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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition)
Autoren: Elmore Leonard
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Flinte genommen und die Patronen in der Luft verballert?«
    »Ich sage nichts zum Thema Carol.«
    »Aber du warst es doch«, meinte Raylan, »der es nach Notwehr aussehen hat lassen.«
    »Raylan, ich schwöre auf die heilige Bibel, dass ich den Mann nicht erschossen habe.«
    »Aber außer dir und Carol war niemand da, richtig?«
    »Du darfst gerne deine Schlussfolgerungen ziehen, ich sage nur, ich habe ihn nicht erschossen.«
    »Aber ich kann sie schlecht wegen Otis verhaften«, sagte Raylan, »ohne ihr irgendetwas nachweisen zu können.«
    »Ich arbeite nicht mehr für sie«, sagte Boyd, »mehr kann ich dir nicht sagen. Ich muss jetzt losfahren, sie abholen.«
    Raylan ließ ihn gehen. Weit würde er nicht kommen.
    Carol kam mit zwei braunen Briefumschlägen unter dem Arm aus der Firmenzentrale und stieg diesmal vorne bei Boyd ein.
    »Und, was hast du gemacht, warst du in der Kneipe?«
    Ohne groß drum herumzureden, antwortete Boyd: »Um ehrlich zu sein, habe ich noch mal bei meinem alten Kumpel vorbeigeschaut.«
    Während er den Blick auf den Seitenspiegel richtete und darauf wartete, überholt zu werden, spürte er, wie sie ihn anstarrte.
    Sie sagte: »Sag mir, warum.«
    »Ich wollte ihm gegenüber etwas klarstellen.«
    Sie fasste nach dem Schlüssel und würgte den Motor ab.
    »Du weißt, ich bin Anwältin.«
    »Ja, und ...?«, sagte Boyd und spürte, dass er den Vorteil auf seiner Seite hatte.
    »Wie oft habe ich dir gesagt«, sagte Carol, »dass du unmöglich verurteilt werden kannst. Gegen dich wird nicht mal ein Verfahren eröffnet, selbst dann nicht, wenn ich zugebe, dass du ihn ermordet hast. Ich bin an der Tat beteiligt, es war schließlich meine Waffe – beziehungsweise die der Firma. Ich könnte sogar sagen, dass ich versucht habe, dich aufzuhalten – es würde nichts ändern.«
    Fast hätte Boyd ihr, so laut er konnte, ins Gesicht geschrien: ›Ich habe ihn nicht erschossen, das waren Sie!‹
    Stattdessen räusperte er sich und sagte mit normaler Stimme: »Raylan weiß, dass ich den Mann nicht erschossen habe. Er kennt mich noch von damals, als wir zwei Kohlekumpel waren, die gemeinsam streikten und hofften, eine höhere Macht auf unserer Seite zu haben, und nicht auf der des Konzerns.«
    Carol sagte: »Du hast ihm gesagt, dass du Otis nicht erschossen hast?«
    »Das ist korrekt, denn ich war’s ja nicht.«
    Sie sagte: »Boyd ...«
    »Sie sagen meinen Namen nur, wenn Sie kurz davor sind, mich anzuschreien.«
    Sie sagte: »Bin ich dir gegenüber jemals laut geworden?«
    »Ich vermute mal, Sie feuern mich jetzt sowieso.«
    »Hast du ihm denn auch gesagt«, fragte Carol, »dass ich Otis erschossen habe?«
    »Ich habe ihm nur gesagt, dass ich’s nicht war.«
    »Und du denkst, er glaubt dir.«
    »Ja.«
    »Mir scheint«, sagte Carol, »als ob alles beim Alten ist. Selbst wenn du ihm gesagt hättest, dass ich Otis erschossen habe. Er müsste immer noch beweisen, dass es keine Notwehr war.«
    Boyd sagte: »Sagen Sie mir, wer’s war, ja? Nur, damit ich Bescheid weiß.«
    »Es macht doch sowieso keinen Unterschied. Du warst da, und du bist nicht eingeschritten. Ich habe gesagt, schieß das Gewehr leer, und du hast willentlich Beihilfe geleistet. Aber ob du dein großes Maul hältst oder nicht«, sagte Carol, »nachdem du jetzt plötzlich zu Gott gefunden hast, willst du wahrscheinlich so oder so, dass ich mich stelle, damit du nicht zum Verräter werden musst. Habe ich recht?«
    »Wie man so schön sagt: Que sera sera«, sagte Boyd.
    »Mein Gott«, sagte Carol. »Du bist viel zu dumm, um eine Bedrohung für mich zu sein.«
    Er drehte den Zündschlüssel und wollte gerade mit aufeinandergebissenen Zähnen losfahren, als sie ihm ins Steuer griff.
    »Steig aus, ich rutsch rüber. Nimm dir ein Taxi zum Pflegeheim St. Elizabeth, die Adresse steht auf den Couverts.« Sie drückte ihm die Umschläge in die Hand. »Marion soll überall da unterschreiben, wo ein Kreuzchen ist, und sag ihr, dass ich morgen vorbeikomme.«
    »Weswegen?«
    »Um mich dafür zu bedanken, dass sie so entgegenkommend ist. Gott, das Telefonat mit ihr hat extreme Willensanstrengung gekostet. Sag der alten Dame, sie kriegt jeden Monat ihrefünf Scheinchen und fertig.« Ihr Tonfall war fast weich, als sie noch hinzufügte: »Und Boyd, überlass mir das Denken, okay?«
    Der Taxifahrer sagte: »Gehen Sie hier besuchen Ihre Papa oder Ihre Mama?«
    Boyd, mit den Umschlägen im Schoß – der mit den Fahrzeugpapieren für den Trailer war bei Weitem
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