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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien
Autoren: Philippe Djian
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wieder. Nicht einmal sein eigenes Bild.
    Als ich mich umwende, reicht mir meine Mutter den Hörer und sagt: »Er will dich sprechen.«
    Ich fahre nach Hause. Utte ist startbereit.
    Sie droht mir, daß ich es noch bedauern werde, wenn ich ihr das antue. Ich versuche ihr den Arm um die Hüften zu legen, aber sie weicht mit einem Satz zurück. Ich setze mich und bitte sie, sich zu beruhigen. Sie kna ll t wütend die Tür zu und geht aus dem Haus.
    Ich steige wieder ins Auto und fahre unter ei nem weißlichen Himmel erneut in Richtung Vor stadt. Warum bin ich nicht bei den anderen und amüsiere mich? Warum bin ich nicht bei Utte ge blieben, ich hätte doch alles hinschmeißen kön nen? Was habe ich davon? Nur Ärger, auf die eine oder andere Weise. Nur Ärger, das steht fest. Aber wie soll ich dem entgehen? Wie bringt man es fertig, in seinem eigenen Interesse zu handeln, wenn der Horizont noch so ver- schwommen ist und in so weiter Ferne liegt? Das würde ich gern wissen.
    Diesmal ist er tadellos gekleidet, das Wohnzimmer aufgeräumt, die Vorhänge aufgezogen.
    »Da gibt es was, zwischen deiner Mutter und mir«, sagt er zu mir. »Das hast du sicher schon gemerkt. Darüber müssen wir reden. Ich habe dich gebeten herzukommen, damit wir mal von Mann zu Mann darüber sprechen können. Denn deine Mutter und ich haben etwas miteinander. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich wußte nichts davon. Sie hat mir nichts erzählt.«
    »Na gut, dann erzähle ich es dir eben. Setz dich. Steh nicht so da rum.«
    »Ich bleibe lieber stehen. Ich habe nicht viel Zeit.«
    Er bittet mich, ich solle Platz nehmen, in aller Ruhe, das Thema ohne vorgefaßte Meinung ange hen, ihn Roger nennen und ihn duzen. Trotz mei ner Weigerung schenkt er mir ein Glas ein.
    »Du scheinst aus allen Wolken zu fallen«, sagt er zu mir. »Aber vielleicht tust du das ja absichtlich, wer weiß. Du siehst aus wie ein ganz intelligentes Kerlchen.«
    Er wartet auf eine Reaktion, aber ich bleibe stumm wie ein Fisch, reglos wie ein Stein. Die Frauen beklagen sich manchmal darüber.
    »Hör zu. Deine Mutter und ich möchten uns gern öfter sehen. Zum Beispiel übers Wochenende wegfahren, ins Restaurant gehen oder den Abend gemeinsam verbringen und solche Dinge. Das brauche ich dir ja wohl nicht näher zu erklären... Also, was hältst du davon? Ist das für dich ein Problem?«
    »Warum? Sollte es eins sein?«
    Er zögert eine Weile. Ich beginne ihn zu nerven. Aber da ich der Sohn der Frau bin, die ihn interessiert, habe ich Anrecht auf eine gewisse Nachsicht, auf ein bißchen Respekt seitens dieses jämmerli chen Idioten. Er seufzt: »Ich habe den Eindruck, daß ich deine Zustimmung brauche, so seltsam sich das auch anhören mag. Ich habe den Eindruck, daß ich deine Einwilligung brauche, oder irre ich mich da?«
    Ich glaube, daß er sich irrt, aber ich bin schließlich nicht der liebe Gott. Ich lasse ihn im ungewissen. Ich frage mich, was meine Mutter an ihm fin det - wenn sie überhaupt etwas an ihm findet und Roger sich nicht etwas vormacht. Nicht daß meine Mutter auf ein Sexualleben verzichten würde, wie die meisten Witwen in ihrem Alter, aber weiter geht es nicht. Vögeln ist eine Sache, aber die Nacht in den Armen eines Mannes zu verbringen ist et was völlig anderes. Ganz zu schweigen davon, gemeinsam übers Wochenende wegzufahren.
    »Hörst du, was ich sage? Ich glaube, sie hat Angst vor deiner Reaktion. Sie meint, daß du das mögli cherweise ungern siehst. Daß dir das nicht paßt. Aber ich wüßte nicht, warum dir das nicht passen sollte. Schließlich tun wir nichts Verbotenes.«
    Ich will ihm gerade mein Glas an den Kopf schleudern, als ein Mädchen in den Raum kommt. Und das haut mich fast um.
    In der Woche darauf wirft sich meine Mutter in Schale. Sie tr ägt ein enganliegendes schwarzes Kleid, eine Kette mit unechten Perlen und einen Büsten halter, der ihr pralle Formen verleiht. Ich verstehe sie nich t.
    An ihrem Arbeitsplatz gibt es zwei Frauen in ihrem Alter, die sie liebend gern einladen würden, ich bin sicher, daß ihr das guttun würde und sie dann mit weniger beknackten Männern zusammenkäme.
    »Diese Art von Typen kann ich nicht ausste hen«, erklärt sie.
    »Wie bitte? Was für Typen meinst du denn?«
    »Das weißt du doch genau. Sie haben eine Un zahl von Kindern am Hals, basteln an ihrer Woh nung, haben ständig irgendwelche Pläne und klei den sich bei H & M ein. Diese Art von Männern.«
    Ende der Diskussion. Eines Tages habe ich sie mit
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