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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht
Autoren: Asa Larsson
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einem Drahtrost. Den hat sie als großes Sieb benutzt. Hat Erde auf den Rost geschaufelt und ihn geschüttelt, damit die saubere Erde durchfiel. Da hätte man doch ein paar Mandanten hinschaffen und ihnen eine unserer jungen aufstrebenden Juristinnen zeigen sollen.«
    Måns starrte Torsten Karlsson an. Vor sich sah er Rebecka mit rosigen Wangen und zerzausten Haaren, wie sie auf einem Erdhügel wild einen Drahtrost schüttelte. Darunter Torsten, zusammen mit Mandanten mit großen Augen und dunklen Anzügen.
    Sie prusteten gleichzeitig los und konnten sich fast nicht wieder beruhigen. Torsten wischte sich mit dem Handrücken die Augenwinkel.
    »Aber jetzt hat sie sich beruhigt«, sagte er. »Sie ist nicht mehr so…ich weiß nicht…Bei meinem letzten Besuch saß sie mit einem Buch und einer Tasse Kaffee auf der Treppe.«
    »Was war das für ein Buch?«, fragte Måns.
    Torsten Karlsson bedachte ihn mit einem seltsamen Blick.
    »Hab ich sie nicht gefragt«, sagte er. »Sprich doch selbst mit ihr.«
    Måns leerte sein Rotweinglas.
    »Ich werde ihr guten Tag sagen«, sagte er. »Aber du weißt ja. Mit Leuten reden liegt mir nicht. Und mit Frauen schon gar nicht.«
    Er versuchte zu lachen, aber jetzt verzog Torsten nicht einmal den Mund.
    »Du musst sie fragen, wie es ihr geht.«
    Måns schnaubte.
    »Ja, ja, ich weiß.«
    Ich bin besser bei Kurzzeitbeziehungen, dachte er. Mandanten. Taxifahrer. Kassiererinnen im Supermarkt. Aber nicht bei alten Konflikten und Enttäuschungen, die sich ineinander verfilzen wie Seegras unter der Meeresoberfläche.
    Spätsommernachmittag auf Lidö. Rote Abendsonne legt sich wie eine goldene Schale über die sanften Felsen. Eine Fähre stiehlt sich in der Fahrrinne vorbei. Die Schilfhalme unten am Ufer stecken die Köpfe zusammen und wispern und tuscheln miteinander. Das Plaudern und Lachen der Gäste wird über das Wasser getragen.
    Das Essen ist so weit fortgeschritten, dass jetzt die Zigarettenpäckchen auf dem Tisch liegen. Es ist angenehm, sich vor dem Nachtisch die Beine zu vertreten, deshalb sind die Tische spärlicher besetzt. Pullover und Jacken, die um Taillen und über Schultern gehangen haben, werden jetzt über abendfröstelnde Arme gezogen. Manche haben einen dritten oder vierten Gang zum Büfett unternommen und plaudern mit den Köchen, die die zischenden Spieße über den Glutbetten drehen. Manche Gäste sind schon reichlich betrunken. Müssen sich am Geländer festhalten, wenn sie die Treppe zu den Toiletten hochgehen. Gestikulieren und lassen Zigarettenasche auf ihre Kleidung fallen. Einer will einer Kellnerin unbedingt beim Servieren des Nachtisches helfen. Er befreit sie energisch und kavaliersmäßig von einem großen Tablett mit Törtchen mit Vanillecreme und glasierten roten Johannisbeeren. Die Törtchen rutschen besorgniserregend an den Tablettrand. Die Kellnerin lächelt verkrampft und wechselt einen Blick mit den Köchen am Grill. Einer lässt alles fallen und rennt in die Küche, um die übrigen Tabletts zu holen.
    Rebecka und Maria saßen unten bei den Felsen. Die Steine gaben die Wärme ab, die sie während des Tages gespeichert hatten. Maria kratzte an einem Mückenstich an ihrem Handgelenk herum.
    »Torsten fährt nächste Woche nach Kiruna«, sagte sie. »Hat er das erzählt?«
    »Nein.«
    »Wegen dieser Zusammenarbeit mit der Janssongruppe Revision AB . Jetzt, wo in Schweden die Trennung von Kirche und Staat durchgeführt worden ist, ist die Kirche ja eine interessante Mandantengruppe. Es geht darum, den Kirchengemeinden überall im Land ein juristisches Paket mit Beratung und Buchführung zu verkaufen. Hilfe bei allem anzubieten, so in der Art von ›wie werde ich meine Fibromyalgie los‹, ›wie schließen wir finanziell vorteilhafte Verträge mit Unternehmern‹, der ganze Kram. Ich weiß nicht, aber ich glaube, es gibt so einen langfristigen Plan, eine Zusammenarbeit mit Maklern in die Wege zu leiten und die ganze Kapitalverwaltung an sich zu ziehen. Jedenfalls soll Torsten hinfahren und uns an die Kirche in Kiruna verkaufen.«
    »Ja?«
    »Du kannst ihn doch begleiten. Du kennst ihn ja. Er hätte bestimmt gern Gesellschaft.«
    »Ich kann nicht nach Kiruna fahren«, rief Rebecka.
    »Ich weiß, dass du das glaubst. Aber ich wüsste gern, wieso.«
    »Ich weiß nicht, ich…«
    »Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Ich meine, falls dir jemand begegnet, der weiß, wer du bist? Und das Haus deiner Großmutter, danach hast du doch Heimweh,
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