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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht
Autoren: Asa Larsson
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überlebt.«
    Der Fahrer lachte und jagte los, dass die Gischt nur so aufspritzte. Eine schwarze Katze sprang lautlos vom Steg und verschwand im hohen Gras.
    Rebecka ging los. Die Insel sah nach dem Sommer müde aus. Zertrampelt, ausgetrocknet und erschöpft.
    Hier sind sie gewandert, dachte sie. Alle kinderreichen Familien mit Picknickdecken, alle beschwipsten eleganten Bootsmenschen.
    Das Gras war brüchig und gelb. Die Bäume wirkten staubig und durstig. Sie konnte sich vorstellen, wie es im Wald aussah. Unter Blaubeersträuchern und Farnwedeln lagen massenhaft Flaschen, Dosen, benutzte Kondome und menschliche Fäkalien.
    Der Weg hinauf zum Hotel war hart wie Beton. Wie der geborstene Rücken einer Urzeitechse. Sie selbst war ebenfalls eine Echse. Frisch gelandet mit ihrem eigenen Raumschiff. Gewandet in ein Menschenkostüm, war sie unterwegs zu ihrer Feuertaufe. Und sollte menschliches Verhalten imitieren. Sich die Umstehenden ansehen und sich ungefähr genauso benehmen. Hoffen, dass ihre Verkleidung nicht am Hals auseinander fiel.
    Jetzt hatte sie die Rasenfläche fast erreicht.
    Na los, sagte sie sich. Du schaffst das.
    Nachdem sie diese Männer in Kiruna getötet hatte, hatte sie ihre Arbeit in der Kanzlei Meijer & Ditzinger ganz normal wieder aufgenommen. Alles ging gut – hatte sie gedacht. Aber in Wirklichkeit war es die Hölle gewesen. Sie hatte nicht an Blut und Leichen gedacht. Wenn sie sich jetzt an die Zeit vor ihrer Krankschreibung zurückerinnerte, konnte sie nicht einmal sagen, ob sie überhaupt gedacht hatte. Sie hatte geglaubt zu arbeiten. Aber am Ende hatte sie nur noch Papiere von einem Stapel auf den anderen gelegt. Natürlich hatte sie schlecht geschlafen. Und war irgendwie abwesend gewesen. Sie hatte manchmal ewig gebraucht, um sich morgens zurechtzumachen und zur Arbeit zu fahren. Die Katastrophe hatte sie von hinten eingeholt. Sie bemerkte sie erst, als sie schon über sie hereingebrochen war. Es war eigentlich ein einfacher Fall gewesen. Der Mandant hatte die Kündigungsfrist eines Mietvertrages in Frage gestellt. Und Rebecka hatte eine absolut unmögliche Antwort gegeben. Trotz des Ordners mit allen Verträgen vor der Nase, aber sie hatte nicht erfasst, was dort stand. Der Mandant, ein französischer Postversand, hatte die Kanzlei auf Schadensersatz verklagt.
    Sie wusste noch, wie Måns Wenngren, ihr Chef, sie angesehen hatte. Blutrot im Gesicht, hinter seinem Schreibtisch. Sie hatte kündigen wollen, aber damit war er nicht einverstanden gewesen.
    »Das würde einen ungeheuer schlechten Eindruck von unserer Kanzlei erwecken«, hatte er gesagt. »Alle würden glauben, wir hätten dir die Kündigung nahe gelegt. Dass wir eine Mitarbeiterin im Stich lassen, weil sie psychi…weil es ihr nicht gut geht.«
    An diesem Nachmittag war sie aus der Kanzlei gewankt. Und als sie im Herbstdunkel auf der Birger Jarlsgata stand, im Licht der vorüberjagenden Luxuskarossen und der geschmackvoll eingerichteten Schaufenster und der Gaststätten unten am Stureplan, war sie von dem starken Gefühl überwältigt worden, dass sie nie wieder zu Meijer & Ditzinger zurückkehren könnte. Sie hatte das Gefühl gehabt, sich so weit wie überhaupt nur möglich von der Kanzlei entfernen zu wollen. Aber so war es nicht gekommen.
    Sie wurde krankgeschrieben. Zuerst immer für eine Woche. Danach monatsweise. Der Arzt hatte ihr geraten zu tun, worauf sie Lust hatte. Wenn es bei ihrer Arbeit etwas gab, das ihr zusagte, dann sollte sie sich damit beschäftigen.
    Die Kanzlei hatte nach der Mordserie in Kiruna sehr viele neue Aufträge bekommen. Rebeckas Name und Bild waren den Zeitungen zwar vorenthalten worden, aber die Kanzlei war dort immer wieder genannt worden. Und das hatte Früchte getragen. Interessenten erkundigten sich bei der Kanzlei und wollten von »der Frau, die da oben in Kiruna war«, vertreten werden. Sie erhielten die Standardantwort, dass man ihnen einen erfahreneren Strafrechtsexperten anbieten, diese Frau aber als Assistentin dabei sein könne. Auf diese Weise hatten sie bei den großen Prozessen, denen das Interesse der Medien galt, einen Fuß in der Tür. In dieser Zeit gab es zwei Gruppenvergewaltigungen, einen Raubmord und eine Bestechungsaffäre.
    Die Teilhaber schlugen vor, dass sie auch während ihrer Krankschreibung bei den Verhandlungen anwesend sein solle. Es handele sich ja nicht um viele Termine. Und es sei nur gut für sie, den Kontakt zur Arbeit nicht zu verlieren. Sie brauche sich auch
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