Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reagans Satellit

Reagans Satellit

Titel: Reagans Satellit
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
täglichen Verrichtungen ihres Lebens nach. Selbst wenn sie von ihnen gewußt hätten, sie würden sich nicht sonderlich um die Leute auf der anderen Seite der Wand geschert haben.
    Es kostete Regan erhebliche Mühe, einige Mitglieder der Gruppe aus der Ansammlung zu lösen, um ihnen andere Pavillons zu zeigen.
    »Das hier sind die Gladiatoren«, sagte Regan. Zwei muskelbepackte junge Männer verbeugten sich. »Wir werden ihnen später zusehen.«
    »Werden sie auf Leben und Tod kämpfen?« wollte Vorsitzender Ch'ien wissen.
    Regan schüttelte den Kopf. »Das nicht. Solche Sitten hat die Menschheit überwunden, Vorsitzender Ch'ien.
    Sie werden sich ganz einfach ein bißchen durch die Gegend jagen. Mit Netz und Dreizack und dergleichen.«
    Regan erwähnte nicht, daß man Kämpfe auf Leben und Tod völlig ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, als die Weltausstellung noch eine unsichere Angelegenheit war. Man hatte nahezu alles erwogen, das mit einiger Wahrscheinlichkeit hätte Besucher anziehen können. Immerhin lag der Satellit außerhalb der Gesetzgebung jeder irdischen Regierung. Spielkasinos, Gladiatoren, Stierkämpfe, Trampolintänzer – Regan hatte alles berücksichtigt, aber es hatte sich erübrigt, für solche Dinge zu werben. Die Marsianer hatten alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt. Natürlich, so wußte Regan, fiel es mit einem ausverkauften Haus wesentlich leichter, sich tugendhaft zu benehmen.
    Es ließ sich nicht übersehen, daß die Ehrengäste, während er sie von einem Pavillon zum nächsten führte, höchst beeindruckt waren. Sogar Regan selbst war beeindruckt. Die Pavillons wirkten prachtvoll. Jede Etage des Satelliteninnern war vollgefüllt mit den Werken menschlicher Kunstfertigkeit – einstöckige Gebäude von wunderschöner Architektur, klein und dennoch elegant, enthielten die Wunder von Wissenschaft, Technologie und die Wunder der Natur. Hier und dort gab es ein Fenster mit Blick in den Weltraum.
    Heute war alles umsonst. Die heutigen Besucher waren keine gewöhnlichen Kunden, die bezahlen mußten. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen durfte heute einen Blick auf die Sterne werfen, ohne das Entgelt zu entrichten. In der nächsten Woche würde das allerdings nicht mehr möglich sein.
    Es erwies sich als unmöglich, die Gruppe beieinanderzuhalten. Die Gäste verteilten sich durch den gesamten Satelliten – in die Zentralhalle, die auch Halle der Planeten hieß, weil dort Modelle der Planeten in maßstabgerechten Kreisbahnen hingen; in die Hauptstraße mit ihren Läden und Geschäften; in die Drei-D-Sensualshows, gespendet von den Studios aus Hollywood; zu den kommerziellen Ausstellungen und den Pavillons der Länder; zum Springbrunnen; zu den Fenstern, die einen Blick auf das Universum gestatteten.
    Und natürlich zu den Marsianern.
    Der marsianische Pavillon wurde ständig belagert. Ein Teil der Gäste interessierte sich kaum noch für den Rest der Weltausstellung. Sie blieben wie angewurzelt vor der Transparentwand stehen und starrten mit offenen Mündern die zwergenhaften Geschöpfe vom Roten Planeten an.
    Ständig schüttelten Besucher Regans Hand und gratulierten ihm. Sogar Nola, die monatelang kaum ein Wort mit ihm gesprochen hatte, deren Anwesenheit bei den Eröffnungsfeierlichkeiten aus Gründen der Public Relations jedoch unvermeidlich gewesen war, schaffte es, ihn anzulächeln. »Es ist wirklich großartig, Claude.«
    Regan war über die Aufrichtigkeit ihres begeisterten Lobes überrascht. Aber er hatte seinerseits eine kleine Überraschung für Nola vorgesehen.
     
    *
     
    Freitag, 13. Oktober.
    Die Weltausstellung war seit vierundzwanzig Stunden im Gange, und die Besucher strömten hindurch, jene wenigen Glücklichen, die zur Stelle gewesen waren, als die ersten Tickets angeboten wurden. Die Kassen klingelten. Es hatte sich als erforderlich erwiesen, die Besichtigung des marsianischen Pavillons einer Zeitbeschränkung zu unterwerfen; jede halbe Stunde wurde der Vorplatz geräumt, und wer die kleinen Geschöpfe noch einmal zu sehen wünschte, mußte ein zweites Mal bezahlen. Die Weltausstellung war ein Erfolg, und Claude Regan hielt diesen Tag für seinen Glückstag. Es war Freitag, der dreizehnte, gewiß, aber dagegen konnte man nichts tun; der neue Kalender lieferte in jedem Jahr vier davon. Er befand sich nun seit achtundzwanzig Stunden auf den Beinen, aber die Müdigkeit hatte ihn noch nicht überwunden. Er mußte noch eine Stunde lang durchhalten. Im Auditorium des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher