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Reisetagebuecher

Reisetagebuecher

Titel: Reisetagebuecher
Autoren: Franz Kafka
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Kursaal. Die sichtbaren Schweizer in Zürich schienen nicht Hoteliertalente zu sein, hier, wo sie es sind, verschwinden sie, vielleicht sind sogar die Hoteliers Franzosen. Die leere Ballonhalle gegenüber. Das Hineingleiten des Luftschiffs schwer vorstellbar.
    Roller-Rink. Berlinisches Aussehn. Obst. Das Dunkel der Strandpromenade bleibt am Abend abgegrenzt unter den Baumwipfeln. Herren mit Töchtern oder Dirnen. Schaukeln der bis zur untersten scharfen Kante sichtbaren Boote. Lächerliche Empfangsdame im Hotel, lachendes Mädchen führt immerfort weiter hinauf ins Zimmer, ernstes, rotwangiges Stubenmädchen. Kleines Treppenhaus. Versperrter eingemauerter Kasten im Zimmer. Froh, aus dem Zimmer heraus zu sein.

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    Hätte gern Obst genachtmahlt. Gotthard-Hotel, Mädchen in Schweizer Tracht. Aprikosen Compot Meilener Wein. Zwei ältere Frauen und ein Herr sprechen über das Altern; Entdeckung des Spielsaales in Luzern. 1 fr. Entree. 2 lange Tische. Wirkliche Sehenswürdigkeiten sind häßlich zu beschreiben, weil es förmlich vor Wartenden geschehen muß. An jedem Tisch ein Ausrufer in der Mitte mit 2 Wächtern nach beiden Seiten hin.

    Höchsteinsatz 5 f."Die Schweizer werden gebeten, den Fremden den Vortritt zu lassen, da das Spiel zur Unterhaltung der Gäste bestimmt ist. " Ein Tisch mit Kugel, einer mit Pferdchen. Croupiers in Kaiserrock. Messieurs faites votre jeu - marquez le jeu - les jeux sont faits - sont marques - rien ne va plus. Croupiers mit vernickelten Rechen an Holzstangen. Was sie damit können: Ziehn das Geld auf die richtigen Felder, sondern es, ziehn Geld an sich, fangen von ihnen auf die Gewinnfelder geworfenes Geld auf. Einfluß der verschiedenen Croupiers auf Gewinnchancen oder besser der Croupier, bei dem man gewinnt, gefällt einem. Aufregung vor dem gemeinsamen Entschluß zu spielen, man fühlt sich im Saal allein. Das Geld (10 fr) verschwindet auf einer sanft geneigten Ebene. Der Verlust von 10 fr. wird als eine zu schwache Verlockung zum Weiterspielen empfunden, aber doch als Verlockung. Wut über alles. Ausdehnung des Tages durch dieses Spiel.

    Montag 28 August (1911). Mann in hohen Stiefeln frühstückt an der Wand. Dampfer 2ter Klasse.
    Luzern am Morgen. Schlechteres Aussehn der Hotels. Ehepaar liest Briefe vom Hause mit Zeitungsausschnitten über Cholera in Italien. Die schönen Wohnsitze nur sichtbar von einer Seefahrt aus, man fährt auch auf ihrem Niveau. Wechselnde Gestalt der Berge. Vitznau Rigibahn.
    See durch Blätter gesehn, südlicher Eindruck. Überraschung durch die plötzliche Ebene des Zuger Sees. Bouquet mit Rigi, worauf wartet das? Heimatliche Wälder. Bahn 75 erbaut, nachschauen im alten über Land und Meer. Historischer engl. Boden, hier giengen sie noch karriert und mit Favoris.
    Fernrohr. Jungfrau weit, Rotunde des Mönches, schwankende heiße Luft bewegt das Bild.
    Hingelegte Handfläche des Titlis. Durchschnittener Brotlaib eines Schneefeldes. Von oben wie von unten falsche Beurteilung der Höhen. Unentschiedener Streit über die schräge oder ebene Lage des Bahnhofes von Arth-Goldau. Table d' hote. Schwarze Frau ernst, scharfer Mundanfang, schon unten neben dem Waggon gesehn, sitzt in der Halle. Englisches Mädchen bei der Abfahrt, jeder Zahn rings herum gleich. Kleine Französin steigt in das Nebencoupee, erklärt mit ausgestrecktem Arm unser volles Coupee für nicht "komplet" und treibt ihren Vater zum Einsteigen und ihre unschuldig und dirnenhaft aussehende ältere kleine Schwester, die mich mit ihren Elbogen an der Hüfte kitzelt. Mehr mit den Zähnen gesprochenes Englisch der alten Dame rechts von Max, für das man den Namen einer Grafschaft sucht. Fahrt Vitznau-Fluelen. Gersau, Beckenried, Brunnen (lauter Hotels) Schillerstein, Tellplatte, ausgelassenes Rütli, 2 Loggien in der Axenstraße (Max dachte sich hier mehrere, weil man auf Photographien immer diese 2 sieht) Urner Becken, Fluelen.
    Hotel Sternen.

    Dienstag 29. August (1911)

    Dieses schöne Zimmer mit Balkon. Die Freundlichkeit. Zu sehr eingesperrt von Bergen. Ein Mann und 2 Mädchen, in Wettermänteln, hintereinander, gehn am Abend durch die Halle mit Bergstöcken, als sie schon alle auf der Treppe sind, werden sie durch eine Frage des Zimmermädchens aufgehalten. Sie danken, sie wissen schon Bescheid. Auf eine weitere Frage über ihre Bergpartie: Es war aber auch nicht so leicht, das kann ich Ihnen sagen. In der Halle schienen sie mir aus Miss Dudelsack, auf der Treppe Max aus Ibsen, mir dann
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