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Reispudding mit Zimt (German Edition)

Reispudding mit Zimt (German Edition)

Titel: Reispudding mit Zimt (German Edition)
Autoren: Elisa Ellen
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unschuldig? Bin ich etwa nicht so eine tragische Figur wie Peter Grimes?
    „Wenn du das wirklich so siehst“, frage ich jedoch, „warum hast du mich gemieden? Warum hast du kein einziges Mal angerufen oder versucht, dich mit mir zu treffen?“
    Jetzt senkt Chris seinen Kopf und starrt auf den Boden.
    „Weil ich mich so unendlich für meinen Vater geschämt habe, Anna. Ich war mir sicher, dass du mit mir nichts mehr zu tun haben wolltest. Mein Vater hatte dir und Gregory so unendlich viel zu verdanken. Das Lokal war gerettet. Es schrieb wieder schwarze Zahlen. Ihr habt unermüdlich darum gekämpft. Und was macht der Trottel? Er fährt den Kahn wieder vor die Wand, einfach aus Trotz und verletzter Eitelkeit.“
    Ich kann nicht anders, ich streichle sanft seinen gebeugten Kopf. „Das war doch alles nicht so schlimm.“
    „Oh ja, das war es“, sagt Chris nun heftiger, „und zu guter Letzt setzt euch meine dumme Stiefmutter vor die Tür, ohne ein Wort der Dankbarkeit und ohne einen Penny des Lohns, den ihr euch hart verdient hattet.“
    Er sieht mich mit brennenden Augen an. „Kannst du nicht verstehen, dass ich dachte, du wolltest mit mir nichts mehr zu tun haben? Und dann war noch der Tag, als ich dich am Strand bei Freddy sah. Kaum hatte ich dich erblickt, da warst du davon gerannt. Da war mir klar, dass ich dich verloren hatte. Du ahnst gar nicht, wie verzweifelt mich das gemacht hat.“
    Wie anders ist alles gewesen, als ich es in meiner Verblendung gedeutet habe.
    Jetzt merke ich, wie eine leichte Heiterkeit in mir aufkommt.
    „Soll ich dir mal sagen, Chris, von welchem Zeitpunkt an ich mir hundertprozentig sicher war, dass du mit mir nichts mehr zu tun haben wolltest?“
    „Wann?“
    „Als du vorhin während der Oper meinen Blick trafst, dann aufsprangst und den Orchestergraben verließest.“
    Chris starrt mich ungläubig an. „Ist das dein Ernst?“
    „Ja“, sage ich und spüre, wie so etwas wie ein Knoten in mir reißt.
    Chris' Augen funkeln jetzt vergnügt. „Anna Mauritz, sag nicht, dass du noch nie etwas von Bühnenmusik gehört hast!“
    „Nein“, sage ich und breche in hysterisches Gekicher aus.
    Chris wirft seinen Kopf zurück und lacht. Dann sagt er: „Ich freue mich darauf, dich besser kennen zu lernen, Anna, wer weiß, was für Untiefen sich da noch auftun.“
    Da schaue ich ihm tief in die Augen und erwidere: „Mr. Grantley, dafür kennen Sie noch nicht meinen Reispudding.“
     
     
    Chris verzichtet auf die Premierenfeier. Stattdessen fährt er mit mir und Gregory zusammen zurück nach Aldeburgh. Wir setzen Gregory vor Gladys' und Lens Haus ab und fahren zu Claras Haus.
    Dort schließe ich die Tür auf und führe Chris hinein. Ich mache Licht und Chris sieht sich erstaunt um. Er riecht die frische Farbe und kann deutlich sehen, dass gerade erst renoviert worden ist.
    „Was ist denn hier geschehen?“
    Ich erzähle ihm von meiner Erbschaft, und dass Gregory und ich in Bälde ein neues Lokal eröffnen werden. Chris durchwandert das Haus und bewundert unsere Arbeit.
    „Das sieht ja fantastisch aus. Und das habt ihr beiden ganz alleine hingekriegt?“
    Ich nicke.
    Chris sagt: „Ich bin überzeugt, dass dieses Lokal kein Flopp wird. Bei eurer Tüchtigkeit muss es einfach gelingen.“
    Ich hole eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank, die ich schon für die Eröffnungsfeier kaltgestellt habe. Aus dem Schrank hole ich zwei Gläser. Dann öffne ich die Terrassentür und führe Chris hinaus. Ich zünde das Windlicht auf einem der kleinen Tische an und wir setzen uns nebeneinander mit dem Blick auf das dunkle Meer mit seinen funkelnden Reflexen.
    „Wie schön es glitzert“, flüstere ich.
    „Noch schöner glitzern deine bezaubernden Ohrringe“, sagt Chris, lehnt sich vor und küsste meine Wange.
    „Chris“, frage ich nach einer Weile, „Was wird jetzt mit deinem Vater, mit Liz und den Kindern?“
    „Mein Vater wird das 'Seaview' verkaufen. Damit erhofft er sich, etwas Kapital zu bekommen, denn, wie du weißt, sieht es da ziemlich düster aus.“
    „Und wo wird er mit seiner Familie wohnen?“
    „Sie ziehen in das Haus in Thorpness um. Am Golfplatz in dem kleinen Ferienort sucht man einen Betreiber für den Imbiss.“
    „Wie furchtbar. Was für ein Abstieg für deinen Vater.“
    Aber Chris sagt zwischen zusammengebissenen Zähnen: „Er ist selber schuld. Es hätte nicht dazu kommen müssen.“
    „Chris“, frage ich wieder, weil mir seine Antwort wirklich wichtig ist,
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