Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe
Autoren: Angelika Schroeder
Vom Netzwerk:
die wilde Horde nicht lange allein lassen. Übrigens ist Besuch zu dir unterwegs.” Mit dieser Ankündigung entschwand sie und ließ eine sprach-und ratlose Kollegin zurück.
    Besuch? Wer konnte das sein? In Gedanken ging Helga die Vorkommnisse der letzten Tage durch. Davon gab es eine Menge, doch fand sie nichts, was Eltern oder Lehrer hätte beunruhigen können. Also kein Grund nervös zu werden, sagte sie sich und begann, die Bilder der Kinder, die an der Wand entlang auf dem Fußboden lagen, einzusammeln und aufzuhängen. „Rote Tulpen vor einem blauen Hintergrund” hatte die Aufgabe gelautet. Inzwischen waren die Wasserfarben getrocknet, und beim Sortieren fand sie einige Kunstwerke, die ihr ausnehmend gut gefielen. Während sie noch überlegte, ob sie auch die roten Blumen vor dem pinkfarbenen Hintergrund aufhängen sollte – wüsste sie es nicht besser, würde sie die Künstlerin für farbenblind und hörgeschädigt halten – klopfte es, und Frau Merklin stand in der Tür.
    „Hallo, Sie wollen sicher Veronika abholen. Es dauert noch einen Moment. Sie schreibt sich gerade die Hausaufgaben auf.”
    „Tag! Eigentlich wollte ich mit Ihnen reden.”
    „Nun, Veronika ist zwar ziemlich langsam, aber ansonsten gibt es keine Probleme mit ihr.”
    „Nein, darum geht es nicht. Sie haben es wahrscheinlich noch nicht gehört …”, die Merklin senkte ihre Stimme zu einem kaum verständlichen Flüstern, „ … aber man hat heute Morgen Benjamin Fränzke gefunden, im Westpark.”
    „Ist er …?” Die Lehrerin stockte entsetzt.
    Frau Merklin nickte.
    „Oh nein, nicht schon wieder.” Helga ließ sich schwer auf ihren Stuhl sinken. „Sind Sie sicher?” Sie runzelte die Stirn und schaute verwirrt zu Frau Merklin auf. „Entschuldigung, natürlich sind Sie sicher.”
    „Hören Sie, die Zeit ist jetzt etwas knapp, aber ich würde mich gern einmal in aller Ruhe mit Ihnen unterhalten.”
    „Worüber?”
    „Wir könnten zum Beispiel einen Elternabend einberufen und uns überlegen, ob wir einen Abholdienst für die Kinder organisieren.” Frau Merklin war hochgewachsen und stämmig und strahlte einen Tatendrang aus, der Helga beunruhigte. „Also, heute Nachmittag um drei im Café Tigges? Sie kommen doch, ja?” Sie starrte aus dunkelblauen, fast schwarzen Augen auf die Lehrerin hinunter. Inzwischen hatten alle Kinder bis auf Veronika die Klasse verlassen. Helga verspürte überhaupt keine Lust, am Nachmittag ins Café zu gehen, mochte die Bitte der Elternvorsitzenden aber auch nicht abschlagen.
    „Na schön, heute Nachmittag um drei.”
    „Gut! Ich verlass mich drauf, bis dann!” Mit diesen Worten schnappte sie ihre Tochter und verschwand.
    Erbittert, weil sie sich wieder einmal zu etwas hatte überreden lassen, was sie eigentlich gar nicht wollte, heftete die Lehrerin die restlichen Bilder an die Pinnwand.
    Anschließend machte sie sich auf den Weg zum Lehrmittelraum, um ein paar Folien mit Frühlingsblumen herauszusuchen. Die meisten Kinder kannten gerade noch Tulpen, wie sie heute Morgen wenig überrascht festgestellt hatte, Narzissen dagegen waren ihnen ebenso unbekannt wie Hyazinthen oder Schlüsselblumen. Kein Wunder, besaßen doch nur wenige Familien einen Garten. Die Stimme des Rektors, die durch den leeren Flur hallte, hielt sie auf.
    „Frau Renner! Hallo! Warten Sie! Würden Sie bitte in mein Zimmer kommen? Sie haben doch jetzt frei, und es dauert auch nicht lange.”
    „Sicher, worum geht’s denn?”
    Paul Raesfeld befand sich bereits jenseits der fünfzig und sehnte seine Pensionierung herbei. Von hagerer Statur und mit hängenden Schultern wirkte er manchmal wie der Ritter von der traurigen Gestalt. Die Haare hatten sich bis auf einen schmalen Kranz zurückgezogen, und sein linkes Auge zwinkerte unregelmäßig. Er war nervös. Kein Wunder, nach dem was er gerade erfahren hatte. Der gute Ruf seiner Schule bedeutete ihm alles. Dafür gab er sogar Elternwünschen nach, die das Kollegium nur unwillig akzeptierte. Missmutig dachte Helga an die Schulfeste, die neuerdings alle zwei Jahre stattfinden sollten und die zusätzlichen Elternsprechstunden. Ob durch diese Mehrarbeit das Bild der Schule in der Öffentlichkeit gewinnen würde, schien ihr fraglich. Und nun waren zwei seiner Schüler ermordet worden, und die Polizei ging ein und aus. Helga erschien es, als nehme er das Unglück, das seine Schule getroffen hatte, persönlich.
    Beim Betreten des Rektorzimmers erblickte sie wie erwartet den Beamten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher