versteht und dass alles gut werden wird. Er streckt seine Arme nach mir aus.
    »Komm her«, sagt er leise.
    Ich kann gar nicht schnell genug zu ihm kommen. Ich falle geradezu in seine Arme. Er fängt mich auf und zieht mich fest an seine Brust und ich lasse mich wieder gehen, werde von Schluchzern geschüttelt. Er steht dort mit mir im Arm, murmelt tröstende Worte in mein Haar, küsst mich auf den Kopf und lässt mich weinen, weil ich einen Jungen verloren habe, einen Jungen, den ich mehr geliebt habe als ihn.
    »Es tut mir leid«, sage ich immer wieder an seiner Brust. »Es tut mir leid.« Sein Hemd riecht nach Lagerfeuerrauch, nach Mulch und nach Frühling.
    »Schon gut«, flüstert er zurück.
    Als ich mich ein wenig beruhigt habe, nimmt Julian meine Hand. Ich folge ihm in die dunkle Höhle seines Zelts, das genauso riecht wie sein Hemd, nur noch intensiver. Ich lege mich auf seinen Schlafsack und er legt sich neben mich und bildet einen perfekten Muschelbogen für meinen Körper. Ich rolle mich in dieser sicheren, warmen Kuhle zusammen und lasse die letzten Tränen, die ich je um Alex weinen werde, heiß über meine Wangen, in den Boden und hinwegströmen.

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    »
H
ana.« Meine Mutter sieht mich erwartungsvoll an. »Fred hat dich gebeten, ihm die Bohnen zu reichen.«
    »Entschuldigung«, sage ich und zwinge mich zu einem Lächeln. Gestern Nacht habe ich kaum geschlafen. Ich hatte sogar kleine Traumsplitter – einen Hauch von Bildern, die davonflatterten, bevor ich mich darauf konzentrieren konnte.
    Ich greife nach der glänzenden Porzellanschüssel – wie alles bei den Hargroves ist sie schön –, obwohl Fred ohne weiteres auch selbst dran käme. Das ist Teil des Rituals. Bald bin ich seine Ehefrau und dann werden wir jeden Abend so dasitzen und einen sorgfältig einstudierten Tanz aufführen.
    Fred lächelt mich an. »Müde?«, fragt er. In den letzten paar Monaten haben wir viel Zeit miteinander verbracht; unser sonntägliches Abendessen ist nur eine von vielen Arten, auf die wir üben, unsere Leben miteinander zu verschmelzen.
    Ich habe ausgiebig seine Gesichtszüge studiert und versucht herauszufinden, ob er attraktiv ist, und schließlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er schön anzusehen ist. Er sieht nicht so gut aus wie ich, aber er ist elegant und ich mag seine dunklen Haare und die Art, wie sie ihm über die rechte Augenbraue fallen, wenn er keine Zeit hatte, sie zurückzugelen.
    »Sie sieht auf jeden Fall müde aus«, sagt Mrs Hargrove. Freds Mutter spricht oft über mich, als wäre ich gar nicht da. Ich nehme es nicht persönlich; das macht sie bei allen so. Freds Vater war über drei Amtszeiten lang Bürgermeister. Jetzt, wo Mr Hargrove tot ist, wurde Fred darauf vorbereitet, seinen Platz einzunehmen. Seit den Zwischenfällen im Januar hat Fred unermüdlich für seine Ernennung gekämpft, und das hat sich ausgezahlt. Erst vor einer Woche hat ihn ein spezieller Interimsausschuss zum neuen Bürgermeister berufen. Anfang nächster Woche wird er öffentlich in sein Amt eingeführt.
    Mrs Hargrove ist daran gewöhnt, die wichtigste Frau im Raum zu sein.
    »Mir geht es gut«, sage ich. Lena hat immer gesagt, dass ich mich sogar noch aus der Hölle rauslügen könnte.
    Ehrlich gesagt, geht es mir nicht gut.
    Ich mache mir Sorgen, weil ich dauernd an Jenny denken muss und daran, wie dünn sie war. Ich mache mir Sorgen, weil ich wieder an Lena gedacht habe.
    »Natürlich sind die Hochzeitsvorbereitungen sehr anstrengend«, sagt meine Mutter.
    Mein Vater grunzt. »Dabei stellst du gar nicht die Schecks aus.«
    Das bringt alle zum Lachen. Das Zimmer wird plötzlich von einem kurzen Lichtblitz erhellt: Ein Journalist, der direkt vor dem Fenster im Gebüsch steht, schießt ein Foto von uns. Er wird es dann an die örtlichen Zeitungen und Fernsehsender verkaufen.
    Mrs Hargrove hat dafür gesorgt, dass heute Abend Paparazzi hier sind. Sie gab den Fotografen auch den Tipp, wo Fred an Silvester ein Abendessen für uns organisiert hatte. Die Gelegenheiten für die Fotografen werden arrangiert und sorgfältig geplant, damit die Öffentlichkeit unsere aufkeimende Beziehung miterleben und sehen kann, wie glücklich wir sind, weil wir so perfekte Partner zugeteilt bekommen haben.
    Und ich bin auch wirklich glücklich mit Fred. Wir kommen sehr gut
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