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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel
Autoren: Brigitte Melzer
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Funken in meine Handfläche und durchfuhren mich mit solcher Wucht, dass ich ins Wanken geriet. Bildfragmente blitzten vor meinen Augen auf, zeigten mir die Höhle, wie sie sich im Laufe der Jahrtausende unter der Kraft der Elemente verändert, sich der Stein verschoben und verworfen hatte und so aus glattem Fels im Strom der Zeit eine zerklüftete Felslandschaft geworden war. Das alles vor den Augen der Nephilim. Sie hatten es gesehen …
    Als mir die Tragweite dieser Erkenntnis bewusst wurde, taumelte ich zurück. Diese Wesen mochten zu Stein erstarrt sein, doch sie konnten noch immer sehen und fühlen. Sie spürten den Fluss der Zeit und litten Hunger und Durst, ohne jemals sterben zu können. Seit Tausenden von Jahren durchlebten sie unendliche Qualen.
    Diese angebliche Prophezeiung besagte, dass einNephilim seine Urahnen aus dem Stein befreien würde. Hatte Kyriel nicht gesagt, dass jemand da oben zu glauben schien, dass die Nephilim sich gegen die himmlischen Heerscharen stellen würden? Glauben! Nicht wissen. Es war das, was Michael in die Worte hineininterpretierte. Aber wer konnte mit Sicherheit sagen, dass es tatsächlich passieren würde?
    Ich musste dem Wesen vor mir nur ins Gesicht sehen, schon überflutete mich eine erneute Welle von Mitleid. Diese Kreaturen hatten lange genug gelitten. Es war an der Zeit, dass sie erfuhren, was Gnade bedeutete.
    Ich streckte den Arm aus und presste meine Handfläche auf die steinerne Wange. Sie fühlte sich genauso an wie vorhin, als der Morgenstern mich gezwungen hatte, den Stein zu berühren – kühl und leblos. Trotzdem zog ich meine Hand nicht zurück. Ich wusste nicht, was von mir erwartet wurde, ob es wirklich genügte, es zu wollen, oder ob ich etwas sagen musste. Mir gingen einige schwülstige Sätze durch den Kopf, die damit zu tun hatten, dass die Kreaturen aus ihrem Leid erlöst werden und Vergebung erfahren sollten, ich fand sie jedoch derart peinlich, dass sie mir nicht über die Lippen kommen wollten.
    Während ich noch darüber nachdachte, was ich tun sollte, veränderte sich etwas. Zunächst bemerkte ich es nicht, hielt es für meinen eigenen Herzschlag, der in meinen Fingerspitzen vibrierte. Doch es war der Fels, der unter meiner Berührung zu pulsieren begann. Die Oberfläche war wärmer geworden und knirschte leise. Der Stein schien zu atmen. Risse zeigten sich in der Oberfläche, breiteten sich aus und verästelten sich immer mehr. Ich zog meine Hand zurück und wich nach hinten. Erste Stücke brachen aus der rissigen Oberfläche und rieselten zu Boden, gefolgt von immer größeren Brocken, die von den Nephilim abfielen wie eine Schicht uralten getrockneten Lehms. Darunter begannensich die Riesen zu regen, richteten sich auf und reckten ihre seit Jahrtausenden erstarrten Glieder. Die Gefühle, die sie aussandten, waren jetzt stärker.
    Ich empfing Verwirrung, begleitet von Erstaunen.
    Immer weiter lösten sich die ungeschlachten Gestalten aus dem Stein und offenbarten mehr und mehr ihre Gestalt. Gekleidet in schmutzige Fetzen, deren Stoff, ebenso wie Haar und Haut, von einer Schicht uralten Steinstaubs überzogen war.
    Stein knirschte unter ihren Sohlen, als sie sich bewegten. Sie wandten sich mir zu, sammelten sich in einem Halbkreis um den Felsen, auf dem ich stand, ihre Gesichter auf meiner Höhe. Langsam neigten sie ihre Häupter, als zollten sie mir auf diese Weise ihren Respekt.
    Plötzlich wurde mir bewusst, wie still es geworden war. Ich sah über die Schultern der Riesen hinweg in die Höhle. Die Kämpfe hatten aufgehört. Engel und Gefallene standen an Ort und Stelle, die Waffen noch immer in den Händen haltend, und starrten auf die befreiten Riesen. Der Ausdruck auf ihren Gesichtern hätte unterschiedlicher nicht sein können. Während sich auf den Gesichtern der Krieger des Morgensterns ein Anflug von Siegessicherheit ausbreitete, waren die Mienen von Japhaels Leuten erstarrt. Akashiel hatte sein Schwert sinken lassen. Ich sah die Anspannung in seinen breiten Schultern, als sei er bereit, jederzeit loszuspringen. Sein Blick schoss an den Riesen vorbei zu mir. Ich versuchte ihn zu beruhigen und ihm zu signalisieren, dass es keinen Grund zur Sorge gab, doch die Wachsamkeit wich nicht aus seinen Zügen.
    Kyriel, der noch immer hinter ihm stand, grinste.
    »O Herr, beschütze uns!«, rief einer der Engel.
    Die Köpfe der Nephilim ruckten herum, suchten nach dem Ursprung der Worte und fanden ihn in einem miteinem Speer bewaffneten Krieger,
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